Patty Janes Frisörsalon
»Wie wärâs mit einem saftigen Stratoburger?«
Das Airloha stand am Rand der 34. Avenue, auf der StraÃenseite gegenüber den Hangars des Page-Flughafens. Eine holzgeschnitzte Palme ragte hinter dem flachen weiÃen Bau in die Höhe. Ihr Anstrich war von der Sonne aufgeplatzt und teilweise abgeblättert. Ein halbes Dutzend Lautsprecher säumte die halbkreisförmige Auffahrt.
Reese legte den Leerlauf ein, und er und Harriet lasen die drei Meter hohe Speisekarte auf einer Holztafel.
»Willkommen im Airloha«, lautete die Ãberschrift, »Heimat der berühmten Stratoburger«.
Reese kurbelte das Fenster ein Stück herunter. Kühle Luft wehte herein.
»Was kann ich für Sie tun? Ihr Wunsch ist uns Befehl«, klang Noras Stimme kratzig durch den Lautsprecher.
»Deine Mutter sagt, du nimmst nicht gern Befehle entgegen«, sagte Reese.
Ãber das Auto vor ihnen hinweg sahen Harriet und Reese Nora zu ihnen hinausschauen.
»Onkel Reese â Tante Harriet â Hallo!«
»Wann bist du hier fertig, Schatz?« fragte Harriet.
Nora sah auf ihre Uhr. »Ãh â ziemlich bald.«
»Gut. Wir warten auf dich.«
»Aber â«
Reese beugte sich zum Lautsprecher. »Und wir nehmen zwei Stratoburger mit allem â und eine normale Cola und â« Er sah Harriet an.
»Und eine mit Zimt«, sagte Harriet.
Nora schob ihnen das Bestellte auf einem Tablett hinaus. »Ich bin in zehn Minuten fertig«, sagte sie, jeden Blickkontakt vermeidend.
Sie parkten auf der anderen Seite des Anwesens, wo ein paar Bänke und eine Gruppe Birken standen. Harriet tränten die Augen von ihrer Zimtcola, und sie tat so, als schmeckten ihr der Hamburger und die Fritten.
Reese hatte eine Woche, nachdem Harriet die Diagnose bekommen hatte, zu rauchen aufgehört, und Harriet war es nun unmöglich, vor ihm oder irgendeinem anderen Menschen zu rauchen, ohne sich zu schämen und schuldig zu fühlen. Dabei lechzte sie gerade in diesem Moment nach einer Zigarette.
»Puh, ist das naà da drauÃen«, sagte Nora, als sie hinten ins Auto einstieg. Ihre weiÃe Bluse klebte feucht an ihren Schultern. »Also, was macht ihr beiden denn hier drauÃen?«
Das ist meine Nora, dachte Harriet. Immer gleich zur Sache. Sie legte ihren Arm auf die Rückenlehne.
»Ich hab dich vermiÃt.«
»VermiÃt?« Nora wurde rot und sah zum Fenster hinaus. »Wieso? Ich bin doch da.«
Harriet sagte: »Nora, ich weiÃ, daà du mir aus dem Weg gehst, und ich nehme es dir nicht übel â so was macht groÃe Angst. Aber ich möchte noch ein biÃchen Zeit mit dir verbringen, bevor â«
»Bevor du stirbst?« Noras Worte hingen wie eine Sturmwolke in der Luft.
»Reese, Schatz, bist du fertig? Wenn ja, könnten wir doch einfach ein biÃchen rumfahren, ja?«
Sie fuhren am Bossen-Baseballplatz vorbei, der voller Pfützen war, und zur anderen Seite des Nokomis-Sees hinüber. Keiner sprach.
SchlieÃlich holte Harriet tief Atem. »Du bist böse auf mich, stimmtâs?« Sie spürte Noras Achselzucken hinten auf dem Rücksitz. »Ich habe mir die Krankheit nicht ausgesucht, Nora.«
»Ach, es steht doch schon seit langem fest, daà Rauchen ungesund ist.« Noras Stimme war laut.
»Seit zwei Jahren weià man das. Und da war es bei mir längst eine Sucht.« Harriet drehte an ihrem Ehering. »AuÃerdem weià keiner mit Sicherheit, ob der Krebs bei mir durch die Zigaretten verursacht worden ist.«
Noras Stimme hatte einen aggressiven Unterton. »Na klar. Vielleicht warenâs ja die Streichhölzer.«
Reese fuhr die regennasse UferstraÃe am See entlang. Harriet sah ihn hilfesuchend an, aber er spreizte nur die Finger am Lenkrad, eine Geste, die sagen sollte: »Frag mich nicht.«
Sie versuchte es anders. »Wenn ich es nicht schaffe, möchte ich, daà du meine Harfe bekommst.« Sie blickte in den Rückspiegel, um Noras Reaktion sehen zu können. »Die Trompete natürlich auch; sie ist viel besser als deine alte Schultrompete â aber nimm auch die Harfe. Ich glaube, du würdest es schnell lernen.«
Nora saà reglos, mit zusammengebissenen Zähnen.
»Und kümmre dich um Patty Jane. Ich weiÃ, für sie wird es sehr schwer werden â«
»Tante Harriet!« Nora warf sich nach vorn und umklammerte
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