Patterson, James - Alex Cross 03 - Sonne, Mord und Sterne
»Begleitung« tausend oder fünfzehnhundert Dollar zu zahlen, als ihr erst umständlich den Hof zu machen und später die schmerzliche Trennung hinnehmen zu müssen.
Eigentlich war er heute Abend gut drauf. Er fühlte sich ausgeglichen, mit beiden Beinen auf der Erde, als er nun hinunter auf die Straße starrte. Er brauchte nur ein bisschen Gesellschaft, ein bisschen liebevolle Betreuung und problemlosen Sex. Alle drei Bedürfnisse würden in Kürze gestillt werden. Das hoffte er.
In gewisser Weise lebte Robinson immer noch in seiner Heimatstadt in Wichita im Jahr 1963 und war in der Abschlussklasse der High School. Seine damaligen Fantasien und Sehnsüchte waren ungestillt geblieben und brodelten immer noch in seinem Innern. Einen Unterschied gab es jedoch: Jetzt wusste er, was er wollte, und er würde es bekommen – ohne Mühe, Schuldgefühle oder Zähneknirschen.
Er blickte sich in der Suite um und beschloss, noch ein bisschen aufzuräumen, ehe die »Begleitung« eintraf. Er musste über seinen neurotischen Aufräumfimmel lächeln. Was war er doch immer noch für ein unglaublicher Bourgeois! Man kann den Jungen aus Kansas holen, nicht aber Kansas aus dem Jungen, dachte Michael Robinson.
Jemand klopfte zweimal kräftig an die Tür. Das Geräusch überraschte ihn. Die Agentur hatte gesagt, die Begleitung würde innerhalb einer Stunde kommen, was meist bedeutete: frühestens in einer Stunde.
»Kleinen Moment, bitte«, rief er. »Komme gleich. Einen Augenblick.«
Michael Robinson blickte auf die Armbanduhr. Die Begleitung war nach knapp dreißig Minuten eingetroffen. Nun, umso besser. Er war bereit für einen schnellen Fick und dann eine Nacht gesegneten Schlafs. Morgen früh sollte er mit dem Vorsitzenden des Nationalkomitees der demokratischen Partei frühstücken. Robinson sollte für die Demokraten Spendengelder lockermachen. Der Vorsitzende war ein Arschkriecher, aber das galt eigentlich für alle. Jeder wollte das, von dem er glaubte, dass er es nicht haben konnte. Und nicht jeder konnte Michael Robinson haben. Na ja, beinahe jeder.
Er spähte durch den Türspion. Gut, gut, gut! Ihm gefiel sehr, was er auf dem Flur sah. Selbst durch das Fischauge sah die »Begleitung« super aus. Rasch öffnete Robinson die Tür und schaltete automatisch sein Fünfzehn-Millionen-DollarLächeln-pro-Film ein.
»Hallo, ich bin Jasper«, sagte der gut aussehende junge Mann. »Ich freue mich sehr, Sie kennen zu lernen, Sir.«
Michael Robinson bezweifelte, dass der Bursche »Jasper« hieß. Er fand, dass ein Name wie Jake oder Cliff besser zu dem Callboy gepasst hätte. Er war einen Tick größer, als Robinson erwartet hatte, und vielleicht Mitte dreißig, aber mehr als akzeptabel. Eigentlich war er geradezu perfekt. Michael Robinson hatte bereits einen Steifen und sich mit Gleitcreme eingerieben. Bewaffnet und gefährlich nannte er diesen Zustand.
»Hallo! Wie geht’s uns denn heute Abend?« Der Schauspieler streckte die Hand aus und berührte leicht den Arm des Besuchers. Er wollte, dass »Jasper« merkte, dass er mit beiden Beinen im Leben stand, keine Allüren hatte und vor allem ein warmherziger Mensch war. Das alles traf tatsächlich auf ihn zu. Vor kurzem hatte USA Today eine Liste der »sympathischsten« Stars in Hollywood veröffentlicht. Robinson hatte draufgestanden, dank seinem Anwalt und Agenten, der sich überaus positiv über ihn geäußert hatte.
Jack setzte sein strahlendstes Lächeln auf, als er Michael Robinsons Luxussuite betrat. Er schloss die Tür hinter sich. Seiner Schätzung nach hatte er ungefähr eine halbe Stunde Zeit, ehe der Callboy von der Agentur eintraf. Das reichte.
Doch für alle Fälle behielt Jill die Eingangshalle des Willard im Auge, falls der männliche Prostituierte wider Erwarten früher erschien. Jill hatte unten alles im Griff. Was solche Details betraf, war sie hervorragend. Sie kümmerte sich um sämtliche Eventualitäten. Jill war super. Punktum.
»Ich bin ein großer Fan von Ihnen«, sagte Jack zu dem berühmten Hollywoodstar. »Ich habe Ihre Karriere von Anfang an verfolgt.«
Michael Robinson säuselte beinahe, was die männlichen – und weiblichen – Fans seiner romantischen Actionfilme schokkiert hätte. »Ach, wirklich, Jasper? Das höre ich immer sehr gern. Das finde ich ganz toll, wirklich lieb von dir.«
»Es stimmt wirklich. Ich schwöre es bei Gott.« Sam Harrison spielte seine Rolle weiter. »Übrigens heiße ich Jack. Jill ist unten in der Halle. Vielleicht
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