Patria
Tür?«
»Die Antwort auf diese Frage hast du in Lissabon gefunden, als du sagtest, Thomas Bainbridge habe Hinweise hinterlassen. Ich habe im Flugzeug seinen Roman gelesen, der übrigens keinerlei Ähnlichkeit mit unseren Erfahrungen aufweist. Bainbridges verschollene Bibliothek wird in Südägypten gefunden, und es gibt auch kein Rätsel und keine Reise des Helden. Nichts dergleichen. Aber mit dem Monument in seinem Garten hat es garantiert etwas auf sich. Ich denke schon die ganze Zeit über die Bedeutung des letzten Rätselteils nach, den McCollum uns gegeben hat. Es wäre unlogisch, dass man einfach reinmarschieren kann, sobald man da ist.«
»Es sei denn, man hält jemandem die Pistole an den Kopf.«
»Richtig. Aber da ist etwas faul.« Er zeigte auf die Türen. »Mit diesen Sicherheitsvorkehrungen könnten sie einen Eindringling ohne weiteres in die Irre führen. Und wo sind all die anderen Bewohner? Diese Anlage wirkt vollkommen verlassen.«
Wieder las er die Buchstaben über der Tür.
VSOVODA.
Und plötzlich begriff er.
»Du bist immer über mein eidetisches Gedächtnis hergezogen, weil du nie verstanden hast, wofür es gut sein kann.«
»Nein. Ich habe mich nur gefragt, warum du nie an meinen Geburtstag oder an unseren Hochzeitstag gedacht hast.«
Malone lächelte. »Diesmal zahlt ein gutes Gedächtnis sich aus. Denk noch einmal an den letzten Teil des Rätsels. Folge den Buchstaben. Die Laube. In Bainbridge Hall. Die lateinischen Buchstaben.«
Er hatte sie genau vor Augen.
D OVOSVAVV M.
»Weißt du noch, wie du gefragt hast, warum das D und das M von den anderen acht Buchstaben abgesetzt sind?« Er zeigte auf die Eingänge. »Jetzt wissen wir warum. Durch das eine Tor geht man rein, durch das andere wahrscheinlich wieder raus. Was die Zeichen in der Mitte zu bedeuten haben, weiß ich noch nicht, aber wir werden es bald herausfinden.«
76
Wien
Thorvaldsen versuchte die Situation einzuschätzen. Er musste Hermann übertrumpfen, und deswegen hatte er eine Pistole unter seinem Pullover verborgen. Er hielt noch immer die Briefe des Heiligen Augustinus und des Heiligen Hieronymus in der Hand. Aber auch Hermann war bewaffnet.
»Warum haben Sie Gary Malone entführt?«, fragte Thorvaldsen.
»Ich habe überhaupt keine Lust, mich von Ihnen ausfragen zu lassen.«
»Warum wollen Sie mir nicht diesen kleinen Gefallen tun, wo ich doch gleich verschwinden muss.«
»Damit sein Vater etwas in Angriff nahm, was für unseren Plan unerlässlich war. Und es hat geklappt. Malone hat uns auf direktem Wege zur Bibliothek geführt.«
Thorvaldsen dachte an die Vermutung, die der Vizepräsident am Vorabend geäußert hatte, und beschloss nachzuhaken. »Und das wissen Sie ganz genau?«
»Ich weiß es immer ganz genau, Henrik. Das ist der Unterschied zwischen uns beiden. Und der Grund, aus dem ich diese Organisation leite.«
»Die Mitglieder haben keine Ahnung davon, was Sie vorhaben. Sie denken nur, dass sie Ihre Pläne verstehen, aber das stimmt nicht.« Er klopfte auf den Busch, um zu sehen, ob er noch etwas herausbekam. Gary hatte er aus zwei Gründen in sein Versteck geschickt: zum einen, weil Hermann auf keinen Fall erfahren durfte, dass sie ihn am Vorabend belauscht hatten. Denn dann wären er und der Junge in höchster Lebensgefahr. Und zweitens hatte er gewusst, dass Hermann bewaffnet sein würde, und mit dieser Bedrohung musste er allein fertig werden.
»Die Mitglieder vertrauen dem Vorstand«, sagte Hermann. »Und wir haben sie noch nie enttäuscht.«
Thorvaldsen zeigte auf die Seiten. »Wollten Sie mir diese Papiere hier zeigen?«
Hermann nickte. »Ich hatte gehofft, Sie würden begreifen, dass wir der Welt nur mitteilen, was sie vor fünfzehnhundert Jahren hätte erfahren sollen, wenn Sie die Beweise für die Fälschung der Bibel sehen.«
»Ist die Welt denn bereit für diese Wahrheit?«
»Darüber diskutiere ich nicht mit Ihnen, Henrik.« Er hob den Arm und richtete die Waffe auf Thorvaldsen. »Aber ich will wissen, wie Sie von diesen Briefen erfahren haben.«
»Genau wie Sie, Alfred, weiß ich immer alles genau.«
Die Pistole blieb auf ihn gerichtet. »Ich werde Sie erschießen. Sie befinden sich hier auf meinem Grund und Boden, und ich werde problemlos eine gute Erklärung für Ihren Tod finden. Wo Sie doch schon meine Tochter in Ihre Gewalt gebracht haben. Ich werde es als einen missglückten Erpressungsversuch darstellen. Es spielt eigentlich keine Rolle, und Ihnen kann es dann auch egal
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