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Paul Flemming 03 - Hausers Bruder

Titel: Paul Flemming 03 - Hausers Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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dem GNM ins Spiel käme«, ergänzte Paul leise, und ein Knoten löste sich in seinem Kopf. »Darauf hätte ich eigentlich längst selbst kommen können.«
    »Fürs logische Denken haben Sie ja mich.« Hannah grinste ihn an. »Sie sehen also, dass es zwischen dieser Hauser-Sache und den Todesfällen nicht unbedingt eine klare Verbindung geben muss. Es können auch zwei Paar Schuhe sein, deren Wege sich eher zufällig gekreuzt haben.«
    »Zufällig gekreuzt«, wiederholte Paul, »dann frage ich mich allerdings, wer sich so sehr an Henleins persönlicher Ahnenforschung gestört hat, dass er deswegen zum Mörder wurde.«
    »Dieses Rätsel zu lösen, überlasse ich gern wieder Ihnen«, sagte Hannah und machte auf dem kleinen Tisch Platz für den Nachtisch, den Marlen gerade servierte. »Ich jedenfalls habe mir jetzt etwas Süßes verdient.«
    Paul schob Hannah auch seinen Teller über den Tisch. »Dann nimm doch gleich die doppelte Portion.« Er rückte seinen Stuhl zurück, stand auf und legte ein paar Geldscheine auf den Tisch, während er erklärte: »Ich muss dich jetzt leider verlassen. Mir kribbelt es in den Fingern, deine Theorie zu beweisen – oder aber, sie zu verwerfen.« Er grinste. Das erste Mal seit Langem.
    »Oh«, sagte Hannah schmatzend, »danke vielmals. Jederzeit gern wieder zu Diensten.«
    27
    Nicht ohne Grund hatte es Paul eilig. Es war Freitagnachmittag, und Behörden schlossen an diesem Tag gerne früh. Er hatte sich in den Kopf gesetzt, dem Rätsel des Wappens endgültig auf den Grund zu gehen. War Henlein tatsächlich ein Spross der Patrizierfamilie von Buchenbühl gewesen? Und hatte Hannah recht mit ihrer Annahme, dass der Wappenforscher Dr. Sloboda ihm beim Nachweisen dieser familiären Bande geholfen hatte?
    Es waren gewagte, spontan ersonnene Äußerungen von Hannah gewesen, doch Paul konnte nicht umhin, sie als durchaus schlüssig in Betracht zu ziehen. Zumal ähnliche, unausgesprochene Gedanken auch in ihm selbst bereits gegoren hatten.
    Paul meinte, einen sicheren Weg zu kennen, um die Angelegenheit klären zu können. Statt seines Renaults nahm er sein Rad, denn vom Weinmarkt bis zum Marientorgraben war es – auf direktem Weg quer durch die Altstadt – nur ein Katzensprung.
    Sein Ziel, das Stadtarchiv, war in einem aus Beton gegossenen, architektonischen Albtraum der frühen achtziger Jahre untergebracht. Ursprünglich als Kunsthalle gebaut, wurde es später dann als Stadtarchiv und von der Naturhistorischen Gesellschaft genutzt.
    Als er eintrat, beschlich ihn das ungute Gefühl, unsichtbar zu sein. Auf dem Flur kamen ihm mehrere Männer und Frauen entgegen, niemand sagte etwas. Schließlich sprach Paul eine dürre Frau mit graublondem Haar an, die gerade dabei war, sich ihren Mantel überzuziehen:
    »Entschuldigen Sie bitte: Patrizierfamilien – haben Sie dazu irgendwelche weiterführenden Informationen?«
    Die dürre Dame drehte sich überrascht zu ihm um, sah auf ihre Armbanduhr und sagte dann mit vorwurfsvoller Stimme: »Mein Herr, es ist Freitagnachmittag! Um diese Zeit haben wir überhaupt keine Informationen mehr, weder zu Patriziern noch zu anderen Themen.« Dann setzte sie doch noch ein einigermaßen freundliches Gesicht auf und sagte: »Schauen Sie doch am Montag vorbei und wenden sich dann an Herrn Dittrich, dritter Stock. Der kannte jeden Patrizier dieser Stadt persönlich.« Sie erwartete wohl ein Lachen, doch bis Paul den Witz begriffen hatte, war seine magere Gesprächspartnerin bereits mit einem Abschiedsnicken verschwunden.
    Am Montag? Das würde bedeuten, dass Paul ein ganzes Wochenende mit jeder Menge Fragezeichen in seinem Kopf vor sich hatte. Die Henlein-Sache brannte ihm immer stärker unter den Nägeln, weshalb er es nicht einsehen wollte, vertröstet zu werden.
    Also setzte er seinen Weg fort und gelangte über ein quadratisches Treppenhaus, in dem eine großformatige historische Stadtansicht hing, ins dritte Obergeschoss. Neben den Zimmertüren waren praktischerweise die Namen der Mitarbeiter des jeweiligen Büros angebracht. Paul ging von Tür zu Tür und las die Schilder. Den Namen Dittrich fand er allerdings nicht. Hatte ihn die Dürre auf den Arm genommen?
    Am Ende des Gangs traf Paul auf eine Putzfrau, die ihm mit einem Wagen voller Müllsäcke und Reinigungsutensilien entgegenkam.
    »Verzeihen Sie«, sagte er höflich, »wissen Sie, ob hier ein Herr Dittrich arbeitet?«
    »Diiiitrig?«, fragte die Frau in gebrochenem Deutsch. »Sähr netter Härrr. Sähr

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