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Paul Flemming 03 - Hausers Bruder

Titel: Paul Flemming 03 - Hausers Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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du eine Stunde früher gekommen, hätte ich dir den Renner des Abends, sauer mariniertes Karpfenfilet mit Olivenöl und Milchschaum, kredenzen können.«
    »Ist wohl schon aus, was?«, folgerte Paul.
    Der Küchenmeister nickte. »Natürlich«, sagte er selbstzufrieden. Dann schürzte er die Lippen und blickte Paul gutmütig über seine Rübennase hinweg an: »Aber ich kann dir ein fränkisches Omelett machen. Einfach, aber delikat. Und dazu einen guten roten Franzosen? Komm mit in die Küche. Dann können wir reden, während ich für dich arbeite, und Marlen darf Feierabend machen.«
    Paul folgte seinem Freund in die Küche, wo noch ein Rest der köstlichen Aromen von Jan-Patricks Gerichten in der Luft hing. Prompt lief Paul das Wasser im Mund zusammen, obwohl er doch schon früher am Abend gegessen hatte.
    Dann begann er zu erzählen. Von Henlein, Hauser und Feuerbach, von dem Toten im Germanischen Nationalmuseum, von »Spuerhund«, von Henleins Medaillon mit der Lilie und dem Schwert, das ebenfalls von einer Lilie geziert wurde. Es war ein konfuses Aufzählen von Einzelereignissen und Eindrücken, das für seinen Zuhörer ganz sicher keinen erkennbaren Zusammenhang ergab. Doch Jan-Patrick unterbrach ihn nicht, er kümmerte sich um die Zubereitung der späten Mahlzeit und hörte ihm zu.
    Es war das Omelett, das Paul schließlich zum Schweigen brachte. Dampfend und duftend lag es in der Pfanne. Erwartungsvoll beugte sich Paul über den Herd: Das Omelett war locker und goldgelb.
    Jan-Patrick verfolgte seine gierigen Blicke: »Diese Farbe bekommst du nur mit den Dottern der Eier von Freiland-Hühnern zustande. Die hier sind von meinem Bio-Bauern in Hemhofen.«
    Mit unglaublicher Geschicklichkeit wendete er das Omelett in der Pfanne. Paul wollte noch weiter über Henlein erzählen, doch der Koch unterbrach ihn, indem er die Hand hob:
    »Jetzt nicht, Paul«, sagte er mit konzentriertem Blick auf die Pfanne. »Für die richtige Konsistenz eines fränkischen Omeletts ist der Küchenmeister höchstpersönlich verantwortlich, und dazu braucht es Konzentration: Ich muss den Moment abpassen, in dem es gerade fest zu werden beginnt, so dass es nicht mehr in der Pfanne zerläuft, aber trotzdem leicht auf deiner Zunge zergeht.«
    »Das hast du schön gesagt«, sagte Paul, der seinen Blick nicht mehr von der goldgelben Köstlichkeit wenden konnte, die endlich auf seinen Teller glitt.
    Zusammen saßen sie wieder an dem kleinen Tisch neben der Küchentür. Während es sich Paul schmecken ließ, konnte er wieder Jan-Patricks Interesse für die Henlein-Sache gewinnen. »Ich habe den Verdacht, dass der ungeklärte Mord an Kaspar Hauser Folgen hat, die bis in die heutige Zeit reichen«, sagte er genüsslich schmatzend. »So ließe sich auch der Tod Henleins erklären, wenn der doch kein Unfall gewesen sein sollte. – Und womöglich hätten wir damit auch den Grund für die Ermordung des Museumsmitarbeiters gefunden.«
    »Aber, Paul!«, bremste ihn Jan-Patrick. »Es ist schon spät, und die Fantasie geht mit dir durch. Du weißt nicht einmal sicher, ob Henlein überhaupt ermordet wurde. Ich bin zwar vollkommen deiner Meinung, aber alle anderen sprechen von einem Unfall. Und – wenn ich dich daran erinnern darf – bis gestern hast du es selbst noch getan. Du wirst kaum gegenteilige Beweise finden. Was den Toten im Museum anbelangt: Gut, er wurde mit einem Schwert getötet, auf dem eine Lilie eingraviert ist. Daraus kannst du meinetwegen eine Parallele zu Henleins Medaillon ziehen, aber einen Zusammenhang mit dieser Hauser-Geschichte kann man deswegen noch lange nicht erkennen.«
    »Das ist tatsächlich ein Schwachpunkt«, gab Paul kleinlaut zu, spießte mit seiner Gabel die letzten Reste des herrlichen Omeletts auf und nahm einen großen Schluck vom Wein.
    »Eben drum«, sagte der Koch und klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. »Finde dich damit ab, dass Henlein offiziell ein Unfallopfer bleibt und gönne seiner Witwe ein paar angenehme Jahre mit dem Geld seiner Lebensversicherung und der Witwenrente. Und die andere Angelegenheit wird sich sowieso bald aufklären: Mord aus Notwehr.«
    »Bitte?« Paul sah ihn überrascht an.
    »Na ja«, schmunzelte der Wirt, »jemand fand wohl den Eintrittspreis des Museums zu hoch.«
    Beide lachten, und mit einem Mal fühlte sich Paul so unbeschwert wie schon seit fünf Tagen nicht mehr.
    Jan-Patrick ergriff die Gelegenheit, das Gespräch zurück auf kulinarische Themen zu lenken: »Wenn ich

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