Patterson James
seine Leibwächter hinter ihm herfuhren, ging er
weiter Richtung Magellanes. Zwei Hunde bellten, zerrten an
Fleischstücken aus einem umgekippten Mülleimer. Bald würden
sie einander anfallen und sich die Reste streitig machen. Solche
Sachen waren es, die ihm jetzt Spaß machten. Er zog seine
Waffe und erschoss einen der Hunde.
Schon besser.
Dann bog er auf die Magellanes ab. Was sonst konnte er noch
tun, außer eine fette Cohiba zu rauchen und nach Hause zu
fahren?
Andies Mobiltelefon vibrierte. Sie ging nicht ran. Sie wusste,
was es bedeutete.
Sie drehte sich im Tabakladen zu dem kleinen Angestellten
mit Schnurrbart, der kaum Englisch sprach. »Das hier sind die
besten, sagen Sie? Das sind kubanische, ja?«
»Ja, Señora, die besten auf der Welt. In allen Preisklassen.«
Andie hielt nervös die beiden Zigarrenkisten vor sich. Montecristos und Cohibas. Sie wartete auf das Geräusch, auf das
Klingeln der kleinen Glocke hinter ihr, wenn Cavello den Laden
betrat. Ein Schauder lief ihr über den Rücken. Das ist nicht
irgendein dummes Theaterstück, ermahnte sie sich. Du stehst
hier nicht auf der Bühne. Beruhige dich und mache deine Sache
richtig. Du musst perfekt sein.
Endlich hörte sie die Glocke und das Quietschen der sich
öffnenden Tür. Andie spannte den Rücken an, drehte sich aber
nicht um. Sie wusste, wer eingetreten war.
»Aber welche sind die besten?«, fragte sie weiter. »Es ist ein
Geschenk für meinen Mann, und sie sind teuer. Ich drücke mich
vielleicht nicht richtig aus, oder?«
»Señora, sie sind beide die besten«, betonte der Verkäufer. »Es
ist eine Frage des Geschmacks.«
Sie blickte die beiden Kisten an. »Bitte.«
»Sie liegen bei keiner der beiden verkehrt«, meldete sich die
Stimme hinter ihr zu Wort. »Aber wenn’s um mein Geld ginge,
würde ich die Cohiba nehmen.«
Andie hielt die Luft an und fürchtete sich beinahe, sich umzudrehen. Aber sie tat es und stand einem Mann in schwarzem
Ledermantel und Tweedmütze gegenüber. Cavello sah älter aus
als in ihrer Erinnerung, sein Gesicht war hagerer. Aber er war
immer noch der Mann, den sie hasste.
»Es ist wie die Wahl zwischen einem Brunello und einem
Burgunder. Ich stehe auf Brunello, und in diesem Fall auf die
Cohiba. Aber Frederico hat Recht, es ist eine Frage des Geschmacks.«
Der Verkäufer nickte. »Si, Señor Celletini.«
Aha, Celletini, dachte Andie. Sie reichte dem Verkäufer die
Kiste Cohibas. »Ich werde diese hier nehmen.« Sie drehte sich
wieder zu Cavello. »Danke für Ihre Rettung.«
»Das war keine Rettung. Selbst ein Kenner würde die Wahl
schwierig finden.« Er trat näher auf sie zu. »Geschäfte oder
Studienzwecke?«
»Bitte?«, fragte Andie.
»Zu dieser Jahreszeit ist es nicht üblich, hier unten einen
amerikanischen Akzent zu hören. Die meisten Touristen sind
schon wieder weg.«
Andie lächelte. »Geschäfte. Ich will für eine Expedition in die
Antarktis anheuern, die nächsten Monat stattfindet.«
»Eine Forscherin.« Cavello spielte den Beeindruckten.
»Eher eine Köchin. Vielleicht auch eher ein Flüchtling als
alles andere.«
»Das ist keine Schande.« Cavello lächelte. »Hier unten sind
die meisten auf der Flucht.«
Andie schob langsam ihre Sonnenbrille nach oben, ließ ihn ihr
Gesicht sehen. »Wovor sind Sie geflohen?«, fragte sie und
befeuchtete ihre Lippen.
»Im Moment vor meinen Schafen. Ich habe eine Ranch zwanzig Minuten außerhalb der Stadt.«
»Schafe, hm?« Sie legte neckisch den Kopf zur Seite. »Mehr
nicht?«
»Gut, Sie haben mich erwischt.« Cavello hob die Hände, als
ergäbe er sich. »Eigentlich bin ich in einem Zeugenschutzprogramm. In Phoenix habe ich die falsche Abzweigung genommen
und bin nach Süden gefahren. Also bin ich hier gelandet.«
»Ein Mann mit sehr schlechtem Orientierungssinn.« Andie
hoffte, ihr Lachen klang echt. »Aber keine Sorge, Mr. Celletini,
Ihr Geheimnis ist bei mir gut aufgehoben.«
»Frank«, sagte Cavello. Sein Blick wurde intensiver. Der
geschickte Mörder, der Psychopath. Der Elektriker.
»Alicia.« Auch Andie konnte lügen. »Alicia Bennett.«
»Freut mich, Sie kennen zu lernen, Alicia Bennett.« Cavello
streckte seine Hand aus. »Forscherin.«
Seine Hand war rau und schwielig. Andie versuchte, nicht
zurückzuschrecken, und kramte rasch in ihrem Geldbeutel.
»Und was ist mit Ihnen?«, fuhr Cavello mit dem Geplänkel
fort. »Wovor flüchten Sie?«
»Ich bin eine Desperate Housewife. « Andie kicherte.
»Sie müssen sehr
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