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Patria

Patria

Titel: Patria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Berry
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sich in Erinnerung zu rufen.

    »Wollen Sie damit sagen, dass die Bibliothek bis heute erhalten ist?«, fragte Haddad den Hüter.
    »Wir beschützen sie seit Jahrhunderten. Und wir haben viel gerettet, was sonst durch Unwissenheit oder Habgier verloren gegangen wäre.«
    Haddad hielt den Umschlag hoch, den der Gast ihm gereicht hatte. »Und diese Suche des Helden zeigt den Weg?«
    Der Bote nickte. »Für die, die verstehen, wird der Pfad leicht zu erkennen sein.«
    »Und wenn ich nicht verstehe?«
    »Dann werden wir einander nie wiedersehen.«
    Haddad wägte die Möglichkeiten ab und sagte dann: »Ich fürchte, dass das, was ich gerne in Erfahrung bringen würde, besser im Verborgenen bleiben sollte.«
    »Warum sagen Sie das? Vor Wissen sollte man sich niemals fürchten. Ich bin mit Ihren Arbeiten vertraut. Auch ich beschäftige mich mit dem Alten Testament. Deswegen wurde ich zu Ihrem Hüter bestimmt.« Das Gesicht des jungen Mannes leuchtete auf. »Sie können sich gar nicht vorstellen, welch umfangreiche Quellen wir besitzen. Originaltexte, Korrespondenzen, Auslegungen, alle von Gelehrten aus längst vergangenen Zeiten, die viel mehr wussten als Sie oder ich. Althebräisch beherrsche ich weniger gut als Sie. Wissen Sie, für einen Hüter gibt es verschiedene Rangstufen, und die einzige Möglichkeit aufzusteigen, ist die persönliche Leistung. Genau wie Sie fasziniert auch mich die Frage, wie das Christentum das Alte Testament interpretiert und manipuliert hat. Ich möchte mehr lernen, und Sie, Sir, können mich lehren.«
    »Und wenn Sie mehr wissen, werden Sie aufsteigen?«
    »Der Beweis Ihrer Theorie würde für uns beide einen großen Erfolg bedeuten.«
    Und so machte Haddad den Umschlag auf.

    Sabre scrollte zu der Stelle, wo der Inhalt des Umschlags abgebildet war. Haddad hatte das Dokument offensichtlich eingescannt. Die lateinischen Worte waren in einer eckigen, maskulinen Schrift verfasst. Zum Glück hatte Haddad die Botschaft übersetzt. Sabre las die Passage über die Reise des Helden, die angeblich den Weg zur Bibliothek von Alexandria weisen sollte.

    Wie eigenartig sind doch die Manuskripte, o großer Reisender im Unbekannten. Die Schriften wirken, als stünde jede für sich, doch demjenigen, der weiß, dass alle Farben des Regenbogens zusammen zu weißem Licht verschmelzen, kommen sie wie ein einziges großes Ganzes vor. Aber wie soll man nun den einzelnen Lichtstrahl ausmachen? Es ist ein Geheimnis, doch suche die unserem Schutzheiligen geweihte Kapelle am Tejo in Bethlehem auf. Beginne die Reise im Dunkeln, und vollende sie im Licht, wo ein sinkender Stern eine Rose findet, ein Holzkreuz durchbohrt und Silber in Gold verwandelt. Suche den Ort, der eine Adresse ohne Ort darstellt, und an dem ein anderer Ort zu finden ist. Dann wird dich wie die vom Rätsel verwirrten Hirten des Malers Poussin plötzlich das Licht der Erleuchtung überkommen. Füge die vierzehn Steine wieder zusammen, und arbeite dann mit Quadrat und Kompass, um den Weg zu finden. Spüre am Mittag die Gegenwart des roten Lichts, und sieh auf die endlosen Windungen der zornroten Schlange. Aber befolge jedes Wort buchstabengetreu. Gefahr droht dem, der überstürzt eintrifft. Wer aber dem Weg getreulich folgt, wandert sicher.

    Sabre schüttelte den Kopf. Rätsel waren nicht gerade seine Stärke. Und er hatte keine Zeit, sich damit herumzuschlagen. Er hatte jede einzelne Datei, die auf dem PC gewesen war, gelesen, doch Haddad hatte keinerlei Hinweise gegeben, wie die Botschaft zu entschlüsseln war.
    Ein echtes Problem.
    Sabre war weder Historiker noch Sprachwissenschaftler noch Bibelgelehrter. Alfred Hermann sah sich gerne als Experten an, doch Sabre fragte sich öfter, wie viel der Österreicher tatsächlich wusste. Sie waren beide Opportunisten, die versuchten, eine einzigartige Gelegenheit nach Kräften zu nutzen.
    Nur aus unterschiedlichen Gründen.
    Hermann versuchte, ein Vermächtnis zu hinterlassen, um dem Orden vom Goldenen Vlies seinen Stempel aufzudrücken. Vielleicht auch, um Margarete den Aufstieg zur Macht zu erleichtern, und die konnte weiß Gott Hilfe gebrauchen. Sabre wusste, dass Margarete ihn aus dem Weg schaffen würde, sobald Hermann Platz gemacht hatte. Doch wenn er ihr zuvorkommen und ihr immer einen Schritt voraus bleiben konnte, gerade so, dass sie nicht an ihn herankam, konnte er es schaffen. Er wollte einen Freifahrschein ganz an die Spitze. Einen Platz am Tisch. Etwas wirklich Wertvolles, das er einsetzen

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