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Patterson, James - Alex Cross 02 - Denn Zum Küssen Sind Sie Da

Patterson, James - Alex Cross 02 - Denn Zum Küssen Sind Sie Da

Titel: Patterson, James - Alex Cross 02 - Denn Zum Küssen Sind Sie Da Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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bewegt er sich wie ein stürmischer Winterwind. »Gehen wir hinein, Alex.« Ich hatte die Tür aufgemacht, saß aber noch im Auto. »Ich wohne hier. Ich gehe hinein, wenn mir danach zumute ist.« Mir war plötzlich nicht danach zumute. Auf meinem Nacken lag ein kalter Schweißfilm. Die Paranoia eines Kriminalpolizisten? Vielleicht, vielleicht auch nicht.
    »Sei ein einziges Mal im Leben nicht schwierig«, rief Sampson über die Schulter zurück.
    Ein langer, eisiger Schauer durchlief meinen Körper. Ich holte tief Luft. Beim Gedanken an das Ungeheuer in Menschengestalt, zu dessen Inhaftierung ich beigetragen hatte, bekam ich immer noch Alpträume. Ich befürchtete zutiefst, daß er eines Tages ausbrechen würde. Der Massenmörder und Kidnapper war schon einmal in der Fifth Street gewesen. Was zum Teufel war in meinem Haus los?
    Sampson klopfte nicht an der Vordertür, drückte auch nicht auf die Klingel, die an roten und blauen Drähten baumelte. Er latschte einfach hinein, als ob er dort wohnte. So ist es immer gewesen. Mi casa es su casa. Ich folgte ihm in mein Haus. Mein Junge Dämon stürzte in Sampsons ausgestreckte Arme, und John hob meinen Jungen hoch, als wäre er aus Luft. Jannie rannte auf mich zu, rief im Laufen: »Big Daddy.« Sie trug schon den Schlafanzug mit Füßchen, roch nach dem Bad nach frischem Talkum. Meine kleine Lady. In den großen braunen Augen stimmte etwas nicht. Bei ihrem Gesichtsausdruck erstarrte ich. »Was ist denn, mein Honigkuchenpferd?« fragte ich, als ich mich an Jannies glatte, warme Wange schmiegte. So schmusen wir beide oft. »Was hast du denn? Erzähl deinem Big Daddy, was du für Sorgen hast.«
    Im Wohnzimmer sah ich drei meiner Tanten, meine beiden Schwägerinnen, meinen Bruder Charles. Meine Tanten hatten geweint; ihre Gesichter waren verquollen und rot. Auch meine Schwägerin hatte geweint, und sie ist keine Frau, die ohne triftigen Grund weinerlich wird.
    Das Zimmer sah so klaustrophobisch aus wie bei einer Totenwache. Jemand ist gestorben, dachte ich. Jemand, den wir alle lieben, ist gestorben. Aber alle, die ich liebte, schienen anwesend zu sein. Nana Mama, meine Großmutter, hatte Kaffee aufgetischt, Eistee und außerdem kaltes Huhn, von dem offenbar niemand aß. Nana wohnt mit mir und den Kindern in der Fifth Street. Ihrer Meinung nach zieht sie uns alle drei groß.
    Nana war auf etwa einen Meter und fünfzig geschrumpft, als sie achtzig wurde. Sie ist immer noch der eindrucksvollste Mensch, den ich in der Hauptstadt unserer Nation kenne, und ich kenne die meisten eindrucksvollen Menschen – die Reagans, die Bushs und jetzt die Clintons.
    Meine Großmutter hatte beim Nachschenken trockene Augen. Ich habe sie selten weinen sehen, obwohl sie ein ungeheuer herzlicher, teilnahmsvoller Mensch ist. Sie weint nur nicht mehr. Sie sagt, sie hat nicht mehr viel Leben übrig und will es nicht mit Tränen vergeuden.
    Schließlich ging ich ins Wohnzimmer und stellte die Frage, die in meinem Kopf hämmerte. »Schön, daß ihr alle da seid – Charles, Cilla, Tante Tia -, aber könnte mir bitte jemand sagen, was hier los ist?«
    Alle starrten mich an.
    Ich hielt Jannie immer noch auf den Armen. Sampson hatte Dämon wie einen haarigen Football unter seinen massigen rechten Arm geklemmt.
    Nana sprach für die versammelte Gruppe. Ihre fast unhörbaren Worte durchbohrten mich mit einem heftigen Schmerz. »Es ist wegen Naomi«, sagte sie ruhig. »Scootchie ist verschwunden, Alex.« Dann begann Nana Mama zum ersten Mal seit Jahren zu weinen.
6. Kapitel
    Casanova schrie, und das laute Geräusch, das tief aus seiner Kehle aufstieg, verwandelte sich in ein krächzendes Geheul. Er stürzte durch den dichten Wald, dachte an die junge Frau, die er zurückgelassen hatte. An das Grauenvolle, das er getan hatte. Wieder.
    Ein Teil von ihm wollte zurück – die Frau retten – ein Akt der Barmherzigkeit.
    Jetzt schüttelten ihn Krämpfe aus Schuldgefühlen, und er lief immer schneller. Sein dicker Hals und seine Brust waren schweißüberströmt. Er fühlte sich schwach, seine Beine waren wie Gummi und unzuverlässig.
    Ihm war voll bewußt, was er getan hatte. Er brachte es nur nicht fertig, anzuhalten.
    Wie auch immer, es war besser so. Sie hatte sein Gesicht gesehen. Es war dumm, daß er geglaubt hatte, sie werde ihn je verstehen können. Er hatte die Angst und den Abscheu in ihren Augen gesehen.
    Wenn sie nur zugehört hätte, als er versuchte, mit ihr zu reden, richtig mit ihr zu reden.

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