Pastetenlust
setzen.
„Wahrscheinlich wieder
Digitalis. Ich hätte es wissen müssen. Dieses geldgierige Monster scheut
wirklich vor nichts zurück“, er blickte Wallner mit Tränen in den Augen an.
„Ich bin schuld, dass die beiden Männer tot sind.“
„Mach dich nicht verrückt“, versuchte der Inspektor den
Freund zu beruhigen, „die Schuld daran trifft ausschließlich dieses Weib.“ Er
deutete zum zweiten Polizeifahrzeug, in dem Sophie Lettenberg mit unbewegter
Miene saß.
„Aber das Angebot, dass die Kollegen in Salzburg gefunden
haben“, widersprach Palinski. Versteckt im Schreibtisch der nunmehr echten
Witwe war das Offert eines Salzburger Baumeisters gefunden worden. In dem ging
es um die Generalsanierung des Reiterhofes und den Bau eines kleinen Hotels mit
60 Betten. Gesamtauftragswert rund 1,2 Millionen Euro.
„Und dann das Gespräch über Asunción und dass sie in sechs
Wochen nachkommen wollte.“ Palinski schüttelte verzweifelt den Kopf. „Sie hatte
nie vor, ihm zu folgen und mit ihm zu teilen. Sie hatte nicht einmal vor, ihn
abreisen zu lassen.“ Ein toter Thomas Münz, den hier keiner kannte und der
niemandem abging, wäre ein weiteres bedauernswertes Opfer des
Handelsketten-Erpressers gewesen. „Dabei haben die beiden noch über seine
Lieblingspasteten gesprochen.“
Wallner nickte bitter. „Lettenberg hat Nowotny gefragt, ob er
noch einmal seine Lieblingsmehlspeise essen dürfe. Ein letztes Mal für lange
Zeit. Nowotny hat sich nichts dabei gedacht und das Päckchen aus Sophies Auto
geholt. Lettenberg hat den beiden auch ein Stück angeboten, aber nur Waismeier
hat angenommen.“
So knapp liegt also die Entscheidung zwischen Leben und Tod, dachte
Palinski, der sich nur langsam wieder etwas beruhigte.
„Kann ich kurz noch einmal mit ihr sprechen?“ er deutet mit
dem Kinn in Richtung der inzwischen fünffachen Mörderin. Falls er sich nicht
verzählt hatte.
„Ich habe nichts dagegen“, Wallner zuckte mit den Achseln.
„Wenn es zur Verbesserung deines Seelenzustandes beiträgt.“
Palinski öffnete die Autotüre, hinter der sich Sophie
verbarg.
„War das wirklich noch notwendig?“, wollte er mit scheinbar
milder Stimme wissen.
„Es ist eben passiert, ein
Unfall, wenn Sie so wollen. Für mich macht das keinen Unterschied mehr.“ Die
Stimme der Frau klang so unbeteiligt, als ob sie ihm den Weg zur nächsten
Tankstelle erklärte. „Mehr als lebenslänglich kann ich in diesem schönen Land
ohnehin nicht bekommen.“
Palinski war ein vehementer Gegner der Todesstrafe und hatte
seine Einstellung immer wieder gegen auch hier zu Lande gar nicht so selten
anzutreffende engstirnige Zeitgenossen behauptet, die sich von dieser
barbarischen Institution mehr versprachen als schiere Rache. Einen Augenblick
lang aber wünschte er sich, dass es diese Möglichkeit für Ausnahmefälle auch in
Europa gäbe. Zumindest für einen ganz bestimmten Fall. Sofort darauf genierte
er sich aber schon für die klitzekleine Bestie, die auch in ihm zu stecken schien.
„Mögen die Geister Ihrer Opfer bis zu Ihrem Lebensende alle
Ihre Träume stören“, verwünschte er die Frau und knallte ihr die Wagentüre an
das Schienbein. Aber auch danach fühlte er sich nicht wirklich besser.
*
Die Maschine der „Freundlichen Fluglinie“ war
dank kräftigen Rückenwindes um 15 Minuten früher gelandet als vorgesehen.
Palinski, mit Kindern und Hund im Schlepptau hatte es gerade noch geschafft,
den Ankunftsbereich zu erreichen, als Wilma auch schon durch die automatische
Schiebetüre wieder in sein Leben trat.
Ein Leben, das für ihn noch vor zwei Stunden reichlich
beschissen ausgesehen hatte. Auf dem Weg von der Unfallstelle zu seiner Wohnung
hatte er sogar einmal angehalten und mehrere Minuten lang hemmungslos geheult.
Maximilian hatte das wohl irgendwie verstanden und ihm tröstend die Hand
geleckt. Danach war es ihm wieder etwas besser gegangen und er konnte mit dem
Verdrängen beginnen. Das Verarbeiten würde, wenn überhaupt, wesentlich länger
dauern. Wallner hatte ihm sogar angeboten, den Psychologischen Dienst in
Anspruch zu nehmen. Na, wir werden sehen, hatte sich Palinski gedacht.
Jetzt war er allerdings wild entschlossen, an nichts anders
zu denken als an einen angenehmen Abend mit Wilma und den Kindern. Wie gut sie
aussah, freute er sich und vergaß ganz den Ärger darüber, dass keine Zeit mehr
für einen Kaffee geblieben war. Den
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