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Patterson James

Patterson James

Titel: Patterson James Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gruene Weihnacht
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Stelle
gelegen hatte.
    Ich fühlte mich wohler in meiner Haut. Mein Körper war ein
Ort, an dem ich sein wollte, ein Ort, nach dem ich lange Zeit
gesucht hatte, wahrscheinlich mein ganzes Leben lang.
    Obwohl es mir gelungen war, nicht darüber nachzudenken,
und ich alles getan hatte, um diese Erkenntnis kontinuierlich
zu vermeiden, wurde mir jetzt schlagartig klar, wie deprimiert
und beschämt ich schon seit langem war. Was ich für die übliche Portion Selbstzweifel und Bedauern über verpasste
Chancen gehalten hatte, entpuppte sich als ein Monster aus
Selbsthass, und in diesem Moment hatte mich das Untier, einfach so, aus seinem Würgegriff entlassen und war in das Unterholz Floridas entschwunden.
    Ich hielt mich nicht plötzlich für etwas Besseres, nur einfach
für genauso gut wie alle anderen. Ich hatte das Gefühl, neben
jeder x-beliebigen Person stehen und ihr ins Gesicht blicken zu
können. Wissen Sie, was ich meine? Ich hatte das Gefühl, atmen zu können.
    Ich ging zur Tafel mit den Ergebnissen hinüber, die über dem
Rasen vor dem Clubhaus in die Höhe ragte wie eine weiße
Ausgabe des Monolithen am Anfang von »2001: Odyssee im
Weltraum«. Ich las die Namen und Ergebnisse, die in einer
verschnörkelten, altmodischen Schrift untereinander angeschrieben standen, bis ich zu meinem eigenen kam, als achtem
von oben.
    Travis McKinley.
Du lieber Himmel, ich hatte es tatsächlich geschafft.
Golfer samt ihren Angehörigen stolperten noch immer um
das letzte Grün herum, benommen wie die Opfer eines Zugunglücks.
    Ganz ohne Zweifel gab es auf dieser Anzeigetafel mit den
Endergebnissen weit mehr Leichen als Überlebende. Vielleicht
würden sie sich ja eines Tages stolz daran erinnern, dass sie
überhaupt auf der Tafel gestanden hatten, dass sie nicht nur
nach Tallahassee gekommen waren, um ihrem Traum hinterherzujagen, sondern sich auch noch tapfer geschlagen hatten.
    Ich bezweifelte das. Manche Leute sagen, es zu versuchen sei
das Wichtigste, aber leider ist es nur der erste Schritt. Manchmal muss man die Gelegenheit beim Schopf packen und den
Sieg einstreichen. Und danach auf den Tischen tanzen. Und
außerdem, und das war auch mir jetzt endlich klar geworden,
sind die meisten Menschen echte Nieten, wenn es darum geht,
sich selbst zu trösten.
KAPITEL 18
»
S
agen Sie, Travis, was machen Sie eigentlich beruflich?« Seit
dreiundzwanzig Jahren war das die Frage, vor der mir am allermeisten graute. »Was machen Sie eigentlich so?«
    Ich arbeite für eine Werbeagentur. Ich bin Werbetexter. Ich
erfinde Slogans.
Es gibt weiß Gott schlimmere Jobs als Werbetexter. Und falls
Sie genau das machen wollen – nur zu! Aber was mich angeht,
so hat diese unvermeidliche Antwort mir zweieinhalb Jahrzehnte lang permanent die Laune verdorben.
Jetzt aber konnte ich es kaum erwarten, dass jemand mich
fragte, wer ich war und was ich beruflich machte.
»Sagen Sie, Travis, was machen Sie eigentlich beruflich?«
»Ich bin Golfprofi.«
»Im Ernst?«
»Jawohl.«
»Sie unterrichten?«
»Nein, mein Lieber, ich lerne. Ich bin Golfspieler. Ich bin
Golfprofi auf der Senior Tour.«
Auf dem Parkplatz gab es ein Münztelefon, und während der
Halbmond in der lauen Nacht am Himmel auftauchte, machte
ich mich mit wild klopfendem Herzen an meinen Anruf.
»Sarah«, sagte ich, kaum dass sie den Hörer abgenommen
hatte, »was bin ich?«
»Wovon redest du?«, fragte sie. »Rufst du aus Florida an?«
»Was bin ich, Sarah?«, fragte ich erneut, jetzt beinahe schreiend. »Was bin ich?«
Die Leute, die sich um mich herum tummelten, waren zu sehr
mit ihrem eigenen Elend beschäftigt, um mein erregtes Fragen
auch nur im Geringsten sonderbar zu finden, und vielleicht traf
das auf Sarah irgendwie genauso zu. Mir wurde mit einem
plötzlich aufwallenden Gefühl von Einsamkeit klar, dass Sarah
nicht die leiseste Ahnung hatte, wovon ich sprach, und nicht
einmal genau wusste, weshalb ich eigentlich anrief.
»Du bist ein Spinner«, entgegnete Sarah schließlich mit dem
vertrauten Hauch eines Lächelns in ihrer Stimme. »Und ich
schätze, du bist außerdem ein ganz annehmbarer Vater.«
»Ich platze einfach vor Aufregung, Sarah, ich sage dir jetzt,
was ich bin«, fuhr ich fort und schaute dabei zu dem verloren
dahängenden Mond hoch. »Ich bin Golfprofi.«
»Du hast es geschafft?«, rief sie baff vor Staunen.
»Ich hab’s geschafft. Ich bin Achter geworden. Ich habe ein
Jahr lang einen Platz in jedem Senioren-Turnier der Profis.«
»Herzlichen Glückwunsch«, sagte

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