Patricia - Der Kuss des Vampirs
sich dort zu streicheln. Sie hatte nachgegeben, sich dabei vorgestellt, es wäre Churtham, der sie berührte, rieb. Die Erinnerung daran ließ ihre Wangen blutrot werden und ihre Finger völlig zu Eis gefrieren. Sie starrte auf den Boden, in der Hoffnung, Vampire verfügten nicht über die Fähigkeit, anderer Leute Gedanken zu lesen. Sie zuckte ertappt zusammen, als er sprach.
»Versprechen Sie mir, nicht wieder davonzulaufen, Patricia, sondern im Schloss zu bleiben.«
Pat starrte ihn an und bemerkte wie jedes Mal in seiner Gegenwart, dass ihr eigener Wille schwächer wurde. Sie nickte. »Ja, ich verspreche es.«
»Und dass Sie mir vertrauen.« Seine Augen waren ganz weich und der hellblaue Schimmer darin war nicht furchterregend, sondern zärtlich. Pat hätte sich am liebsten in seine Arme geschmiegt.
Sie nickte wieder. »Ja, ich verspreche es.«
Churtham presste zu ihrem Entsetzen und gleichzeitiger Genugtuung seine Lippen auf ihre Hand und stand dann hastig auf. »Dann wünsche ich Ihnen angenehme Träume, Pat.«
Sie sah ihm noch nach, als sich die Tür schon längst hinter ihm geschlossen hatte, bevor sie sich tiefer in ihre Kissen kuschelte. Zum ersten Mal, seit sie in dieses Schloss gekommen war, kam ihr nicht in den Sinn, die Tür zu verriegeln. Sie fühlte sich plötzlich sehr sicher und geborgen. Churtham hatte gesagt, sie könne ihm vertrauen, und wenn sie darüber nachdachte, dann war es genau das, was sie auch wollte.
Pat… er hatte sie heute mehrmals Patricia und sogar Pat genannt. Niemand hatte sie mehr so angesprochen, seit ihre Eltern gestorben waren. Und wie zärtlich und weich er ihren Namen ausgesprochen hatte.
»Maximilian«, flüsterte sie in die Kissen hinein. Sie zog das Kissen enger an sich, stellte sich vor, es wäre Churtham, den sie umarmte, und schlief ein.
Am nächsten Tag sah sie wie üblich nichts von Churtham. Was auch nicht weiter verwunderlich war, denn jemand hatte von außen ihre Tür verschlossen. Da sie jedoch beim Aufwachen nicht nur ihre Tasche vorgefunden hatte, die jemand geholt und neben ihr Bett gestellt hatte, sondern auch ein ganzes Tablett voller Speisen, lief sie wenigstens nicht Gefahr, zu verhungern. Die Tür öffnete sich erst wieder, nachdem die Sonne untergegangen war. Pat zögerte zuerst, ging jedoch dann hinunter, in der Hoffnung, Churtham zu treffen. Er saß auch tatsächlich in seinem Lehnsessel am Kamin und hielt ein Glas mit einer roten Flüssigkeit in der Hand. Pat starrte schockiert darauf.
Er bemerkte ihren Blick und verzog den Mund zu einem spöttischen Lächeln. »Blut. Ich habe mir etwas von der Unglücklichen abgezweigt. Man kann nicht alles auf einmal zu sich nehmen, das schlägt sich auf den Magen.« Er wirkte ganz anders als am Vorabend, als seine Augen so irritierend weich und sein Lächeln so anziehend gewesen war. Sie hatte die halbe Nacht von ihm geträumt und hatte den folgenden halben Tag gebraucht, um sich von der erotischen Intensität des Traumes wieder zu erholen.
»Dann haben Sie mich gestern Abend also doch belogen? Und es stimmt also doch, was die Leute von Ihnen sagen?!«
»Was sagen sie denn von mir?«
»Dass Sie regelmäßig junge Mädchen entführen und töten.«
»So. Sagt man das.« Er starrte sekundenlang ins Glas, dann stellte er es mit einem leichten Klirren auf den Tisch. Er erhob sich, ging zum Fenster und sah mit hinter dem Rücken verschränkten Händen hinaus. Wieder fiel es Pat auf, dass der gesamte Raum sich in dem Glas spiegelte, nicht jedoch Churtham, obwohl er direkt davor stand.
Sie griff heimlich nach dem Glas, in der Hoffnung er würde es nicht bemerken, und roch daran, bevor sie vorsichtig kostete.
Rotwein? Es war Rotwein!
Endlich wandte er sich um. »Hatten Sie wirklich gedacht es wäre Blut?«
»Natürlich!«
Er zögerte etwas. »Es… tut mir Leid, dass ich Sie gestern dazu gebracht habe, mich ins Moor zu begleiten. Das war nicht richtig von mir und unnötig grausam. Aber ich war wütend auf Sie.« Er kam etwas näher. »Weil Sie einfach davon laufen wollten.« Etwas schwang in Churthams Stimme mit, aber Pat konnte nicht sagen, was es war. Zorn, Enttäuschung, Verbitterung. Vielleicht etwas von allem.
»Es stand etwas in einem Ihrer Bücher«, sagte Pat schließlich langsam. Vielleicht gab es ja sogar eine vernünftige Erklärung für seinen Blutdurst. »Es gibt angeblich eine Krankheit, die manchmal bei Adeligen vorkommen soll. Vielleicht leiden Sie ja ebenfalls darunter? Es ist
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