Pedro Juan Gutiérrez
gleich ab und kaufte ein paar Sportschuhe für ihren Sohn, der barfuß rumlief. Vier Tage darauf hatte der Kleine sie kaputt gemacht. »Das ist kein Leben, Kumpel. Alle, die von hier abhauen, machen es völlig richtig.« Dann fuhr er mit seinen Problemen fort.
Ich hörte mir seine Geschichte an, ließ aber die Mulattin nicht aus den Augen, die sich herrlich mit einer sehr fetten Dame und einem Schwarzen mit sechs Kettchen um den Hals zu amüsieren schien und Rum trank. Der Mann zahlte immer mit Zwanzigern. Die Mulattin beäugte auch mich aus den Augenwinkeln, und ich nahm mir vor, bei erstbester Gelegenheit zu ihr hinübergehen. Ich konzentrierte mich auf ihren Mund, ihre Brüste und auf den Spaß, den sie hatte, und bekam einen Steifen, und zwar einen sehr steifen. Seit vielen Tagen hatte ich keinen Sex gehabt und würde nicht zulassen, dass mir diese Mulattin da entging. Der Barkeeper war ein riesiger Schwarzer mit Killerfresse, der alle zwei Minuten aufs Neue sagte: »Heute gibt's Enchiladas mit Krabben. Ganz besonders gut, mit etwas scharfem Pfeffer. Extra für heiße Nächte, unbezahlbar... Extra pikant...«
Ich hatte meinen zweiten Doppelten fast geleert, als plötzlich zwei Typen im Türrahmen hinter mir standen, beide blutver-schmiert, aufeinander einstechend, halb tot. Alle außer mir hatten sie sehen können, weil sie hinter meinem Rücken standen. Ich reagierte nicht rechtzeitig, und sie fielen auf mich drauf. Diese beiden Typen fallen tatsächlich einfach auf mich drauf. Irgendwie waren sie nicht nur halb tot, sondern auch besoffen oder stoned. Ich versuchte von der Bank aufzustehen, aber die beiden waren regelrecht über mich hereingebrochen. Einer von ihnen verletzte mich mit dem Messer, stieß es mir tief in den Arm und in die rechte Seite. Alles geschah so schnell, dass ich gar nichts begriff. Ich habe keine Ahnung, woher sie kamen. Ganz still, ohne jeden Schrei, nicht einmal ein Stöhnen. Beide starben auf mir, blutbesudelt. In Sekundenschnelle war die Bar leer. Der Barkeeper stand ganz allein am anderen Ende der Theke. Sogar die Armen hatten ihren Teller Suppe halb voll im Stich gelassen und waren geflüchtet.
Da kam eine Frau herein, rief etwas und heulte. »Er hat ihn umgebracht! Er hat ihn umgebracht!« Sie umarmte einen der Toten.
Am liebsten hätte ich mich davongemacht, aber ich stand mit dem Rücken zum Gitter, und die beiden Toten und die Frau versperrten mir den Weg nach vorn. Ich versuchte mich trotzdem zu bewegen. Am besten, ich verschwand sofort. Aber nein, schon war ein Polizist da. Er packte mich am Arm und fragte nach meinem Ausweis.
Ich bemühte mich, ihm zu erklären: »Ich habe hier nur ein paar Gläschen getrunken.« Aber irgendwie war mir die Stimme abhanden gekommen. Ich konnte mich kaum selbst hören, als ob die Stimme von ganz weit herkam. Ich tastete nach meinem Personalausweis in der hinteren Hosentasche, und als ich ihn dem Polizisten reichte, sah ich, dass ich von oben bis unten mit frischem Blut besudelt war. Mit meinem eigenen und dem dieser Männer, die gerade umgekommen waren. Ich triefte vor Blut. Viel zu viel Blut, um unschuldig zu sein.
Dann eine Kette von Ereignissen: Streifenwagen - Polizeiwache - niemand versteht meine Verletzungen und das ganze Blut, wenn ich von nichts weiß - Suche nach dem einzigen Zeugen: der Barkeeper - er taucht nicht auf - 72 Stunden in Gewahrsam, bis sich die Dinge geklärt haben - andere Fälle haben Vorrang - man vergisst mich - ich bleibe zehn Tage eingesperrt - zum Glück in einem anderen Knast -kein Typ, der es auf meinen Arsch abgesehen hat - schließlich werde ich freigelassen - den Job in der Schlachterei bin ich los - ich glaube, ich muss wieder Langusten und Rindfleisch schmuggeln.
Fröhlich, ungebunden, laut
Manchmal braucht man nicht sehr viel: Sex, Rum und eine Frau, die dir irgendeinen Blödsinn erzählt. Nichts Intelligentes. Ich habe intelligente, schlaue Leute satt. Wenn sie dann geht, liegst du da, friedlich und allein, und trinkst noch etwas Rum. Oder du gehst unter die Dusche und legst dich anschließend schlafen. Und am nächsten Morgen wachst du frisch und munter auf mit einem Lächeln auf den Lippen und erzählst jedem, dir ginge es gut und das Leben sei herrlich. Und die Leute erwidern: »O wie schön, endlich mal jemand, der glücklich ist zu leben.« Aber das ist nicht immer so. Nicht alles ist so leicht und geht glatt vonstatten. Manchmal treffe ich Frauen, die mich ziemlich aus der Fassung
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