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Pausenbrot und Pradatasche: Roman (German Edition)

Pausenbrot und Pradatasche: Roman (German Edition)

Titel: Pausenbrot und Pradatasche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niamh Greene
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eben ein ausgelassener kleiner Junge«, sagte er, als ich Befürchtungen äußerte, er könne womöglich in einer Besserungsanstalt landen, wenn er sich nicht endlich anpasst. » Er hat nun einmal eine ausgeprägte Persönlichkeit, und das ist es, was letztlich zählt. Möchtest du ihn etwa zum Duckmäuser erziehen? Das hilft ihm nicht weiter, wenn er erst einmal erwachsen ist und die Erfahrung macht, dass die Welt grausam ist und dass man seine Träume aufgeben muss, um nicht unangenehm aufzufallen. Je härter und durchsetzungsfähiger er wird, desto besser.«
    » Was meinst du mit Träume aufgeben?«, fragte ich. War ein wenig besorgt, weil er so niedergeschlagen wirkte.
    » Als Junge wollte ich nicht Vorstandsmitglied werden, Susie«, erwiderte Joe und ließ den Kopf hängen, » sondern etwas Kreatives tun. Aber das Leben verhindert so manches, richtig?«
    » Weißt du was?«, antwortete ich nachdenklich. » Darüber sollten wir in der Eheberatung sprechen. Als Kind war Hausfrau ja auch nicht mein Traumberuf. Ich wollte Wonder Woman sein. Offenbar gibt es eine ganze Menge Themen, die wir bearbeiten müssen.«
    » Das ist eine gute Idee.« Er lächelte. » Ich bin so froh, dass du die Eheberatung ernst nimmst. Das bedeutet mir sehr viel.«
    Habe mich bei diesen Worten ein wenig schuldig gefühlt. Bin aber insgeheim erleichtert, in den Sitzungen ein neues Thema aufs Tapet bringen zu können. Alles ist mir recht, um die Aufmerksamkeit von mir und dem einsamen Vater abzulenken. Und wer weiß? Vielleicht gewinne ich ja wirklich Einblicke in die Gründe, warum ich heute im Flur, auf der Treppe und auf dem Treppenabsatz Flusen einsammle, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen, anstatt in spitz zulaufendem BH und schimmernder Hose die Welt zu retten.
    PS: Glaube, Joe war ein bisschen enttäuscht, dass ich für seinen Geburtstag nichts organisiert hatte. Doch in seinem Alter ist es vermutlich besser, den Tag unter den Tisch fallen zu lassen. Habe beschlossen, mich zur Wiedergutmachung irgendwann nachts als Wonder Woman zu verkleiden. Muss aber zuerst das Herumwirbeln üben.

18. Dezember
    Dritte Therapiesitzung bei Rita.
    » Also, wir wollen heute über Ihre Affäre sprechen, Susie«, verkündete sie, bevor wir überhaupt saßen.
    » Hä?«, wandte ich entsetzt ein. » Was ist mit meiner Kindheit? Da könnte ich Ihnen von einigen wirklich schädlichen Einflüssen berichten. Außerdem ist Joe gestern Abend zu einer Erkenntnis gekommen. Er hat das Gefühl, dass er seinen Kindheitstraum aufgeben musste«, sprudelte ich los.
    » Ja, damit werden wir uns später beschäftigen«, erwiderte sie freundlich. » Aber zuerst möchte ich Sie fragen, warum Sie das Bedürfnis hatten, sich außerhalb Ihrer Ehe nach einer Beziehung umzusehen.«
    » Nun, es war gar keine richtige Beziehung«, stotterte ich. Habe gespürt, wie Joe mich eindringlich musterte. » Er war eigentlich nur ein Freund.«
    » Ein platonischer Freund?«
    » Äh, zum Großteil.« Mein Gesicht begann zu glühen.
    » Und aus welchem Grund, glauben Sie, haben Sie seine Gesellschaft gesucht?« Rita war wie ein Hund, der einen Knochen ergattert hat. Sie ließ einfach nicht locker.
    » Wahrscheinlich, weil er mir Aufmerksamkeit geschenkt hat«, antwortete ich. Dabei meine Füße betrachtet. » Joe war Tag und Nacht im Büro. Ich war einsam.«
    » Du hast doch viele Freundinnen, Susie«, wandte Joe ein. » Wie kannst du da einsam sein?«
    » Als Hausfrau und Mutter hat man es nicht leicht«, erwiderte ich und warf ihm aus dem Augenwinkel einen Blick zu. » Manchmal genügt es mir nicht.«
    » Halten Sie Ihr Leben für erfüllt, Susie?«, erkundigte sich Rita.
    » Äh, ja«, sagte ich, da ich annahm, dass sie das hören wollte.
    » Warum überlegen Sie nicht erst, bevor Sie antworten?« Freundlich lächelte sie mich an.
    » Nun, gelegentlich ist es wirklich recht langweilig und trist.« Tränen traten mir in die Augen. » Hin und wieder denke ich, dass das doch noch nicht alles gewesen sein kann. Jeder Tag ist gleich und besteht aus einer endlosen Reihe undankbarer Aufgaben.«
    Habe innegehalten und mich ein wenig seltsam und atemlos gefühlt.
    » Davon habe ich nichts geahnt«, meinte Joe leise.
    » Schon gut«, flüsterte ich. » Ich bin ja auch gerade erst dahintergekommen.«
    » Und halten Sie Ihr Leben für erfüllt, Joe?«, fragte Rita.
    » Nun, ich habe den Eindruck, dass ich auf der Suche nach mehr bin. Ich hatte vor kurzem eine Nahtoderfahrung, die meinen Blickwinkel

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