Patterson James
Haarschopf
verschwunden war. Er war kahl rasiert. Mein Gott, ich ebenfalls! »Aaaaaaargh!«, machte ich. »Deine Haare!«
»Ich liebe dich auch, Kahlköpfchen«, flüsterte er.
»Willkommen zurück unter den Lebenden, Frannie.«
»Oh, es ist schön, wieder hier zu sein.« Jedenfalls bemühte ich
mich, das zu glauben. Mein simulierter Himmel war ein
unglaublicher Trip gewesen.
Wir waren im Traumzimmer, der gleichen Station, die ich
durch die Glaswand gesehen hatte. Wann war das gewesen? Vor
einem Tag? Ich hatte nicht die geringste Ahnung. Noch immer
lagen ein halbes Dutzend Patienten mit silbernen Helmen auf
dem Kopf in ihren Betten, mit flackernden Monitoren und einer
Menge anderer kostspieliger medizinischer Ausrüstung.
Eisernen Lungen, Herzmonitoren und Sensoren am ganzen Leib.
Aber kein Dr. Ethan Kane, mochte er in der Hölle schmoren!
Kein vierundneunzig Jahre alter Harold Hauer!
Ich hörte den Lärm von trampelnden Füßen draußen auf dem
Gang.
Dann sah ich die Kinder! Ich zählte heimlich, ob sie alle da
waren. Max, Wendy, Peter, Matthew und Icarus drängten sich
um mein Bett und warfen sich förmlich auf mich. Sie jauchzten
vor Freude, gurrten, und es war das süßeste Geräusch auf der
ganzen Welt.
»Hallo Mama!«, sagte die kleine Wendy.
Jetzt konnte ich mich nicht länger beherrschen. Ich schluchzte
und schluchzte und versuchte alle fünf Kinder gleichzeitig in
den Armen zu halten, und fast wäre es mir tatsächlich gelungen.
Dann kam ich ein wenig zur Besinnung und nahm mir eines
nach dem anderen vor. Ein süßes Gesicht nach dem anderen.
Max war dreckverschmiert, und ein Bein ihrer Bluejeans war
dunkel von verkrustetem Blut, doch sie lächelte mich strahlend
an. Sie umarmte mich, und ich drückte sie. Es war die beste
Umarmung aller Zeiten.
»Wir haben es geschafft!«, sagte ich endlich.
»Nicht alle«, antwortete Max und schüttelte den Kopf. Ich
wusste, dass sie von Oz redete. »Aber ich habe Ethan Kane
erwischt. Er ist tot, Frannie. Er wird uns nichts mehr tun. Ich
hab ihm das Genick gebrochen.«
Ich legte die Hand auf Max’ wirren Haarschopf, und bei dieser
Bewegung fiel mir ein Plastikband auf, das ich am Handgelenk
trug.
Und dieses Plastikband trug eine Beschriftung. Ein einziges
Wort in fetten schwarzen Buchstaben, das mir Schauer über den
Rücken jagte.
SPENDER.
Als Nächstes geschah etwas wirklich Übles. Etwas Undenkbares
und schaurig wie die Hölle – oder noch schlimmer –, als wäre
etwas Ungewöhnliches daran, als hätte ich überrascht sein
sollen.
Kein Wort stand in der Presse über Resurrection oder die
mächtigen Männer, die offensichtlich darin verwickelt gewesen
waren. Nicht ein einziges Wort in einer größeren Zeitung oder
einem Magazin. Es war, als wäre es nie geschehen. Als hätten
wir nicht gesehen, was wir gesehen hatten. Als hätten wir uns
alles nur ausgedacht und frei erfunden.
Ich bin kein wirklicher Fan von Verschwörungstheorien, und
ich leide nicht an Paranoia – wenigstens litt ich nicht daran, bis
ich sah, was geschah.
Nämlich nichts.
Nicht ein Wort.
Einige von Ihnen mögen sagen: »Unglaublich!« Ich kann nur
antworten: Wo waren Sie in letzter Zeit? Nehmen Sie den Kopf
aus dem Sand! Die Wahrheit steht dieser Tage nicht mehr
besonders hoch im Kurs. Ist Ihnen das vielleicht bis jetzt
entgangen?
Nicht ein einziges verdammtes Wort.
Dr. Ethan Kane alias Harold Hauer war überzeugt, dass er die
Welt für den Rest des Jahrhunderts verändert hatte, doch
niemand in der Presse schien es zu bemerken oder sich darum zu
kümmern oder vielleicht auch nur zu glauben, dass sich etwas
derart Ungeheuerliches ereignet haben könnte.
Genau wie sie die Bedeutung der Biotechnologie in den Jahren
zuvor verschlafen hatten. Die Tatsache, dass unsere Zukunft in
der Biotechnologie liegt. Wie es längst erwiesen ist. In Stein
geschrieben von irgendjemandem – allerdings niemandem, den
Sie oder ich kennen.
Verrückte Dinge geschahen, nachdem mir die Flucht geglückt
war. Die Männer, die wir mit unseren eigenen Augen im
Hospital gesehen hatten, stritten rundheraus ab, dort gewesen zu
sein, und selbstverständlich besaßen sie ausnahmslos Alibis,
jeder Einzelne von ihnen. Was wir in den unterirdischen
Anlagen des Liberty General Hospital gesehen hatten –
ausgeweidete menschliche Leichname, Föten in Flaschen,
unvorstellbare Hightech-Maschinerien, all das war längst
verschwunden, als die Bundesbehörden vor Ort eintrafen, um
nachzusehen. Genau wie
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