Patterson James
Ranches. Jede war groß und wunderschön in
den Bergen gelegen, mit Blick auf die karge Küste und das
Meer. Aber keine war die Ranch, nach der wir suchten.
Ich stöhnte völlig frustriert. Was hatte Remlikov mit »in der
Nähe von Ushuaia« gemeint? Wir wussten nicht einmal, in
welcher Richtung die Ranch lag.
Als wir gegen vier Uhr die Stadt erreichten, ging die Sonne
bereits unter. Noch nie hatte ich eine so malerische Landschaft
gesehen wie an diesem Tag, aber deswegen waren wir nicht
hergekommen.
»Señor!« Guillermo, der Angestellte an der Rezeption, winkte
uns zu, als wir das Hotel betraten. »Haben Sie es gefunden?«
»Wir haben das Ende der Welt gefunden.« Ich schnaubte
frustriert. »Aber keine Ranch.«
»Ich habe meine Frau gefragt, Señor«, erzählte er aufgeregt.
»Sie ist Holländerin. Sie arbeitet im pasillo de ciudad. Im
Rathaus.«
Ich wartete, was er mir erzählen würde.
» El Fin del Mundo. Sie kennt die Ranch und weiß, wo sie
liegt.«
Ich trat zu ihm an den Tresen, wo er meine Landkarte auffaltete und auf eine Stelle östlich der Stadt zeigte, die ganz woanders
lag als dort, wo wir herumgegondelt waren.
»Hier. Sie gehört einer alten, hiesigen Familie. Das jedenfalls
steht in den Dokumenten. Aber meine Frau sagt, sie gehört
einem Ausländer. Einem Amerikaner, ja?«
Ich klopfte Guillermo lächelnd auf die Schulter. »Einem
Amerikaner, genau.«
Am nächsten Tag machten wir uns erneut auf die Suche. Die
Ranch befand sich also im Osten, nicht in der Nähe der anderen,
schicken estancias, sondern in einem abgelegenen Tal. Wir
wanden uns eine enge Straße hinauf, entlang schwungvoller,
felsiger Abhänge und überhängender Gletscher. Straßenschilder
gab es hier nicht – wir hielten uns an Guillermos Wegbeschreibung.
Auf einem Ziegenpfad, der der Beschreibung nach oberhalb
der Ranch liegen musste, hielten wir an.
Andie und ich kletterten eine versteckt liegende Felsnase
hinauf und spähten durch das Fernglas. Ich wusste, dass es
Cavellos Ranch war, sobald ich sie sah.
»Er ist hier.«
Die Ranch wirkte nicht so einladend oder offen wie die anderen, die wir gesehen hatten. Kein Schild über einem Holztor
verriet den Namen. Stattdessen saßen zwei Männer – oder
vielmehr Soldaten – in einem Wachturm und spielten Karten.
»Sie sind ganz schön schlampig«, stellte ich fest. »Das ist ein
gutes Zeichen, hoffe ich.«
Schafherden grasten auf den steilen Wiesen. Doch der Zaun,
der sich vom geschlossenen Tor aus um die Ranch zog, diente
nicht dazu, die Schafe am Ausbrechen zu hindern. Es war
Stacheldraht, der Eindringlinge von außen fernhalten sollte.
Die Männer im Turm waren bewaffnet. An der Mauer lehnten
zwei Automatikgewehre. Ich erblickte vier Wachen, die mit
Hunden entlang des Zaunes patrouillierten. Mir wurde klar, dies
hier war keine Ranch, sondern eine Festung.
El Fin del Mundo.
Die Ranch war so groß, dass wir von unserer Position aus
weder das Haupthaus noch irgendwelche Wirtschaftsgebäude
sahen. Und wie das Thema Sicherheit als Ganzes gelöst war,
konnte ich auch nicht sagen. Also konzentrierte ich mich auf die
Wachen am Tor. Das verdammte Ding konnte unter Strom
stehen. Aber auf jeden Fall bemerkte ich mehrere Kameras.
Ich reichte Andie das Fernglas, die es nervös hin und her
schwenkte. Ich war mir sicher, dass sie die Waffen im Wachturm nicht sah, sondern sich auf das Grundstück konzentrierte.
Mit einem resignierten Achselzucken gab sie mir das Fernglas
zurück.
»Hast du eine Ahnung, wie wir da reinkommen, Nick?«
Ich lehnte mich gegen einen Felsen, hob eine Hand voll Kies
auf und ließ ihn auf den Boden rieseln.
»Wir werden nicht reingehen.«
Auch am nächsten Tag beobachteten wir Cavellos Ranch von
dem schmalen Ziegenpfad aus, der etwa fünfhundert Meter
entfernt lag. Wir versteckten den Wagen, in den wir uns immer
wieder zum Schutz vor Kälte und Regen zurückzogen, ansonsten spähten wir nur hinüber zur Ranch und warteten.
Am dritten Tag war es endlich so weit.
Das Tor wurde geöffnet, und die Wachen im Turm erhoben
sich. Ich holte mir die Szenerie mit dem Fernglas heran.
In der Ferne erschienen am Ende der Straße zwei schwarze
Flecken. Ich sprang aus dem Wagen. »Nick? Was ist los?«,
fragte Andie.
Ich antwortete nicht, hielt nur das Fernglas auf die sich nähernden, einige hundert Meter entfernten Fahrzeuge gerichtet.
Zwei schwarze Range Rover. Die Wachen am Tor griffen zu
ihren Gewehren und gingen in Habachtstellung.
Die Range
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