Pastetenlust
noch gemütlich zusammen. Was
haltet ihr davon?“ Mit dieser rhetorischen Floskel ließ sie immer alle ihre
bereits getroffenen Entscheidungen vom Rest der Familie absegnen.
Palinskis Frust stieg
weiter. Er fixierte einen etwa zehn Meter entfernt an der Wand stehenden
Abfalleimer und überlegte sich, die Blumen einfach darin zu versenken.
Möglicherweise sollte er den Ring gleich nachschmeißen.
„Nur keine unüberlegten Handlungen“, versuchte der
vernünftige Teil in ihm zu beruhigen, Vorläufig noch mit Erfolg. Ehe er es sich
möglicherweise doch noch überlegte, übereichte Palinski Wilma die roten Rosen.
„Sind die für mich?“, heuchelte sie freudiges Erstaunen. Na
net, dachte er, die habe ich für die Klofrau in der Opernpassage gekauft. Er
nickte ergeben und Mrs. Mortensen, die unbedingt Bess genannt werden wollte,
also Bess überschlug sich fast vor Begeisterung. „Oh, isn’t it cute, Donald?“,
meinte sie zu ihrem Mann.
„Danke, Mario, das ist lieb von dir, ganz lieb.“ Gönnerhaft
drückte sie ihm einen Schmatz auf die Wange, die Schlange. „Kannst du die
Blumen jetzt wieder nehmen. Ich habe ohnehin genug zu tragen. Was soll übrigens
der Hund hier?“ Ihre Stimme hatte einen leicht inquisitorischen Ton angenommen.
„Hat Harry sich breitschlagen lassen, übers Wochenende darauf aufzupassen?“
„Das ist Maximilian und der gehört mir“, Palinskis Antwort
klang trotziger als beabsichtigt.
„Na, solange er mir nicht in die Wohnung kommt“ hakte Wilma
auch dieses Thema ab. Dann hängte sie sich bei den Mortensens ein und
dirigierte sie, gefolgt von den Kindern und Maximilian, zum Ausgang.
Den Abschluss der kleinen Karawane bildete ›der Mann, der
Wilma 24 Jahre lang nicht geheiratet hatte‹ und im Moment genau wusste, warum
nicht. Er legte den Blumenstrauß auf den vollbepackten Gepäckskarren und schwor
sich, die blöden Rosen bei nächster Gelegenheit zu verlieren. Einfach irgendwo
liegen zu lassen. Aber die Blumen konnten ja gar nichts dafür.
Bis zum Parkplatz hatte er sich wieder soweit im Griff, dass
er die scheinbar grundvernünftige, in jedem Fall aber unschuldige Frage an die
anderen richtete, ob es nicht sinnvoll wäre, zuerst kurz beim Hotel der
Mortensens vorbeizuschauen.
„Lieb, dass du daran denkst“, Wilma quittierte sein Ansinnen
mit einem milden Lächeln. „Aber ich habe Bess und Donald eingeladen, bei uns im
Gästezimmer zu übernachten.“
Das Gästezimmer war Harrys Zimmer, nachdem man ihm klar
gemacht haben würde, dass er eine Nacht bei seiner Schwester campieren musste.
Und nachdem sich jemand gefunden hätte, der die notwendigen, erfahrungsgemäß
nicht unerheblichen Aufräumungsarbeiten übernehmen würde. Zumindest das würde
heute aber mit Sicherheit bei Wilma hängen bleiben. Ihre Eröffnung hatte aber
noch etwas anderes Tröstliches an sich. Jetzt war zumindest sichergestellt,
dass Palinski nicht das einzige Familienmitglied war, das im Augenblick
stocksauer auf Wilma war.
Als der mit sechs Erwachsenen, einem Hund und einer Menge
Gepäck völlig überfüllte Van den Donaukanal entlang stadtauswärts rollte, hatte
Palinski sich wieder einigermaßen beruhigt. Nachdem, was er heute alles erleben
hatte müssen, war die Aussicht auf einen Abend mit den Mortensens zwar nicht
berauschend, aber vergleichsweise beruhigend. Der Lachs und der
San-Daniele-Schinken würden auch morgen noch schmecken. Und über das inzwischen
sicher eingetrocknete Roastbeef würde sich Maximilian freuen. Jetzt hatte er so
lange auf Wilma gewartet, da kam es auf einen Tag mehr auch nicht an.
10
Fünfzehn Tage nach der Verhaftung Sophie
Lettenbergs saßen drei Männer in einem kleinen Häuschen an der Alten Donau.
Dieses in der warmen Jahreszeit von den Wienern stark frequentierte
Freizeitressort am nördlichen Rand der großen Stadt war jetzt noch fast menschenleer.
Lediglich einige Fischer, zwei kälteunempfindliche Surfer sowie die Besitzer
der Bootsverleihe, die ihren Schinakeln einen frischen Anstrich für die neue
Saison verpassten, belebten die Gegend. Auch die schmucken, kleinen Badehäuser
wachten erst langsam aus dem Winterschlaf auf.
An den Wochenenden
tauchten bereits die ersten Häusler auf, um kleine
Reparaturen vorzunehmen oder die ab Mittag doch schon recht warme Sonne am
Wasser zu genießen.
Unter der Woche konnte
man sich aber gut hier verstecken, sofern man auf
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