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Pechstraehne

Pechstraehne

Titel: Pechstraehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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handelt sich bei dieser innovativen Technik , wie Sie es nennen, um ein System, das wir zwar installiert, aber nicht in Betrieb genommen haben. Demzufolge ist es weder illegal, noch moralisch verwerflich.«
    »Und Sie wollten garantiert Ihre Mitarbeiter fragen, ob sie etwas dagegen haben, bevor das Ganze in Betrieb genommen worden wäre, vermute ich«, ätzte Hain, dem Gieger jedoch nicht einmal im Ansatz Beachtung schenkte, und dessen Blick stur auf Marnet geheftet blieb.
    »Ich muss mich wirklich über die Kasseler Staatsanwaltschaft wundern, Herr Marnet. Es gäbe so viel Wichtiges zu tun, und Sie vertrödeln Ihre Zeit mit Dingen, die am Ende nicht einmal eine Anklage erwarten lassen.«
    »Das werden wir sehen, Herr Gieger. Das werden wir sehen.«
    Der Banker zog die Stirn hoch und verengte seine Augen.
    »Vermutlich haben Sie recht, und ich will beileibe nicht voreilig erscheinen. Aber meinen Sie nicht auch, dass es sich in den Medien wirklich schlecht machen würde, wenn durchsickert, dass sowohl die Frau als auch die Mutter des das Verfahren leitenden Oberstaatsanwalts bei gewagten Aktienspekulationen mehrere 10.000 Euro verloren haben? Bei Aktienspekulationen, die über Depots bei der Nordhessenbank abgewickelt wurden? Meinen Sie nicht auch, dass Ihre Aktion vor diesem Hintergrund ein wenig ein Geschmäckle hat?«
    Lenz und Hain warfen sich einen kurzen Blick zu, verkniffen sich jedoch jeglichen Kommentar.

26
    Manfred Eisenberg ließ das Garagentor in seinem Rücken nach oben fahren, startete den Motor des Mercedes-Coupés und setzte den schweren Wagen behutsam so weit zurück, dass er ohne weiteres Rangieren vorwärts die Einfahrt verlassen konnte. Etwa zehn Minuten später hatte er die auf einer Anhöhe über der Stadt liegende Grundschule erreicht, wo er direkt am Eingang einen Parkplatz fand, ausstieg und sich, von der erbarmungslos vom Himmel knallenden Sonne schwitzend, einmal in jede Richtung umsah. Ein paar Augenblicke später ertönte ein lautes Klingeln, und einer Stampede gleich strömten kurz darauf Dutzende Kinder mit großen Schulranzen auf dem Rücken ins Freie. Eisenberg wusste, dass seine Enkeltochter immer etwas mehr Zeit als die anderen brauchte, weil sie, einem Ritual gleich, einfach immer noch einen Toilettenbesuch einschieben musste, bevor sie zur Abfahrt bereit war. Die Schüler verteilten sich kreischend, plappernd, sich schubsend und mit schnellen Schritten an der Haltestelle oder sprangen gleich in die schon bereitstehenden Busse. Als der größte Andrang vorbei war und nur noch vereinzelte Kinder durch die große Tür kamen, ging er mit langsamen Schritten auf den Ausgang zu. Eine Mitschülerin von Louise, seiner Enkelin, die er schon das eine oder andere Mal mitgenommen hatte, kam ihm nun entgegen, grüßte schüchtern und wollte weiterlaufen.
    »He, Martina, warte mal bitte!«, rief er hinter ihr her. »Hast du Louise gesehen?«
    »Nein, habe ich nicht«, gab sie ohne anzuhalten oder sich auch nur umzudrehen keuchend zurück.
    Der ältere Mann mit der Hornbrille und dem eleganten Sakko trat ins Innere des kühlen, mindestens 100 Jahre alten Schulgebäudes, bog nach links ab und nahm Kurs auf die Toiletten. Dort schob er vorsichtig die Tür zur Mädchenabteilung auf.
    »Louise?«, rief er leise.
    Als keine Reaktion kam, versuchte er es noch einmal etwas lauter.
    »Louise?«
    Wieder keine Antwort.
    Im gleichen Sekundenbruchteil lief Eisenberg ein Schauer über den Rücken, er schluckte unwillkürlich, bemerkte, wie ihm der Schweiß ausbrach, und stürmte mit einer Vehemenz in die Toilette, die ein neutraler Beobachter dem Mann vermutlich nicht zugetraut hätte. Nach und nach stieß er jede Tür auf und blickte kurz hinein, bis er sicher war, dass seine Enkelin sich nicht in der Kabine aufhielt. Dann drehte er sich um, schoss zurück auf den Flur und nahm Kurs auf Louises Klassenraum im zweiten Stock. Während er die Treppen hinaufhetzte, konnte er spüren, wie ihm die Furcht, oder besser die nackte Panik, den Rücken hinauf kroch. Sie nahm ihm die Luft zum Atmen, sie beschleunigte sein Herz so sehr, dass er für einen Moment glaubte, ohnmächtig zu werden, und sie trieb dem alten Mann die Tränen in die Augen.
    »Louise!«, schrie er, als er den Absatz zum zweiten Stock erreicht hatte und auf ihren Klassenraum zustürmte.
    »Hallo, Opa, hier bin ich«, kam es von drinnen, noch bevor er die Türklinke in der Hand hatte. Mit einer beherzten Bewegung riss Eisenberg die Tür auf, sah

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