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Pausensnack

Pausensnack

Titel: Pausensnack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsty McKay
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die Außenwelt nur über seine Bildschirme wahrnimmt, dann will man auch, dass es richtig gut ist, wenn man wieder mal an die Oberfläche kommt. England hat im Vergleich zu den Staaten einen sehr engen Himmel. Eng und grau mit Staren oder kitschig blau mit fluffigen weißen Wolken. Da bekommt man Platzangst. Zu Hause zwingt einen der Himmel dazu, tief durchzuatmen; er zieht einem richtig die Luft aus der Lunge und drückt neue hinein, weil er so riesig und weit und leer ist, das Licht so hell, dass man davon Eiskremkopfschmerzen bekommt und Höhenangst.
    Während der Wächter darauf wartet, dass die Mikrowelle ping macht, behält er von der Tür aus die Monitore im Auge. Einfach aus lauter hart antrainierter Gewohnheit. Darum stehen ja die Wasserflaschen mit gelber Flüssigkeit neben seinem Schreibtisch und darum hat er gelegentlich auch mal rasch in eine leere Müslischale abgedrückt. (Was wahrscheinlich seinen absoluten Tiefpunkt an persönlicher Hygiene darstellte; bloß gibt es garantiert Zocker in Tokio, Seoul oder Kalifornien, die ihn doppelt und dreifach schlagen können, was das betrifft.)
    Xanthro bezahlt ihn gut dafür, dass er tagein, tagaus die Bildschirme im Auge behält – extrem gut sogar. Klar, er schläft auch mal ein paar Stunden und schießt den ganzen Kram dann über den Teich zu diesem beknackten Jon rüber, aber er versucht das auf einige wenige Male in der Woche zu beschränken, weil Jon unweigerlich irgendwelchen Mist baut. Da soll er Transaktionen überwachen oder Kameraaufnahmen auswerten oder sich das Geschwätz der britischen Regierung anhören, und anstatt seinen Job zu machen, holt er sich einen runter oder stopft richtig gute Burritos in sich rein.
    Sonja hat ihm versprochen , dass man Jon abservieren würde. Hat man bloß bis jetzt noch nicht getan. Dabei ist jetzt die richtige Zeit, das Fett wegzuschneiden.
    Jon ist kaum mehr als eine bessere Hilfskraft, aber die Leute weiter oben haben dem Wächter sehr deutlich gemacht, dass er noch ein Pendant hat. Wer bewacht den Wächter? Tja, anscheinend irgendein Kerl in Bangalore. Xanthro darf ihn ja nicht denken lassen, dass er der Einzige ist, der diesen Job draufhat. Man hat dafür gesorgt, dass er ein paar Datenbröckchen darüber zu sehen bekam, dass »Rahul« ihn spiegelt. Und zweifelsohne ist Rahul sich irgendeines Kerls in der Ukraine oder in China oder in einem Nest in Idaho bewusst, der wiederum spiegelt, was Rahul tut.
    Man kann auf unendlich spektakuläre Arten abkratzen, also bildlich gesprochen jetzt.
    Wobei – vielleicht gar nicht mal so bildlich.
    Er sieht zu den schottischen Monitoren hinüber: Die Ü-Kameras der Burg liefern immer noch Bilder, aber das Drama ist längst vorbei. Über die vergangenen Tage hinweg sind die Infizierten allmählich den Männern in Schwarz gewichen, die wiederum den Männern in Weiß mit ihren ach so dezenten Schutzanzügen gewichen sind. Sie haben das Feuer gelöscht und die Infizierten entfernt. Sie haben alles in Ordnung gebracht und jetzt passiert auf den Bildschirmen im Grunde gar nichts mehr.
    Es hat ihm Spaß gemacht, sich die Sendung anzusehen, und er ist ziemlich verblüfft gewesen, wie sich das Ganze entwickelt hat, wie vorhersehbar Menschen sogar dann sein können, wenn sie mit so vielen Szenarien, so vielen Möglichkeiten konfrontiert sind. Dass man mit dem Gemüsesaft nicht alle erwischen würde, davon ist er ausgegangen – schließlich gibt es immer jemanden, der nicht machen will, was alle tun, oder? Aber dass es diese Teenager sein würden, damit hat er nicht gerechnet. Er ist davon ausgegangen, dass sie nicht lange durchhalten würden, aber er hätte auch nie damit gerechnet, dass sie im Bus bleiben würden. Xanthro hat zweifellos auf das richtige Wetter für die Aktion gewartet, aber es hat ihn geschockt und fast gefreut, wie gut sich die Kids darauf einstellten.
    Einzeln betrachtet hat er niemandem eine große Chance eingeräumt, aber zusammengenommen sind sie ein gutes Team gewesen. Wie dieser kleine Emo die Tankstelle in die Luft gejagt hat, ist richtig großes Kino gewesen. Der kleine Scheißer mit den weißen Haaren wäre für die meisten bloß Monsterfutter gewesen, aber der Wächter hat sich ansatzweise in dem Burschen wiedererkannt. Den unterschätzte man besser nicht. Und die Blonde war scharf, wenn man auf jung und blöd steht; er hat gehofft, dass sie auf spektakuläre Weise abkratzt, mit heruntergerissenen Klamotten und jeder Menge Blut, aber denkste; dazu kam

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