Patricia - Der Kuss des Vampirs
Wasseroberfläche bewegte. Eine Schlange, die sich allerdings rasch vor etwas zweifellos noch Gefährlicherem, wie einem Vampir, in Sicherheit brachte. Churtham deutete mit dem Kopf nach links. »Das dort ist die beste Stelle. Das Moor ist hier tief wie ein See und nichts, was es verschlingt, taucht jemals wieder auf.«
Tief wie ein See? Hier? Pat fühlte, wie der nachgiebige Boden an ihren Schuhen saugte, sie hinunterziehen wollte. »Wir werden versinken!«
»Nein, halten Sie sich nur an mir fest, dann passiert Ihnen nichts.« Er warf ihr einen spöttischen Blick zu. »Vampire versinken nicht im Moor, wissen Sie.«
»Ich bin aber kein Vampir.« Ihr Rock war schon bis zu den Knien nass und klebrig und es machte bei jedem Schritt, den sie tat, ein unschönes, schmatzendes Geräusch.
»Noch nicht!«, kam es zynisch zurück.
Pat ließ vor Schreck Churthams Mantel los, an den sie sich bisher geklammert hatte, und fiel der Länge nach in die stinkende Brühe. Sie machte den Mund zu einem Schrei auf, bekam sofort einen ganzen Schwall Sumpfwasser hinein und hustete um ihr Leben, während sie versuchte, sich aus dem Sog zu befreien, der sie mit einem Mal erfasst hatte. Ihre Knie sanken immer weiter, ihre Hände, die sie aufzustützen versuchte, gruben sich in den Schlamm und sie merkte, dass sie schon ziemlich schnell unter der Wasseroberfläche sein würde. Sie versuchte zu schreien, Churtham um Hilfe zu rufen, aber der Schlamm in ihrem Mund hinderte sie daran und sie brachte nur einen gurgelnden Ton hervor.
Kurz bevor ihre Nasenspitze in dem fauligen Wasser untertauchte, hörte sie ein Aufklatschen, dann griff jemand nach ihr, packte sie an den Haaren und am Kragen und zog sie hoch. Sie spuckte, hustete, keuchte, während Churtham sie festhielt, ihr auf den Rücken klopfte und dabei leise Verwünschungen ausstieß, die zu Pats Erstaunen allerdings nicht gegen sie, sondern gegen ihn selbst und den Rest der Welt gerichtet waren. Schließlich, als sie wieder Luft bekam, hob er sie hoch und trug sie, bis sie festen Boden unter den Füßen erreicht hatten. Dort setzte er sie ab. Pat sank sofort erschöpft in sich zusammen und spuckte noch das ganze restliche Sumpfwasser aus, das ihr in die Kehle gekommen war. Sie sah erst auf, als sie fühlte, wie jemand sanft mit einem Taschentuch über ihr Gesicht wischte. Churtham hockte vor ihr und versuchte, soviel Schlamm wie möglich von ihren Wangen, ihren Augen und ihren Lippen zu entfernen. Sein eleganter Anzug war nun nicht weniger schmutzig als Pats Kleidung.
»Ich hätte mir denken können, dass Sie hineinfallen.« Zum ersten Mal klang seine Stimme freundlich.
Pat legte die Hand auf ihren Magen. Ihr Kleid war nass und klebrig, ihre Haare hingen in Strähnen über ihr Gesicht und sie fühlte sich furchtbar elend. »Ich glaube, mir wird schlecht.«
»Bleiben Sie noch ein bisschen sitzen, Patricia, ruhen Sie sich aus und dann gehen wir zurück. Mrs. Simmons wird Ihnen ein schönes heißes Bad richten und Sie werden sehen, danach sieht die Welt wieder ganz anders aus.«
Die Welt würde vielleicht ganz anders aussehen, aber bestimmt nicht so wie früher. Hatte er sie tatsächlich schon wieder Patricia genannt? Sie hatte keine Zeit mehr darüber nachzudenken, denn sie krümmte sich zusammen…
Churtham strich ihr die Haare aus dem Gesicht, murmelte beruhigende Worte und wartete bis sie fertig war, bevor er sie einfach hochhob. Pat, die halb ohnmächtig war, bemerkte nur verschleiert, dass er sie sicher durch den dunklen Wald bis zum Schloss zurücktrug. Sie kam erst wieder völlig zu sich, als sie in der bis oben hin mit heißem Wasser gefüllten Badewanne ruhte und die fassungslose Mrs. Simmons ihr einen Krug warmen Wassers über ihr verklebtes Haar goss. Mrs. Simmons verlor kein Wort über die so offensichtlich missglückte Flucht, wirkte aber sehr besorgt.
Als sie endlich erschöpft im Bett lag, bis zur Nasenspitze zugedeckt und mit Mrs. Simmons an ihrer Seite, die ihr mit stummer Anteilnahme die Hand streichelte, klopfte es an der Tür.
»Nein, Mylord!«, empörte sich Mrs. Simmons. »Miss Smith ist schon zu Bett.«
»Das stört mich nicht«, kam es gelassen. Die Tür öffnete sich, Churtham kam herein, schob Mrs. Simmons zur Seite, die sich mit blitzenden Augen und ausgebreiteten Armen vor ihrem Schützling aufgebaut hatte, und reichte Pat einen Becher hin. »Hier, trinken Sie, das wird Ihnen gut tun.«
Pat sah in den Becher, eine weißliche Flüssigkeit war darin.
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