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Pechstraehne

Pechstraehne

Titel: Pechstraehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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sich kurz um und hätte am liebsten angefangen zu weinen, als er seine Enkelin mit einer Seifenblasendose in der Hand am Fenster stehen sah.
    »Louise, was machst du denn für Sachen? Ich warte doch auf dich!«
    »Ich wollte nur noch ein paar Seifenblasen aus dem Fenster lassen, Opa. Von hier oben geht das so schön.«
    Die Kleine stellte die Dose ab, lief auf ihn zu und warf sich in seine Arme.
    »Ich habe versucht, ob es eine Seifenblase bis auf den Boden schafft, aber die gehen immer alle vorher kaputt. Das ist komisch, oder?«
    »Ja, das ist wirklich komisch, da gebe ich dir recht«, antwortete er mit zitternder Stimme. »Aber jetzt komm, die Oma wartet mit dem Essen auf uns.«
    Das Mädchen machte sich von ihm frei, schnappte sich ihren Ranzen, griff nach seiner Hand und sah ihn ein klein wenig schuldbewusst an.
    »Du bist mir doch nicht böse, oder?«
    »Nein, natürlich bin ich meiner kleinen Prinzessin nicht böse. Aber beim nächsten Mal darfst du mich nicht mehr so lang draußen warten lassen, ja? Versprichst du mir das?«
    Sie nickte ergeben.
    »Ich verspreche es.«
    »Gut, dann können wir jetzt gehen.«
    Die beiden schlenderten nebeneinander bis zur Treppe, wo Louise ihren Großvater grinsend ansah.
    »Trägst du mich runter?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Ach, Louise, dein Ranzen wird doch immer schwerer. Und du wächst mir auch langsam über den Kopf.«
    »Ich weiß.«
    Sie setzte ihr gewinnendstes Lächeln auf.
    »Bitte, nur noch dieses eine Mal, Opa. Bitte!«
    »Gut, aber das ist wirklich das letzte Mal, ja?«
    »Großes Ehrenwort.«
    Mit seiner Enkelin auf dem Rücken stapfte er die harten, an den vorderen Kanten von vielen Kinderschuhen abgewetzten Stufen hinunter, und als sie im Erdgeschoss angekommen waren, lief ihm der Schweiß in Strömen den Rücken hinunter.
    »So, das reicht für heute«, entschied er keuchend, während sie mit den Füßen nach dem Boden hangelte.
    »Danke«, erwiderte sie lachend. »Beim nächsten Mal kann es aber ruhig etwas schneller gehen.«
    Damit schoss das Mädchen laut giggelnd davon und auf den Ausgang zu.
    »Na warte«, rief er ihr mit gespielter Empörung hinterher. »Wenn ich dich kriege!«
    Louise kam ein paar Sekunden vor ihrem Großvater an dessen Mercedes an und wartete ungeduldig auf der Beifahrerseite darauf, dass er die Türen aufklicken würde. Eisenberg drückte auf den Knopf an seinem Schlüssel, half ihr in den Fond und beim Anschnallen, schob den Sitz in seine Position und schlug die Tür zu. Während er, immer noch von großer Erleichterung ergriffen, um die Motorhaube herumging, fiel sein Blick auf den Strafzettel, der an der Windschutzscheibe unter dem linken Scheibenwischer klemmte. Erstaunt sah er sich um, weil er davon überzeugt war, nichts falsch gemacht zu haben, und griff nach dem gelben Zettel. Schon während er ihn mit zitternden Fingern auseinanderfaltete, wusste er, dass es sich keineswegs um einen Strafzettel oder etwas Ähnliches handelte, sondern um einen Hinweis. Oder eine Botschaft. Eisenberg griff in die Innentasche seines Sakkos, zog das Etui mit der Lesebrille heraus, brachte die Sehhilfe in die richtige Position und las. Dann las er erneut und noch einmal. Erst als sich seine Enkeltochter vom Rücksitz laut beschwerte, dass doch die Oma mit dem Mittagessen warten würde, konnte er seinen Blick von den sieben Wörtern nehmen, die in ihrer Unmissverständlichkeit sein Leben komplett auf den Kopf stellten. Dann las er ein letztes Mal.
    Ich kenne jetzt dein kleines, dreckiges Geheimnis!

27
    »Was meine Frau und meine Mutter mit ihrem Geld machen oder wie sie es anlegen, hat weder mit meiner Funktion noch mit dem heutigen Einsatz zu tun«, brummte Oberstaatsanwalt Marnet missmutig. »Allerdings weiß ich anhand der Schilderungen von Betroffenen, wie und mit welchen zweifelhaften Methoden Ihre Berater die Kunden der Nordhessenbank dazu animieren, in mehr als riskante Aktien zu investieren.«
    Er schnaubte aufgebracht.
    »Und wenn dann noch Aktien des eigenen Hauses, die im Rahmen einer Kapitalerhöhung emittiert wurden, an diese Kunden mit dem Hinweis verschoben werden, dass jeder, der nicht sofort zugreift, am Ende leer ausgeht und einen todsicheren Gewinn ausschlägt, kommt mir wirklich, das kann ich nicht anders sagen, der Kaffee hoch, Herr Gieger.«
    Der Vorstandsvorsitzende hob die Augenbrauen.
    »Jeder, der sich mit Aktien beschäftigt, weiß, dass es auf und ab geht mit den Kursen. Unserem Haus und speziell unseren Beratern

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