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Pecorino und die Kunst des Pilgerns - ein Hund geht den Franziskusweg

Pecorino und die Kunst des Pilgerns - ein Hund geht den Franziskusweg

Titel: Pecorino und die Kunst des Pilgerns - ein Hund geht den Franziskusweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Residenz , Claudio Honsal
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Pass drücken zu lassen. Vielleicht ist es auch nur ein psychologischer Krückstock, ein Schmeicheln der eigenen Seele, sich am Ende des Tages mit der jeweiligen Etappenstampiglie als „echter Pilger“ zu identifizieren. Das sollte jeder für sich entscheiden. Darüber hinaus hat dieser Ausweis auch einen sehr praktischen Nutzwert, denn beigefügt ist eine vielerprobte Wegekarte der einzelnen Tagesetappen. Grafisch gut aufgelöst, mit Kilometer- und Stundenangaben und eingezeichneten Höhenmetern. Trotz der guten Vorbereitung, der Landkarten und schwergewichtigen Reiseführer, die meine Begleiter in ihre Rucksäcke gestopft hatten, wären wir wohl schon am ersten Tag ohne die simplen, aber präzise angelegten Etappenkarten an mancher Weggabelung etwas dumm vor nicht ganz vollendeten Tatsachen gestanden.
    Ausgestellt wurden uns diese Pilgerpässe von Pater Don Alfeo. Wie vieles in Italien dauerte das. Obwohl – ganz im Gegensatz zur ersten Station des Jakobswegs – keine Horde Pilger seine kleine Kirche belagerte. Genauer gesagt war es einer. Moreno, ein Physiopraktiker aus Vicenza, wie sich später herausstellte. Der durchtrainierte Mittfünfziger sollte im Laufe der kommenden Tage zu unserem „Pilgerschatten“ avancieren. Er hatte seinen Ausweis schon und machte sich eiligen Schrittes auf den Weg. Nun waren unsere drei Pässe an der Reihe, denn auch ich sollte zum offiziellen
pellegrino d’Assisi
geadelt werden. Ein Umstand, den sich meine beiden Begleiter als Gag unbedingt eingebildet hatten, der allerdings bei Don Alfeo vorerst Verwunderung, dann leichte Bedenken und etwas später schallendes Gelächter auslöste. Der Franziskaner konnte sich nicht daran erinnern, jemals in seiner Tätigkeit als Passaussteller einem „Nichtmenschen“ den Pilgertitel verliehen zu haben. Ein Pilger aus Berlin war vor einigen Jahren mit seinen drei Hunden auf der Wanderschaft durchgereist. Ein Holländer hatte seinen Schäferhund als Wegbegleiter mitgebracht, aber einen Hund als offiziellen Pilger, das hatte der gottesfürchtige Mann noch nie erlebt. Waren es meine treuen Augen oder die erläuternde Erklärung, dass ich doch ein berühmter Hund sei und letztendlich über Don Alfeos und Francescos Pilgerweg berichten werde – egal, ich bekam den Ausweis. Neben den genauen Angaben über Herkunft, Wohnort und sonstige Personalia fügte der überraschte, aber freundliche Gottesmann zu meinem Namen in Klammer die kurze Erklärung
cane
hinzu. Als hätte man auf dem obligaten Foto nicht erkannt, dass es sich bei mir nicht um ein Schäfchen oder einen Affen, sondern um einen wunderschönen Hund handelt. Um der kirchlichen Bürokratie vollends gerecht zu werden, signierte ich das Antragsformular mit einem Abdruck meiner linken Vorderpfote. Mit diesem Footprint war meine Pilgerschaft nun auch amtlich.
    Auf meinen Schultern ruhte vorerst nur die Last, sich gut ablichten zu lassen. Einmal noch in meinem langen Leben als Star unzähliger farbenprächtiger Bildbände wollte ich meinem Herrchen beweisen, dass ein Hund mit zwölf Lenzen auf dem Buckel immer noch gut vor dem Objektiv agieren kann. Weder musste ich nach dem Sinn des Lebens fahnden – den habe ich längst gefunden – noch die notwendige Last meiner Wegbegleiter in Form von zwei überdimensionierten Rucksäcken tragen. 14 Kilo der Schreiber, 18 der Fotograf. Was alles in den Aufbewahrungsbehältnissen steckte und was fehlte, sollte ich im Laufe der Wanderung nur zu genau erfahren.
    Da war er nun, der erste Wegweiser, der uns auf die lange Wanderstrecke einstimmen sollte. Ein schlichtes, verwittertes Holzschild mit dem eingeschnitzten Hinweis: „Il Cammino di Assisi. Dovadola–Assisi 300 km“. Eine nicht zu unterschätzende Distanz, die Franziskus wohl nur ein mitleidiges Schmunzeln entlockt hätte. Hat der doch seine Reisen bis nach Ägypten größtenteils per pedes bewältigt. Zuerst als Lebemann und weltoffener Bürger, später dann als Prediger, Eremit und Mönch. Für die Identität der Italiener, wie ich einer bin, ist Franziskus das, was Jakobus für die Spanier ist. Vielleicht aber sogar noch mehr, denn er war schon ein richtiger Italiener, bevor es Italien überhaupt gab. Bereits im 12. Jahrhundert vereinte er alle Merkmale, welche den Bewohnern dieses Landes noch heute gerne als typisch italienisch zugeschrieben werden. Anfangs war er extrovertiert, kreativ, poetisch, fröhlich und äußerst reiselustig. Ein Mann, der aus gutem Hause stammte, der gerne

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