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Pecorino und die Kunst des Pilgerns - ein Hund geht den Franziskusweg

Pecorino und die Kunst des Pilgerns - ein Hund geht den Franziskusweg

Titel: Pecorino und die Kunst des Pilgerns - ein Hund geht den Franziskusweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Residenz , Claudio Honsal
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Zustand dauerte allerdings nur drei Wochen an. Mein Wunsch – „Die Letzten werden die Ersten sein!“ – sollte bald schon in Erfüllung gehen. Acht Wochen nach meiner Geburt kam ein Mann auf den Hof. Ein für mich fremdes Gesicht, ein neuer Geruch. Es war Liebe auf den ersten Blick; zumindest von seiner Seite aus. Ich war anfangs sehr zurückhaltend, geradezu scheu, als er schon auf mich zukam und mich sofort in sein Herz schloss. Vielleicht war es auch seine Größe, denn Toni war mit seinen 1,98 Metern der mächtigste Mensch, den ich bis dato gesehen hatte, und er trug ständig ein für mich unbekanntes Gerät mit sich herum: eine Spiegelreflexkamera.

Lang, lang ist’s her: Mein erstes Babyfoto mit einem Monat.

Dass unser Abenteuer nun ausgerechnet in Rimini beginnt, ist kein Zufall. Es hat einen praktisch-ökonomischen und einen familiären Grund: Wir haben die Nacht vor dem Pilgerstartschuss bei Herrchens Cousine Katrin verbracht. Sie fährt uns nach Dovadola, wird Herrchens Auto übernehmen und es die kommenden zwölf Tage so behüten und bewachen, wie ich das mit meinem vollen Fressnapf zu tun pflege. Schließlich sind wir in Italien, und BMWs sollte man nicht tagelang herrenlos herumstehen lassen. Auch nicht neben einem Pilgerpfad. Katrin lebt mit ihrer Familie seit ewigen Zeiten hier am Meer. Somit ist der legendäre Adria-Badeort auch mir nicht fremd, hier kenne ich mich aus, war ich oftmals, und hier hat auch vor über einem Jahrzehnt meine Fotokarriere so richtig begonnen.
Pecorino in Rimini
, mein allererster Bildband, ist vornehmlich am Strand entstanden. Klar, dass wir gestern einen kurzen Abstecher zu den noch verwaisten
bagni
machten. Einsam wirkt die Kulisse, keine Sonnenschirme, keine Liegen und schon gar keine Sonnenhungrigen – noch steht man in den Startlöchern. Ab Juni beginnt hier die Hochsaison und damit der absolute Wahnsinn. Dann sollte man als Hund eher reißaus nehmen, obwohl es unsereins seit den 90ern hochoffiziell erlaubt ist, die Pfoten in die Meeresbrandung zu stecken. Jetzt im Mai können wir noch die Ruhe vor dem Sturm richtig genießen, genauso wie damals im Oktober vor zwölf Jahren. Bagno Amarcord 71 heißt unser Ziel. In diesem Strandbad wurden im Jahr 1998 die legendären Fotos von mir geschossen. Ein langer bunter Steg aus weißen und grünen Steinplatten vom Eingang des
bagno
über den feinen Sandstrand bis hin zum Meer. Bunte, grelle Farben und mitten drauf Pecorino, den Blick auf den weiten, blauen Horizont gewandt. Genau dieses Foto hat mich berühmt gemacht, genau dieses Motiv wollen wir nun nachstellen. Gott, war ich damals jung! Auch Herrchens Stimmung ist fast ein wenig nostalgisch-melancholisch. Was uns allerdings erwartet, ist mehr als ernüchternd. Die einst bunten Farben der Steinplatten sind dumpf und abgeblättert, der Sand grau, von Algen und Schwemmholz übersät. Von der Pracht des
bagno
ist wenig übrig. Die Jahre haben ihre Spuren hinterlassen. Nun, wer keine Vergleichsmöglichkeiten hat, nimmt eben, was er bekommt. Aber ich kann mich nur mit Wehmut an die gute alte Zeit erinnern, an den einstigen Ruhm und Glanz von Rimini.

Erste Etappe:
Dovadola bis Rifugio Marzanella 22 km
    Da waren wir nun angelangt, in Dovadola, dem Ausgangspunkt unserer Pilgerreise nach Assisi. Man kann den Weg an verschiedenen Stationen offiziell beginnen. Wir haben uns für die nördlichste entschieden, gut eine halbe Autostunde von Forli entfernt in den Bergen. In den noch sanften Hügeln, wie wir später retrospektiv anmerken werden, denn der kleine Ort liegt auf einer Höhe von lediglich 134 Metern ü.d.M. Noch war alles
facile
. Die Rucksäcke meiner beiden Begleiter lehnten an den altehrwürdigen Mauern der kleinen, mittelalterlichen Wallfahrtskirche. Die Sonne lachte vom Vormittagshimmel, und die Stimmung war entspannt, fröhlich, als der professionelle Teil eines jeden Franziskuspilgers seinen bürokratischen Anfang nahm. Ein Pilgerausweis musste her. Siegel und Unterschrift auf der hochoffiziellen Urkunde, die man vielleicht nach 300 Kilometern Plackerei am Ziel bekommen würde, ja erringen musste, haben wohl primär symbolischen Wert. Dennoch sollten die – in unserem Fall – dreimal 15 Euro investiert werden, um später einmal ein schönes Beweisstück für den Freundes- und Bekanntenkreis zu haben. Egal ob am spanischen Jakobsweg oder hier, es ist eine nette und auch hilfreiche Tradition geworden, sich in den Herbergen und Klöstern einen Pilgerstempel in den

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