Pastetenlust
Beamten zu, die Handschellen
herausholten und den Lettenbergs anlegten.
„Ich habe noch etwas zu sagen“, meldete sich Sophie
Lettenberg noch einmal zu Wort. Alle Anwesenden blickten sie interessiert an,
nur nicht Jürgen Lettenberg. Wahrscheinlich ahnte er bereits, was jetzt kommen
würde.
„Dich hätte ich sowieso demnächst verlassen“, giftete sie in
Richtung ihres Mannes. „Ich wünsche dir alles Schlechte für die Zukunft, du
pervertiertes Abziehbild eines Mannes.“
„Aber warum?“, Palinski hatte noch nie zuvor so viel
Enttäuschung und Unverständnis im Gesicht eines Menschen gesehen wie jetzt bei
Lettenberg. „Wir lieben uns doch.“
„Das glaubst auch nur du. Du bist mir schon drei Monate nach
unserer Hochzeit so was von auf die Nerven gegangen, dass ich es nicht mehr
länger mit dir aushalten hätte können. Wenn dich deine Fans so kennen würden
wie ich dich kenne, die Kinos, in denen deine Filme laufen, wären ständig bis
oben hin voll gekotzt.“ Jetzt wandte sie sich noch einmal Palinski zu und
sandte ihm eine angedeutete Kusshand zu. „Aus uns hätte vielleicht etwas werden
können, Hosenzerreißer. Aber wahrscheinlich bist du auch nur so ein impotentes
Arschloch wie die meisten anderen. So, und jetzt sage ich nichts mehr ohne
einen Anwalt.“
Palinski fühlte sich
eigenartig berührt durch dieses seltsame, ja ,was war
es eigentlich? Er wollte nicht weiter darüber nachdenken, sondern gleich
vergessen, nahm er sich vor.
Während die beiden
Festgenommenen weggebracht wurden, scharten sich die drei Musketiere um ihren
heutigen D’Artagnan.
„Phantastische Leistung,
müssen wir feiern, ganz toll.“
Die Lobeshymnen gingen Palinski hinunter wie Honigmet dem
alten Frankenkönig Chlodwig. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihm aber, dass es
langsam an der Zeit war, die Kinder einzusammeln und zum Flughafen zu fahren.
„Entschuldigt mich jetzt, ich habe aber noch etwas Wichtiges
vor. Wir hören demnächst voneinander und das Feiern holen wir auch nach.“ Er
wollte schon gehen, als ihn Miki Schneckenburger noch einmal an das zugesagte
Statement in Sachen BIGENI-Erpressung erinnerte. Klar, wird er bekommen, aber
nicht heute.
„Sag einmal, was hat die Lettenberg eigentlich mit
›Hosenzerreißer‹ gemeint“, wollte Wallner noch wissen.
„Ach“, Palinski winkte ab, „das ist eine längere Geschichte.
Die erzähle ich euch bei Gelegenheit.“
Der Rest des Tages gehörte Wilma, der Frau, die er seit 24
Jahren nicht geheiratet hatte. Und davon würde ihn
nichts und niemand abhalten, dachte er.
*
Nach einem kleinen Umweg durch den Wald, der
Maximilian ein wenig Auslauf verschaffen sollte, erreichte Palinski Wilmas
Auto. Während er den Wagen startete, überlegte er, ob er je wieder im Stande
sein würde, etwas anderes mit diesem wunderschönen Fleckchen Erde und dem
Blockhaus in Verbindung zu bringen als das vorangegangene, doch recht
einprägsame Erlebnis.
Langsam beruhigte sich sein Puls, der einige Zeit zweifellos
ziemlich erhöhte Blutdruck normalisierte sich wieder.
Schon von weitem konnte er die rotierenden Leuchten mehrerer Einsatzfahrzeuge
erkennen. Polizei, Feuerwehr und der Ambulanzwagen, der ihn eben überholt
hatte, ließen nur einen Schluss zu. Hier musste ein schwerer Verkehrsunfall
stattgefunden haben.
Während er die Geschwindigkeit des Wagens weiter reduzierte
und sich im Schritttempo der Unfallstelle näherte, erkannte er eines der
abgestellten Autos. Es war Wallners Dienstwagen. Palinski stellte den Van am
rechten Straßenrand ab und stieg aus.
„Foans weida“, herrschte ihn ein uniformierter Ordnungshüter
an. „Do gibts nix zum Segn.“ Aber Wallner hatte ihn schon bemerkt und bedeutete
ihm zu kommen. Eine schlimme Vorahnung stieg in Palinski auf und er hoffte
inständig, sich zu irren.
„Lettenberg und Waismeier, der Beamte, der den Wagen gelenkt
hat, sind tot. Nowotny, der zweite Beamte ist schwer verletzt, aber
ansprechbar“, informierte ihn der ebenfalls leicht unter Schock stehende
Wallner. „Der Wahnsinn ist aber, dass beide nicht an den Folgen des Unfalls
gestorben sind, sondern kurz vorher eine Herzattacke gehabt haben dürften.“
Palinski fühlte sich, als ob ihm der regierende
Schwergewichtsweltmeister eine Reihe schwerer Schläge in den Magen verpasst und
dabei voll den Solar Plexus erwischt hätte. Er musste sich kurz auf den
begrasten Rand der Böschung
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