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Patria

Patria

Titel: Patria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Berry
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normalerweise stumm blieb.
    »Die Vertreibung der Juden ist unmöglich und ein lächerliches Unterfangen«, sagte ein Ordensmitglied gerade. Thorvaldsen kannte den Mann, der Norweger war und sein Geld in die Nordseefischerei investiert hatte. »Das Alte Testament belegt eindeutig, dass die Stadt Jerusalem von Gott auserwählt wurde und ihr Tempel heilig ist. Ich kenne meine Bibel. Im Ersten Buch der Könige steht, dass Gott Salomon einen Stamm gab, damit David für immer eine Leuchte vor Gott habe in Jerusalem, der Stadt, die Gott erwählt hat. Die Gründung des Staates Israel beruht nicht auf einem Irrtum. Viele sind überzeugt, dass hier himmlische Kräfte am Werk waren.«
    Mehrere Mitglieder pflichteten dem Mann bei und führten Bibelzitate an, um ihre Meinung zu belegen.
    »Und was, wenn alles, was Sie da zitieren, falsch ist?«
    Die Frage kam aus der Vorstandsreihe. Der Blaue Stuhl war aufgestanden. »Erinnern Sie sich daran, wann der moderne Staat Israel gegründet wurde?«
    Niemand beantwortete seine Frage.
    »Am 14. Mai 1948. Um sechzehn Uhr zweiunddreißig. David Ben-Gurion stand im Museum von Tel Aviv und berief sich bei der Staatsgründung ausdrücklich auf das natürliche und historische Recht des jüdischen Volkes. «
    »Der Prophet Jesaja hat gesagt: Eine Nation wird an einem einzigen Tag geboren werden «, ergänzte ein Ordensmitglied. »Gott hat das Versprechen gehalten, das er Abraham gab, und die Juden erhielten ihr Land zurück.«
    »Und woher wissen wir von diesem Bund?«, fragte Hermann. »Nur aus einer einzigen Quelle. Dem Alten Testament. Viele unter Ihnen haben sich heute auf dessen Texte berufen. Ben-Gurion sprach vom natürlichen historischen Recht des jüdischen Volkes. Auch er bezog sich hierbei auf das Alte Testament. Es ist das einzige Beweisstück, das diese göttlichen Offenbarungen erwähnt – doch die Authentizität dieses Textes ist anzuzweifeln.«
    Thorvaldsen ließ den Blick durch den Saal schweifen.
    »Stellen Sie sich vor, ich hätte für jeden von Ihnen eine Übertragungsurkunde, die mir Ihr ganzes Vermögen zuspricht, doch all diese Dokumente wären viele Jahrzehnte alt und von längst verstorbenen Personen in Ihre jeweilige Muttersprache übersetzt worden, obwohl diese Menschen Ihre Muttersprache nicht einmal beherrschen – würden Sie dann nicht alle die Authentizität dieses Dokuments anzweifeln? Würden Sie nicht überzeugendere Beweise als eine ungeprüfte und unbeglaubigte Übersetzung verlangen?« Hermann hielt inne. »Und doch haben wir das Alte Testament bedenkenlos als das wahrhaftige Wort Gottes akzeptiert. Dieser ungeprüfte Text hat bis heute geopolitische Konsequenzen, und auf seinem Hintergrund entstand das Neue Testament.«
    Die Versammlung schien darauf zu warten, dass Hermann endlich zum Punkt kam.
    »Vor sieben Jahren verfasste ein palästinensischer Bibelgelehrter namens George Haddad eine Abhandlung, die von der Universität Beirut publiziert wurde. In dieser Abhandlung behauptet Haddad, dass das Alte Testament in seiner derzeit gültigen Übersetzung falsch ist.«
    »Das finde ich ganz schön anmaßend«, ereiferte sich eines der Mitglieder. Die beleibte Frau stand auf. »Ich nehme das Wort Gottes ernster als Sie.«
    Hermann wirkte belustigt. »Wirklich? Was wissen Sie denn über dieses Wort Gottes? Kennen Sie seine Geschichte? Seinen Autor? Seinen Übersetzer? Diese Worte wurden vor Tausenden von Jahren von unbekannten Verfassern auf Althebräisch festgehalten, einer Sprache, die seit über zweitausend Jahren nicht mehr gesprochen wird. Was wissen Sie denn über die althebräische Sprache?«
    Die Frau schwieg.
    Hermann nickte. »Ihre Wissenslücke ist verständlich. Das Althebräische war eine flektierende Sprache, in der die Wortbedeutung eher aus dem Kontext denn aus der Schreibweise ersichtlich war. Dasselbe Wort hatte je nach Verwendung oft unterschiedliche Bedeutungen. Erst Jahrhunderte nach der ersten Niederschrift des Alten Testaments wurde der Text von jüdischen Gelehrten ins Hebräische der damaligen Zeit übersetzt, doch diese Gelehrten waren des Althebräischen nicht einmal mächtig. Sie errieten die Bedeutung einfach nur oder, schlimmer noch, veränderten sie. Wieder vergingen Jahrhunderte, bevor der Text erneut übersetzt wurde, diesmal von christlichen Gelehrten. Auch sie sprachen kein Althebräisch und waren gezwungen zu raten. Trotz meiner Achtung vor Ihrem Glauben muss ich doch sagen, dass wir keine Ahnung haben, wie das Wort Gottes

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