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Paul Flemming 02 - Sieben Zentimeter

Titel: Paul Flemming 02 - Sieben Zentimeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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nicht halb so toll!«
    Paul musste lachen. »Dennoch«, sagte er, wobei sein Blick auf Jungkuntz’ gepflegte, schmale Hände fiel. Am Handgelenk trug er eine zierliche, teuer aussehende Uhr mit hellbraunem Krokodillederarmband. »Sie vertreten einen sehr bedeutenden Verband mit vielen einflussreichen Mitgliedern. Sie müssen doch konkretere Ziele verfolgen.«
    »Das gefällt mir«, sagte Jungkuntz, wobei sich in seine zuvorkommende Art ein Hauch von Überheblichkeit einschlich. »Sie sind ein kritischer Geist. Sie wollen genau wissen, mit wem Sie zusammenarbeiten. Aber ich versichere Ihnen, wir planen keine Weltrevolution. Und – wie gesagt – die Forderung nach dem Bundesland Franken ist ein alter Hut.«
    Er rutschte in seinem Stuhl erst nach links, dann wieder nach rechts. »Natürlich haben einige noch immer diesen Traum von der Ostverschiebung der Oder-Neiße-Linie, doch realistisch betrachtet wäre für uns schon viel gewonnen, wenn ein paar mehr Franken im bayerischen Kabinett sitzen würden.«
    »Dort haben wir zurzeit doch zumindest einen sehr starken Mann«, warf Paul ein.
    Jungkuntz lächelte. »Momentan ist die fränkische Sache in München tatsächlich gut vertreten.« Dann erhob er sich, schob seinen Schlips zurecht und streckte Paul seine Hand entgegen. »Ich denke, wir werden bald den einen oder anderen Auftrag für Sie haben. Lassen Sie mir ein paar themenbezogene Arbeitsproben zukommen, und wir gehen dann ins Detail.«
    Jungkuntz begleitete Paul zurück ins Foyer, wo sich Paul eine Bemerkung über die großzügige Ausstattung des Verwaltungsbaus nicht verkneifen konnte: »Ihre Gönner lassen sich die Institution einiges kosten.«
    Jungkuntz’ freundliche, warme Stimme nahm einen unterschwellig gereizten Ton an: »Wir wirtschaften sehr sparsam. Aber mit der Repräsentanz darf man nicht knausern. Schauen Sie sich an, wie die Münchner in ihrer Staatskanzlei mit Glas und Stahl geprasst haben.«
    Da musste Paul zustimmen.
    »Außerdem haben wir hohe Unkosten durch Druckerzeugnisse, Ausstellungen, Werbeauftritte und nicht zuletzt durch freie Mitarbeiter wie Sie, Herr Flemming«, fügte Jungkuntz schneidend hinzu.
    Paul verstand sehr wohl, verabschiedete sich noch einmal freundlich, winkte der repräsentativen Empfangsdame zu und verließ das schmucke Domizil der Heimatfreunde.
     
    Im Vergleich zur klimatisierten Luft in dem Gebäude war es draußen noch immer unerträglich heiß. Paul hielt kurz inne, um sich an die Hitze zu gewöhnen. Für eine erste Kontaktaufnahme war das Gespräch erfolgreich verlaufen, fand Paul, zumal für einen kurzfristigen Termin am späten Freitagnachmittag. Nur Blohfeld würde wahrscheinlich enttäuscht sein, dass er nicht gleich versucht hatte, mehr über Wiesinger und sein Verhältnis zum Heimatbund herauszufinden. Paul wandte sich dem Baum zu, an den er sein Fahrrad gelehnt hatte.
    Im ersten Moment glaubte er, dass es sich nicht um sein Rad handeln konnte, das er auf dem Asphalt der Straße liegen sah. Da aber kein zweites Fahrrad in der Nähe war und zumindest die dunkelblaue Metallicfarbe Paul an sein eigenes Rad erinnerte, musste er den Tatsachen ins Auge sehen.
    Er trat langsam näher und betrachtete ungläubig die platt gewalzte Ansammlung von Aluminiumrohren, verbogenen Speichen, dem aufgeplatzten Sattel und Splittern von Vorder- und Rücklichtern. Paul ging in die Hocke und hob den traurigen Rest seiner Klingel auf. Was, um alles in der Welt, war hier vorgefallen? Paul schaute sich nach allen Seiten um. Doch die Straße war leer, und die Pegnitz gurgelte genauso friedlich und sanft vor sich hin wie zuvor. Die Sonne brannte auf Pauls Kopf, als er sich erhob und den Schlamassel mit mehr Abstand betrachtete: Es war eindeutig zu erkennen, dass hier nicht bloß ein paar Rowdys am Werk gewesen waren. Jemand musste Pauls Fahrrad vorsätzlich auf den Boden gelegt haben und anschließend mit einem Liefer- oder sogar Lastwagen darübergefahren sein. Wahrscheinlich sogar mehrmals vorwärts und rückwärts, so sehr war der Rahmen verbogen.
    Er dachte darüber nach, die Polizei zu verständigen. Doch das war nur ein sehr kurzer Gedanke, denn er konnte sich ausmalen, dass eine Anzeige gegen unbekannt nicht viel bewirken würde. Und versichert war sein Rad sowieso nicht.
    Paul sah hinüber zur Zentrale der Heimatfreunde. Durch die Glasfront des Portals hätte die Empfangsdame eigentlich sehen müssen, was draußen vor sich gegangen war. Aber sie hatte nicht mal mit der Wimper

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