Paxson, Diana L.
drängte mich an ihm vorbei und setzte die Platte neben Drustan an.
***
Mehrere Tage war das Wetter warm und ruhig gewesen. Ohne kühlenden Wind vom Fluß machten es die dicken Wände des Bauernhauses gegen Abend zum wahren Backofen. Esseilte und Drustan hatten Angenehmeres zu tun, als in ihrem Bett im oberen Stockwerk zu schlafen. Mir selbst fiel es schwer, mich soweit zu entspannen, daß ich mich dem Schlaf hingab. Unsere Bauersleute waren uns treu ergeben, aber ich fragte mich, wie lange es dauern würde, bis einer von Marchs Edelleuten von dem seltsamen Harfner hörte, der bei der Königin abgestiegen war.
Tagsüber hielten uns unsere Aufgaben auf dem Hof beschäftigt und Drustans Musik. Keihirdyn folgte mir von der Scheune zum Stall, ob nun, weil er mich anziehend fand oder weil Drustan seine Anwesenheit scheinbar vergessen hatte, wußte ich nicht, aber es interessierte mich auch nicht. Nach mehreren Jahren unter des Königs Leuten hatte ich mich daran gewöhnt, Annäherungsversuchen auszuweichen, und er wurde nicht zudringlich.
Doch nachts lauschte ich in der Stille der ländlichen Gegend, die alle Geräusche vertiefte. Bei jedem Knarren des Holzes zuckte ich zusammen. Mir schien, als hörte ich das Wild aus dem Wald zum Fressen in den Obstgarten huschen und das lautlose Segeln der jagenden Eule. Und wenn ich schweißgebadet aus Alpträumen von gesichtslosen Kriegern mit blutigen Schwertern hochschreckte, hatte ich Angst, wieder einzuschlafen.
Es mochte kurz nach Mitternacht gewesen sein, als Hufschlag mich zusammenzucken ließ. Ich lag mit heftig klopfendem Herzen in meinem schmalen Bett und fragte mich, ob es nicht das Donnern meines Pulses gewesen war, was ich gehört hatte, oder die Katze, die einer Maus nachsprang oder ob es wirklich das Klappern von Hufen gewesen war. So, wie mein Puls in den Ohren trommelte, konnte ich nichts mit Sicherheit sagen. Ich stand auf, wickelte mich in das Bettlinnen und kletterte die Leiter vom Heuboden hinunter.
Keihirdyn erhob sich von seinem Lager neben dem Herd, als er mich sah. Auch er hatte nackt geschlafen, und ich blickte rasch weg.
»Was ist los?« erkundigte er sich.
»Ich dachte, ich hörte Hufschlag…«, antwortete ich leise. Er griff nach seinem Schwert und folgte mir zur Tür. Der fast volle Mond sank hinter die Bäume des Obstgartens, doch die Wiese lag noch in seinem bleichen Licht, und Silber rahmte jedes Blatt und jeden Halm ein. Wenn ich meine Wahrnehmung veränderte, konnte ich einen Hauch von Bewegung über dem Gras sehen, da wußte ich, daß die Baumgeister dort tanzten. Die Luft war frisch und süß mit dem feuchten Odem von Tau, unendlich willkommen nach dem trockenen Tag. Ich atmete tief ein und spürte, wie ich mich entspannte.
»Ich konnte ebenfalls nicht schlafen«, sagte Keihirdyn, der noch hinter mir stand, leise. »Aber ich hörte nichts außer den üblichen nächtlichen Lauten und natürlich die Musik, die Drustan macht, wenn er bei der Königin liegt!« Er lachte leise. Ich spürte, wie ich errötete, und war dankbar, daß die Dunkelheit es vor ihm verbarg.
»Ich glaubte ihm nicht, wißt Ihr, als er mir versicherte, daß Ihr schöner seid als meine Schwester. Aber da sah ich Euch am Tor, so zornig – ganz wie die Sonne, nicht der Mond; denn für meinen Geschmack ist die Königin zu dünn und bleich. Drustan sieht sie mit den Augen der Liebe. Ich finde, daß nun Ihr die Schönere seid…«
Obgleich er mich nicht berührte, spürte ich den Druck seiner Gegenwart hinter mir. Ich fühlte mich plötzlich unbehaglich und machte mich daran, an ihm vorbei zurückzugehen, doch er faßte mich an der Schulter und drehte mich so, daß ich ihn ansehen mußte.
»O Branwen, warum eilt Ihr jetzt weg? Tagsüber seid Ihr immer so beschäftigt. Ich wollte mit Euch reden.«
Seufzend blieb ich stehen. Ich konnte mir vorstellen, was als nächstes kommen würde, beschloß jedoch, es ihn jetzt sagen zu lassen, um ihn endgültig abzuweisen.
»Ihr seid wunderschön im Mondschein, Branwen…« Sein Finger fuhr die Linie meiner Wange nach. Einen Moment ließ Bestürzung mich erstarren, dann zuckte ich zurück. »Ist Euer Körper unter diesem Linnen ebenso schön wie Euer Geist?« Er fuhr fort, als hätte ich mich nicht gerührt.
»Keihirdyn, seid still! Wie kommt Ihr auf den Gedanken, daß ich das von Euch hören möchte?«
»Wenn Ihr so lieblich seid und Eure Königin eine so großartige Geliebte?« Er lachte leise. »Wollt Ihr sagen, daß Ihr all diese
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