Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pauline Reage - Geschichte der O

Pauline Reage - Geschichte der O

Titel: Pauline Reage - Geschichte der O Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
Vom Netzwerk:
den sie so stolz war.
    O war noch nie im Süden gewesen. Der stetig blaue Himmel, das Meer, das sich kaum bewegte, die regungslosen Pinien unter der hohen Sonne, alles erschien ihr leblos und feindlich. »Keine richtigen Bäume«, sagte sie traurig vor den duftenden Gehölzen voller Maulbeerbäumen und Zimtrosen, wo alle Steine, alle Moose, sich lauwarm anfühlten. Das Meer riecht nicht nach Meer, sagte sie auch. Sie warf ihm vor, nichts als ein paar häßliche, vergilbte Algen an den Strand zu spülen, die wie Mist aussahen, zu blau zu sein, das Ufer stets an der gleichen Stelle zu belecken. Aber im Garten der Villa, eines umgebauten ehemaligen Gehöfts, war man weit vom Meer.
    Rechts und links schützten hohe Mauern vor den Nachbarn; der Dienertrakt ging auf der anderen Seite zur Einfahrt und die Gartenseite, wo Os Zimmer im ersten Stock direkt auf die Terrasse führte, lag nach Osten. Die Wipfel der hohen, dunklen Lorbeerbäume reichten bis an die Hohlziegel, die die Einfassung der Terrasse bildeten; eine Schilfwand hielt die Sonne im Süden ab, der Boden war mit den gleichen roten Fliesen belegt wie das Zimmer. Mit Ausnahme der Wand zwischen Os Zimmer und dem Sir Stephens - es war die Rückwand eines großen Alkovens, der vom übrigen Raum durch einen Mauerbogen und eine Art Barriere getrennt war, ähnlich einem Treppengeländer, mit gedrechselten Holzsprossen - waren alle Wände weiß gekalkt. Die dicken Teppiche auf den Fliesen waren aus weißer Baumwolle, die Vorhänge aus gelb und weißem Leinen. Es gab zwei Sessel, mit dem gleichen Leinen bezogen und blaue, dreifach zusammengelegte Faltmatratzen.
    Das Mobiliar bestand nur aus einer sehr schönen, bauchigen Nußbaum-Kommode im Regence-Stil und einem sehr langen, schmalen Bauerntisch aus hellem Holz, der spiegelblank gescheuert war. O hängte ihre Kleider in einen Garderobenschrank. Die Kommodenplatte diente ihr als Frisiertisch.
    Die kleine Natalie war im Nebenzimmer untergebracht und morgens, wenn sie wußte, daß O auf der Terrasse ihr Sonnenbad nahm, kam sie zu ihr und legte sich neben sie. Sie war ein sehr weißes kleines Ding, rundlich und doch zart, ihre Augen waren schräg geschnitten, wie die ihrer Schwester, aber schwarz und glänzend, wodurch sie wie eine Chinesin aussah. Ihr schwarzes Haar lag in dichten Fransen über den Brauen und war im Nacken gerade geschnitten. Sie hatte kleine, bebende Brüste und kindliche, kaum gerundete Hüften. Auch sie hatte O durch Zufall gesehen, als sie auf die Terrasse hinausgelaufen war, wo sie ihre Schwester vermutete und wo O allein bäuchlings auf einer Faltmatratze lag. Doch was Jacqueline abgestoßen hatte, machte sie vor Verlangen und Neid fast verrückt; sie befragte ihre Schwester. Die Antworten, mit denen Jacqueline auch ihr Ekel einflößen wollte - sie erzählte der Kleinen, was O ihr selbst erzählt hatte - änderten nichts an Natalies Erregung, im Gegenteil. Sie hatte sich in O verliebt.
    Es gelang ihr, dieses Geheimnis über eine Woche lang für sich zu behalten, dann richtete sie es am Spätnachmittag eines Sonntags so ein, daß sie mit O allein war. Es war weniger heiß gewesen als sonst. Rene, der am Vormittag lang geschwommen war, schlief auf dem Sofa eines kühlen Zimmers im Erdgeschoß, Jacqueline, die es kränkte, daß er lieber schlafen wollte, hatte O in ihrem Alkoven aufgesucht. Meer und Sonne hatten sie bereits tief gebräunt: Haar, Brauen, Wimpern, das Vlies ihres Schoßes, die Achselhöhlen schienen silbrig überpudert zu sein und da sie nicht geschminkt war, hatte ihr Mund das gleiche Rosa wie die Muschel ihres Schoßes.
    Damit Sir Stephen - dessen unsichtbare Gegenwart sie, so sagte sich O, an Jacquelines Stelle geahnt, gefühlt, erraten hatte - sie in allen Einzelheiten sehen konnte, hatte O ihr absichtlich mehrmals die Beine hochgeschlagen und sie bei voller Beleuchtung auseinandergehalten: sie hatte die Nachttischlampe angezündet. Die Jalousien waren heruntergelassen, das Zimmer war trotz der Lichtstrahlen, die durch die schlecht gefugten Latten drangen, fast dunkel. Jacqueline stöhnte fast eine Stunde lang unter Os Liebkosungen und begann schließlich laut zu schreien, wobei sie mit starren Brüsten und nach hinten gereckten Armen die beiden Hände um die Holzstangen krampfte, die das Kopfteil des italienischen Bettes bildeten, während O die von blassem Haar gesäumten Hügel auseinanderzog und die Zähne langsam in die Fleischkuppe preßte, wo sich zwischen den Schenkeln die

Weitere Kostenlose Bücher