Patterson, James - Alex Cross 02 - Denn Zum Küssen Sind Sie Da
Glock und ging vorsichtig durch die Jalousientür ins Haus. Im Wohnzimmer regte sich nichts. Das einzige Geräusch kam vom brummenden alten Kühlschrank in der Küche, der surrte wie ein Haufen Insekten.
»Kate!« schrie ich, so laut ich konnte. »Er ist hier! Kate! Kate! Er ist hier! Casanova ist hier!«
Ich stürzte durch das Wohnzimmer zum Schlafzimmer und riß die Tür auf.
Sie war nicht hier. Kate war nicht da, wo ich sie eben verlassen hatte. Ich schlich geduckt auf den Flur zurück. Plötzlich ging eine Schranktür auf. Eine Hand langte heraus und packte mich. Ich fuhr nach rechts herum.
Es war Kate. In ihrem Gesicht waren Entschlossenheit und nackter Haß. Ich sah keine Angst in ihren Augen. Sie legte einen Finger auf die Lippen. »Pst. Pst«, flüsterte sie. »Ich bin okay, Alex.«
»Ich auch. Bis jetzt.« Wir gingen auf die Küche zu, wo das Telefon stand. Die Polizei von Cape Hatteras mußte sofort kommen. Sie würde Kyle und das FBI verständigen.
Es war dunkel in dem schmalen Flur, und ich sah das Aufblitzen von Metall erst, als es zu spät war. Ein stechender Schmerz durchfuhr mich, als ein Pfeil in meine linke Brustseite einschlug. Es war ein Herzschuß. Perfekt abgegeben. Er hatte mich mit einer Betäubungspistole neuester Bauart getroffen. Ein gewaltiger Elektroschock ging durch meinen Körper. Mein Herz flatterte. Ich roch, wie mein Fleisch brannte. Ich weiß nicht, wie ich das schaffte, aber ich ging auf ihn los. Das ist das Problem bei Betäubungspistolen, sogar bei so teuren mit achtzigtausend Volt. Sie bringen einen kräftigen Mann nicht immer zur Strecke. Schon gar nicht einen Rasenden, der weiß, was er will. Ich hatte nicht genug Kraft übrig. Nicht genug für Casanova. Der bewegliche, starke Killer wich mir aus und schlug mir hart gegen den Hals. Er schlug mich ein zweites Mal und warf mich auf die Knie.
Dieses Mal trug er keine Maske. Ich sah zu ihm auf. Er trug jetzt einen dünnen Bart wie Harrison Ford am Anfang von Ein Mann auf der Flucht. Sein blondes Haar war glatt zurückgestrichen, jetzt länger und unordentlich. Er ließ sich etwas gehen. Trauerte er um seinen besten Freund?
Keine Maske. Er wollte, daß ich sah, wer er war. Schließlich war sein Spiel zerstört worden.
Hier war endlich Casanova. Ich hatte mit Davey Sikes gar nicht so schlecht gelegen. Ich war sicher gewesen, daß es jemand sein mußte, der etwas mit der Polizei von Durham zu tun hatte. Ich hatte das Gefühl gehabt, es sei jemand, der an dem Fall der Ermordung des Goldpaars mitgearbeitet hatte. Er hatte jedoch alle Spuren verwischt. Er hatte Alibis, die es unmöglich machten, ihn als Mörder zu überfuhren. Ich sah in das gelassene Gesicht von Detective Nick Ruskin. Ruskin war Casanova. Ruskin war die Bestie.
»Ich kann alles tun, was ich will! Vergiß das nicht, Cross«, sagte Ruskin zu mir. Er war in seiner Kunst so vollkommen gewesen. Er hatte ins Bild gepaßt, sich als Kriminalpolizist die bestmögliche Fassade geschaffen. Der Star der Gemeinde, der Held der Gemeinde. Derjenige, der am meisten über jeden Verdacht erhaben war.
Ruskin ging auf Kate zu, während ich hilflos dalag.
»Du hast mir gefehlt, Katie. Hab’ ich dir auch gefehlt?« Er lachte locker beim Sprechen. In seinen Augen stand jedoch Wahnsinn. Er war endgültig übergeschnappt. Lag es daran, daß sein Zwilling tot war? »Sag, hab’ ich dir gefehlt?« wiederholte er, als er mit der lähmenden Betäubungspistole in der Hand auf sie zukam. Kate antwortete nicht. Statt dessen ging sie auf ihn los. Sie hatte sich das schon so lange gewünscht.
Ein knallharter Tritt gegen Casanovas rechte Schulter schleuderte die Pistole aus Nick Ruskins ausgestreckter Hand. Der Tritt war ein Volltreffer, perfekt ausgeführt. Versetz ihm noch einen, dann raus mit dir, hätte ich Kate am liebsten zugerufen. Ich konnte noch nicht sprechen. Nichts kam heraus, als ich es versuchte. Schließlich gelang es mir, mich auf einen Ellbogen zu stützen.
Kate flog wie bei ihren Übungen am Strand. Casanova war kräftig und stark, aber Kates Kraft schien einer Wut zu entspringen, die seinem Wahnsinn gleichkam. Wenn er kommt, kämpfen wir, hatte sie einmal gesagt. Sie verschwamm vor meinen Augen, kämpfte perfekt. Noch besser, als ich es erwartet hatte. Den nächsten Schlag sah ich nicht. Sein Körper versperrte mir die Sicht. Dann sah ich, wie Nick Ruskins Kopf zur Seite ruckte und sein langes Haar in alle Richtungen flog. Seine Beine wackelten heftig. Sie hatte ihm weh
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