Pecorino und die Kunst des Pilgerns - ein Hund geht den Franziskusweg
Nachzählen und Überprüfen der Tagesstempel und gibt unsere Namen in den Computer ein. Unromantisch! Eine Spur feierlicher dann der Moment, in dem er uns das Dokument überreicht. Auch zu mir bückt er sich, streichelt mich und zeigt mir meine ganz persönliche Urkunde, auf der in alten Lettern die entscheidenden Worte stehen: „L’Assisiana testifica che Pecorino (cane) ha percorso a piedi, in devoto pellegrinaggio, i sentieri francescani e ha visitato le Basiliche Papali di San Francesco in Assisi …“ – Unterschrift und Siegel des Priors von Assisi, aber zusätzlich bestätigt von Seiner Heiligkeit, Papst Benedetto XVI. Das war’s.
Ja, ich habe es geschafft, und ich bin der erste Hund in der Geschichte des
cammino
, der diese Assisiana ausgestellt bekommen hat. Wir haben es geschafft! Schade, dass ich das Pergament nicht fotogerecht in die Kamera halten kann, das wäre wohl zu viel der Inszenierung. Erwähnt sei noch, dass ich einen bestätigten Passus der Urkunde leider nicht hatte erfüllen können: Keine Hunde in der Basilika San Francesco! Herrchen und der Autor durften nacheinander Spiritualität und Schönheit dieser gigantischen Kirche leider nur ohne mich ausgiebig genießen. Weder vor dem Grabmal des Heiligen noch unter den berühmten Giotto-Fresken wurde ich so im Bild festgehalten. Was soll’s, die Assisiana und all das Erlebte habe ich, das kann mir keiner mehr nehmen.
Dafür gab es etwas später nicht nur ein pompöses Abendessen mit Freund Luigi, der aus dem nahen Perugia angereist war, um mit uns den Triumph zu feiern, sondern noch ein üppiges Fotoprogramm vor allen, wirklich allen Sehenswürdigkeiten dieser glanzvollen Stadt. Jener bedeutenden Pilgerstätte der Katholiken, die wir uns vor zwölf Tagen als weit entferntes Ziel gesetzt hatten, das wir nun mit einem inneren Glücksgefühl erreicht und von oberster Stelle auch urkundlich bestätigt bekommen haben. Morgen geht es zurück nach Wien. Zu früh, wie uns allen scheint. Es wird mir fehlen, das Wandern, das Herumlaufen in der unberührten Natur. Natürlich habe ich meinen Garten und den Wienerwald in Pressbaum, natürlich werden Herrchen und Frauchen Christina mit mir ausgedehnte Tagesausflüge in die Berge unternehmen, aber es wird anders sein.
Ausgelassen und fröhlich ist die Stimmung, als wir an der Hotelbar noch einen letzten Gute-Nacht-Drink nehmen. Für mich gibt’s zum Wassernapf schon wieder ein leckeres Hundestangerl. Der Geist des Franziskus hat meine Mitpilger vollends beseelt! Ich werde verwöhnt wie selten zuvor.
Zwölf Tage zu pilgern, 300 Kilometer zu Fuß zu laufen – abgesehen von einigen wenigen Teilstrecken –, das hinterlässt Spuren, bei Mensch und Hund. Erlebnisse und Eindrücke, die nachhaltig wirken. Zwar haben weder ich noch meine Mitpilger Gott gesehen, auch keinen brennenden Dornbusch, oder andere Erscheinungen gehabt, aber wir haben das Leben und Wirken des Franziskus auf einem Teilstück seines Weges direkter und authentischer nachvollziehen können. Wir haben die wunderbare Natur dieser drei mittelitalienischen Regionen mit anderen Augen wahrgenommen, wir können nun Höhenmeter auch in körperliche Qualen umrechnen, haben physische und psychische Herausforderungen angenommen und bewältigt. Es war weit mehr als ein langes Gassi-Gehen. Herrchen hat sich professionell austoben können. Der Autor ist im wahrsten Sinne des Wortes über seine Grenzen „gegangen“, hat sie überschritten, und wir haben alle drei auch Verzicht und Demut gelernt. Ein großer Schritt in der heutigen, konsumorientierten und oberflächlichen Welt. Eine gute Erfahrung für uns alle.
Doch vor allem ich habe mein Ziel erreicht: Ich wollte Herrchen beweisen, dass ich auch im Alter von zwölf Jahren noch lange nicht zu alt oder zu verbraucht bin, um als Modell vor der Kamera zu stehen. Das ist hiermit in Wort und Bild bewiesen. Franziskus sei Dank! Herrchen glaubt nun wieder an mich. Somit haben wir uns dem Glauben einen großen Schritt genähert, dem Glauben an ein Ziel, an uns und an Gott. Ohne den Franziskusweg hätten wir dieses Ziel nie erreicht, also ist doch der Weg das Ziel.
Pax et bonum.
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Pilger-Alltag: Auf einer der vielen Schotterwege mit meinem Autor, nahe
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