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Pastworld

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Titel: Pastworld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Beck
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eine gezielte Rückkehr zur Tagesordnung, für die er dem Inspektor und all den anderen Narren, die ihm auf den Fersen waren, umgehend Beweise liefern würde.
    Vor einer schlichten Holztür inmitten der Reklametafeln blieb der Mann im Umhang stehen.
     

stand in riesigen fetten schwarzen Buchstaben auf Hunderten von identischen Plakaten, die auf die Wände der provisorischen Reklametafeln geklebt worden waren. Der Eingang zum öden Gelände wurde von einer einzigen über der Tür angebrachten Laterne beleuchtet. Er schaute sich um, wartete eine Sekunde und drückte dann schnell die Tür auf. Er schloss sie von innen, lief durch die Dunkelheit und betrat schließlich das Gebäude selbst.
    Er rannte eine breite steinerne Treppe hinauf. Obwohl die Stufen, die früher hell beleuchtet waren, jetzt in tiefer Finsternis lagen, wurden seine Schritte nicht langsamer. Sein Umhang bauschte sich und raschelte, während er immer höher hinaufstieg. Die leisen Geräusche prallten an den ihn umgebenden Oberflächen ab, an den marmorverkleideten Wänden und den eisernen Geländern. Ohne stehen zu bleiben, ohne Luft zu holen, überquerte er einen Absatz und stieg hölzerne, nackte Dienstbotentreppen hinauf. Eine weitere Treppe und dann noch eine, immer höher und höher hinauf.
    Schließlich erreichte er einen engen Korridor. Er blieb stehen, holte eine eiserne Original-Polizei-Karbidlampe unter seinem Umhang hervor und beleuchtete die Wände und die Decke über ihm. Der Lichtstrahl fiel auch auf seine weiße Hemdbrust, die mit roten Flecken gesprenkelt war.
    Um ihn herum sah man alle Anzeichen des angekündigten Abrisses. Der Fußboden war übersät mit herausgebrochenen Deckenstücken und meterlangen Aluminiumverkleidungen für überwiegend tote und nutzlos gewordene Kabel. Es handelte sich um die letzten Überbleibsel des »neuen Bauwerks« aus dem vergangenen zwanzigsten Jahrhundert, dem zurzeit höchsten Gebäude der Stadt, von dessen einst stolzer Modernität nur noch haufenweise kaputte Steine übrig waren.
    An einem so heruntergekommenen, geheimen Ort fühlte er sich ganz in seinem Element. Entweder ganz hoch oben oder ganz tief unten. In Dunkelheit und Finsternis, im Chaos des Halbfertigen, des hastigen Abbruchs, der urplötzlich versperrten Durchgänge, in düsteren Tunneln und auf gefährlich hohen Dächern.
    Staubflocken tanzten im Lichtstrahl der Karbidlampe. Ein paar brütende Tauben wurden aufgescheucht; es waren echte, nicht die künstlichen Buckland-Tauben. Sie flogen auf und prallten in ihrer Panik mit den Flügeln gegen die Decke, von der erneut der Putz herunterrieselte. Eine fette, glänzend braune Ratte huschte über den Boden. Sie blieb vor ihm stehen, als ob sie ihm den Weg versperren wollte, hob den Kopf mit rot glühenden Augen, öffnete die Schnauze und zeigte wie in einer festgefrorenen Grimasse zwei Reihen gleichmäßiger, spitzer Zähne. Dann sagte sie drohend: »Kein Zutritt. Sperrgebiet. Sperrgebiet.«

2
    Aus Eves Tagebuch*
     
    Ich bin Eve. An meine Mutter kann ich mich nicht erinnern und einen richtigen Vater habe ich auch nicht, es sei denn, man hält Jack dafür. Aus meiner Kindheit weiß ich so gut wie nichts. Zurzeit bin ich ein Meter dreiundsiebzig groß und, soweit ich weiß, siebzehn Jahre alt.
    Ich werde versuchen, alle wichtigen Ereignisse so ausführlich und genau wie möglich aufzuschreiben. Ich habe das Gefühl, als sollte ich meine Geschichte festhalten. Vielleicht wird sie von anderen gelesen werden. Obwohl ich keine Ahnung habe, wer das sein könnte.
    Es ist früh am Morgen und der Himmel hängt voll mit durcheinanderwirbelnden, gezackten weißen Wolken. Ich sehe den dahinfliegenden, sich verfolgenden Wolken nach und während ich sie beobachte, platze ich fast vor Liebe zu allem, was die Natur hervorbringt. Die Vorstellung, dies alles eines Tages nicht mehr sehen zu können, kann ich kaum ertragen.
     
     
     
    * Aus dem Hauptjournal. Soweit nicht anders gekennzeichnet, aus dem Originaljournal/der Chronik übertragen, alles handschriftlich auf altmodischem Velinpapier mit sepiafarbener Tinte.

Solange ich mich zurückerinnern kann, ist Jack immer da gewesen. Ich nehme an, dass ich ihn für meinen Vater hielt, aber natürlich habe ich später herausgefunden, dass er es nicht ist. Er hat gesagt, er wäre mein Vormund und ich eine Waise. Stellt euch einen ungepflegten, rundlichen Mann mit dicken Brillengläsern vor. Jack hat schlimme Augen und ist so gut wie blind. Er geht sehr

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