Patria
christliche Historiker den Stamm der Daniter mit dem Ort Dan am Oberlauf des Jordan in Verbindung. 1838 grub dort ein Team von Archäologen und fand einen Stadthügel, der als Überrest des biblischen Dan betrachtet wurde. Dieser Ort gilt heute als der biblische Ort Dan. Dort ist mittlerweile sogar eine zeitgenössische israelische Siedlung entstanden, die ebenfalls den Namen Dan erhalten hat.«
Thorvaldsen fiel auf, dass Hermann seine Worte voll auskostete, so als hätte er lange auf diesen Moment gewartet. Der Däne fragte sich, ob Margaretes Entführung den Zeitplan seines Gastgebers beschleunigt hatte.
»Seit mittlerweile vierzig Jahren graben nun Archäologen diesen alten Stadthügel aus, ohne ein einziges Beweisstück dafür gefunden zu haben, dass dieser Ort wirklich das biblische Dan war.« Auf einen Wink Hermanns wurde wieder ein neues Bild an die Wand projiziert. Auf der zweiten Karte der Region Asir erschienen nun Namen.
»Haddad hat entdeckt, dass alles, was über das biblische Dan bekannt ist, gut zu dem westarabischen Dorf al-Danadinah passt. Dieses Dorf liegt in der Küstenregion al-Lith, deren Hauptstadt ebenfalls al-Lith heißt, was in der althebräischen Übersetzung Lajisch bedeutet. Außerdem liegt auch heute noch ein Ort namens Zidon nicht weit entfernt, und noch näher bei al-Danadinah gibt es eine Stadt namens al-Sur. Al-Sur wiederum bedeutet auf Althebräisch Zora.«
Thorvaldsen musste zugeben, dass die geografischen Daten in verblüffender Weise übereinstimmten. Er nahm seine randlose Brille ab, massierte sich die Nasenbrücke und dachte angestrengt nach.
»Es gibt noch weitere topografische Übereinstimmungen. In 2. Samuel 24,6 liegt die Stadt Dan in der Nähe eines Landes namens Tahtim, doch in ganz Palästina gibt es keinen Ort namens Tahtim. Ganz anders in Westarabien. Dort liegt das Städtchen al-Danadinah in der Nähe einer Bergkette namens Jabal Tahyatayn, was die arabische Form für Tahtim ist. Das kann kein Zufall mehr sein. Haddad schrieb, wenn Archäologen diese Region untersuchten, würden sie dort Beweise für die Existenz einer alten jüdischen Siedlung finden. Doch dazu ist es niemals gekommen. Die Saudis haben alle archäologischen Grabungen verboten. Und als sich Haddads wissenschaftliche Schlussfolgerungen vor fünf Jahren als potenzielle Bedrohung darstellten, haben sie sogar die Dörfer in diesem Gebiet zerstört und die Böden vergiftet, so dass es mittlerweile fast unmöglich sein dürfte, dort noch archäologische Beweise zu finden.«
Thorvaldsen bemerkte, dass Hermanns Sicherheit mit der zunehmenden Aufmerksamkeit seiner Zuhörer wuchs.
»Es gibt noch weitere Hinweise. Im Alten Testament wird der Jordan durchgehend mit dem hebräischen Namen Yarden bezeichnet. Doch dieser Yarden wird niemals als Fluss beschrieben. Das Wort bedeutet tatsächlich: ›sich senken‹ beziehungsweise ›Steilhang‹. In allen Übersetzungen wird die Überquerung des Jordans als bedeutsam und schwierig dargestellt, doch der palästinensische Jordan ist kein großer Strom. Seit Jahrhunderten überqueren ihn die Bewohner beider Seiten, indem sie einfach hinüberwaten. Doch hier« – Hermann zeigte auf die Bergkette, die die Karte diagonal durchschnitt – »liegt das westarabische Randgebirge. Seine Überquerung ist nur in den Tälern möglich und selbst dort schwierig. Alle Stellen im Alten Testament, bei denen der Jordan erwähnt wird, ergeben historisch und geografisch einen Sinn, wenn man den Jordan hier in Arabien ansiedelt.«
»Der Jordan soll eine Gebirgskette sein?«
»Ja. Keine einzige andere Übersetzung aus dem Althebräischen macht Sinn.«
Hermann sah in die aufmerksamen Gesichter seiner Zuhörer und sagte: »Ortsnamen werden als heilige Tradition weitergegeben. Alte Namen überdauern im Volksgedächtnis und werden in der Regel immer wieder verwandt, doch in der Region Asir fand Haddad dieses Phänomen in besonderem Maße bestätigt.«
»Aber es hat doch Funde gegeben, die Palästina mit der Bibel in Beziehung bringen?«
»Richtig. Aber keine der Inschriften, die bisher ausgegraben wurden, ist beweiskräftig. Die 1868 gefundene moabitische Stele erwähnt einen Krieg zwischen Moab und Israel, der auch im Buch der Könige festgehalten ist. Ein weiteres, 1939 im Jordantal aufgefundenes Artefakt bezieht sich auf dasselbe Ereignis. Doch keinem der beiden Texte ist zu entnehmen, dass Israel in Palästina lag. Assyrische und babylonische Aufzeichnungen berichten von
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