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Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten

Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten

Titel: Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Brodrick
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seiner Mutter als Errungenschaft zu sehen, als große Leistung, die mit kleinen selbstlosen Taten erkauft war. Sie hatte es geschafft, ihren Sohn loszulassen, obwohl sie wusste, dass sie auf den Wasserfall zutrieb. Auch sie war eine Abenteurerin, dachte er. Sie hatte ein heldenhaftes Opfer gebracht.
    Als er sich gerade zu erwachsener Dankbarkeit durchgerungen hatte, stellte Nick zu seiner Verwunderung fest, dass seine Mutter noch immer über das aufgegebene Terrain wachte. Einmal glaubte er sogar, sie sei völlig verrückt geworden. Kurz nach Nicks Abschlussprüfung knallte sie die Haustür zu und kam praktisch ins Wohnzimmer gerannt. »Du bist noch nie gründlich medizinisch untersucht worden«, sagte sie, als hätte er sich seit frühester Kindheit unverantwortlich fahrlässig benommen.
    »Mir geht’s gut.«
    »Das ist mir egal.«
    Da sie sich in der letzten Zeit viel gestritten hatten, nutzte Nick die Gelegenheit, gut Wetter zu machen. »Na gut … lass den Doktor kommen.«
    Nick hatte sich vorgestellt, dass eine dralle Krankenschwester ihm den Blutdruck messen und den Bauch abtasten würde. Aber seine Mutter hatte andere Vorstellungen. Sie wollte sämtliche Organe durchchecken lassen. Sie stritten sich, sie feilschten, und seine Mutter bezahlte. Nick ließ sich röntgen, mit Ultraschall durchscannen und ein EKG machen. Herz, Nieren, Leber. Als die Ergebnisse zeigten, dass er kerngesund war, brach sie in Tränen aus.
    »Was hast du denn anderes gewollt?«, fragte Nick.
    »Nichts«, schluchzte sie mit rotem Gesicht, aber strahlend. »Ich wollte genau das.«
    Und dann gingen sie in ein Restaurant, als hätte sie einen heiklen Prozess gewonnen.
    Nach diesem Ausbruch fing sie wieder an, abends in sein Zimmer zu kommen und sich auf sein Bett zu setzen, aber es funktionierte nicht so recht. Einmal erkundigte sie sich nach seinen Plänen.
    »Was willst du mal machen, Nick?«
    »Rezepte schreiben und zittrige alte Hände halten.«
    »Wo? Ich finde, London wäre ganz reizvoll.«
    Ohne seinen Eltern etwas davon zu sagen, hatte Nick bereits mit Ärzte ohne Grenzen und verschiedenen anderen Organisationen Kontakt aufgenommen, die ihm geraten hatten, Praxiserfahrungen zu sammeln. Daher hatte er sich überlegt, ein paar Jahre in einer Arztpraxis zu arbeiten, allerdings nicht so nah an zu Hause.
    »Wie wäre es, Doktor Ferguson in Primrose Hill mal anzusprechen«, schlug Elizabeth vor.
    Primrose Hill grenzte unmittelbar an St. John’s Wood.
    Sie wollte ihn wieder zu Hause haben. Seine Mutter hatte einen Weg gefunden, gegen den Strom vom Wasserfall wegzuschwimmen, und war fest entschlossen zu überleben. In diesem Augenblick wurde Nick klarer denn je, dass er etwas Abstand zwischen ihren Bedürfnissen und seiner Identität schaffen musste.
    Nicks Vater hatte den Übergang von medizinischem Untersuchungswahn zu abendlichen Erkundigungen nach Berufsplänen mit der ruhigen Aufmerksamkeit beobachtet, die er seinen Büchern und Schaukästen widmete. Er war siebenundzwanzig Jahre lang als Banker unglücklich gewesen, bis man ihn entlassen hatte, eine offenkundige Demütigung, die ihm jedoch die Freiheit gab, sich eingehend mit Schmetterlingen und Käfern zu beschäftigen. Er war ein einfacher Mann, der Arbeit für eine Art Übel hielt.
    »Geh der Arbeit aus dem Weg«, riet er bestimmt.
    Elizabeth war gerade ins Grüne Zimmer gegangen. Es war einen Tag nach dem Primrose-Hill-Vorschlag, und wie auf ein Stichwort lieferte Charles seinem Sohn den dritten Grund, auf Reisen zu gehen.
    »Schau dir die Welt an. Lerne Neues kennen. Lass dich faszinieren.« Er beugte sich vor und flüsterte laut. »Schau dir die Strähne im Haar deiner Mutter an. Das kann Arbeit aus Menschen machen.«
    Die Strähne war innerhalb von zwei Wochen aufgetaucht, als Nick sechzehn war. Wie er später erfuhr, gab es für diese Veränderung keine medizinische Erklärung. Aber wenn die Wissenschaft versagte, schaute Nick sich die Legende an: Thomas Moore und Marie Antoinette war es ganz ähnlich ergangen, bevor sie hingerichtet wurden. Das erzählte er seinem Vater.
    »Genau«, sagte Charles. »Das hat keine Eile. Hast du schon mal an Australien gedacht?«
    Das hatte Nick zwar nicht, aber die Idee gefiel ihm. Sie sprach ihn in tiefster Seele an, weil sie die ultimative Reise vor seinen Augen erstehen ließ. Er würde einen Hut tragen können, an dem Korken an Schnüren baumelten. Er würde ganz legitim eine Machete am Gürtel tragen können. Etwa eine Woche später

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