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Paul Flemming 02 - Sieben Zentimeter

Titel: Paul Flemming 02 - Sieben Zentimeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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mit den Deutschen.«
    »Sie kommt aus Grimaud«, sagte Hannah, als würde die Erwähnung dieses Ortsnamens alles erklären.
    Auf Pauls fragenden Blick hin erläuterte Antoinette: »Ein kleines Örtchen auf einem Hügel über der Bucht von St. Tropez.«
    »An der Côte d’Azur«, mischte sich Hannah erneut ein.
    »Ich weiß, wo St. Tropez liegt«, sagte Paul mit einem Anflug von Verärgerung. Hannah trat schmollend einen Schritt zurück.
    »Dort sind im Sommer viele Touristen«, erklärte Antoinette freundlich, »und vor allem viele deutsche Touristen«, redete sie weiter und ließ – das nahm Paul deutlich wahr – den südfranzösischen Akzent jetzt stärker durchklingen. Sie lächelte abermals.
    Paul freute sich über diese Avancen, die ihm durchaus schmeichelten. Seine eigenen Gefühle hatte er trotz der sommerlichen Temperaturen allerdings gut im Griff und dachte gar nicht daran, seinen Hormonhaushalt von diesem jungen Ding durcheinanderbringen zu lassen.
    Hannah hielt ihn wohl für weniger diszipliniert und selbstbeherrscht, denn sie sagte: »Ich glaube, Herr Flemming muss jetzt schleunigst nach Hause. Er muss sicherlich noch arbeiten.« Dann grinste sie ihn böse an. »Wenn Sie Antoinette mal wieder sehen wollen, können Sie sie ja zu Ihrem vierzigsten Geburtstag einladen.«
    »Vierzig werden Sie schon?«, fragte Antoinette und tat erstaunt. Sie griff erneut nach Pauls Hand, und nun wurde die Sache für ihn allmählich doch etwas heikel. Antoinette strich über seine Handfläche und strahlte. »Sie sind ein Typ wie der Delon. Dem merkt man sein Alter auch nicht an. Das liegt am Charisma.« Sie hielt seine Hand ganz dicht vor ihr Gesicht. So nahe, dass er ihren warmen Atem spürte. »Nur die Hände verraten einem das wahre Alter. Die Tiefe der Lebenslinien …«, sagte sie und entließ seine Hand endlich aus ihrer zarten Umklammerung.
    »Okay, jetzt langt’s.« Hannah schien innerlich zu kochen, und Paul hatte nicht vor, sie ohne wirklichen Grund herauszufordern.
    Er verabschiedete sich höflich und setzte sich wieder auf sein Fahrrad, bis Antoinette ihm ein Stück hinterherlief und ihn nochmals auf den Zeitungsjob ansprach. Paul willigte ein, bei Blohfeld ein gutes Wort für sie einzulegen.
    Er ließ sich die leichte Anhöhe des Villenviertels hinabrollen und amüsierte sich im Nachhinein über die schmeichelhafte Begegnung mit Hannahs Freundin und ihre Reaktion darauf. Sein Bedürfnis nach Pizza Rucola war mittlerweile allerdings dem aufkeimenden Pflichtgefühl gewichen. Schließlich wartete genug Arbeit auf ihn, dachte Paul, als er in den Weinmarkt einbog und sein Fahrrad ins angenehm kühle Treppenhaus seines Wohnhauses schob: Er musste die Tatortfotos aus der Wiesinger-Villa so schnell wie möglich bearbeiten und in die Redaktion mailen. Er würde eine Nachricht für Blohfeld beifügen und ihm darin eine französische Praktikantin wärmstens ans Herz legen.

5
    Das Knoblauchsland duftete. Paul saß tief zurückgelehnt auf dem Beifahrersitz und ließ sich bei geöffnetem Fenster die Loher Hauptstraße entlangfahren. Er atmete die morgendliche Sommerluft in vollen Zügen ein. Während er die Felder an sich vorbeiziehen sah, erschnupperte er erst den charakteristischen Geruch von Sellerie, dann von Lauch, Fenchel, einen Hauch von Dill und ein bisschen Rettich. Es waren die Aromen einer ganzen Gemüseküche, und Paul genoss das ländliche Ambiente so nahe vor den Stadtmauern Nürnbergs.
    »Ein herrlicher Morgen«, stimmte Jan-Patrick in Pauls Wohlgefühl ein, während er seinen klapprigen Kastenwagen in eine schmale Stichstraße steuerte. Der Besitzer und Küchenmeister des Altstadtlokals Goldener Ritter strahlte Paul über seine braun gebrannte Rübennase hinweg aus unternehmungslustigen dunklen Augen an.
    Paul ließ den Arm aus dem Fenster baumeln und vom milden Fahrtwind streicheln. Er beobachtete einen betagten Traktor, der im Schneckentempo über einen Acker kroch. Am Heck war ein ausladendes Holzbrett befestigt, auf dem drei Erntehelferinnen hockten und in gebückter Haltung Radieschen rissen. »Es ist schön, dass ich dich auf deiner Shoppingtour begleiten darf«, sagte er. »Was wird denn auf deiner Tageskarte stehen?«
    Der Koch runzelte nachdenklich die Stirn. »Die Leute wollen bei diesen Temperaturen etwas Erfrischendes. Aber ich möchte ihnen keine kulinarischen Langweiler wie Grünkernkaltschale oder angefrorene Gurkensuppe servieren.« Der Kastenwagen donnerte über den staubigen Asphalt, und

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