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Pedro Juan Gutiérrez

Pedro Juan Gutiérrez

Titel: Pedro Juan Gutiérrez Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schmutzige Havanna Trilogie
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nicht, dass ich dazu fähig bin. Mit den Coronern? Nein, das werde ich nicht bringen.« »Man muss sich darauf vorbereiten. Die meisten Leute sind dazu außerstande.«
    »Wir Menschen sind für das Leben vorbereitet, nicht für den Tod.«
    »Wenn Sie einen Job in diesem Krankenhaus wollen, unterlassen Sie das Philosophieren.«
    »Nein, nein, keine Philosophie mehr.«
    »Ich glaube, am Autoklav brauchen sie noch einen Assistenten.«
    Ich ging hinüber zum Autoklav. Es ist ein Druckluftkessel. Dorthinein werden alle Instrumente gesteckt, desinfiziert und wieder gebrauchsfähig gemacht. Meine Aufgabe bestand darin, die Instrumente im ganzen Krankenhaus einzusammeln. Mit einem kleinen Karren ging ich durch die Krankenzimmer, und man gab mir Pinzetten, Spritzen und all so was. Acht Stunden am Tag das Wägelchen schieben für hundertzwanzig Pesos im Monat. Elender ging's nicht. Immerhin war ich beschäftigt. Das konnte ich ein paar Monate machen und auf etwas Besseres hoffen. So verbringt man sein ganzes Leben: immer auf etwas Besseres hoffend. Und dann waren da die Krankenschwestern. Die fröhlichen Krankenschwestern. Einige von ihnen gefielen mir, und ich gefiel einigen von ihnen. Ich ging mit zwei, drei von ihnen aus. Krankenschwestern sind gute Frauen. Sie sind fröhlich, einfach, unbeschwert. Keine hinterhältigen Spielchen und Tücken. Keine Komplikationen. Und sie geben einem ein gutes Gefühl. Das einzige Problem bei ihnen ist, sie träumen alle davon, einen Arzt zu heiraten, um mit dem Auto am Krankenhaus vorzufahren mit ernsten Gesichtern, als seien sie besorgt, ohne jemanden anzusehen. Dann würden sie viel Schminke und Halsketten auflegen und herrliche weiße Bademäntel tragen, die von den Verwandten des Doktors aus Miami als Geschenke ankamen. Einige haben es geschafft, einen der Doktoren in ihre Falle zu locken - in ihre Venusfalle, sozusagen. Schon in Ordnung. Alle anderen machten fröhlich, lärmend, unbeschwert weiter - vor allem genauso einfach. So werden sie bleiben, bis ihnen schließlich doch ein Doktor in die Falle geht.
    Dann hatte ich mit einer von ihnen ein Verhältnis. Hübsch fröhlich, laut und frei. Sie war eine große, immer noch ganz hübsche, aber langsam welkende Mulattin namens Rosaura. Sie hatte einen Sohn mit einem - natürlich weißen - Arzt,
    hatte es aber nicht geschafft, ihn zu heiraten und mit dem Wagen vorzufahren. Sie benutzte weiter den Bus. Als sie vierzig wurde, gab sie auf. Es gibt zu viel Konkurrenz an jungen, hübschen Krankenschwestern. Wir gingen aus, und es war sehr nett. Ich weiß nicht, warum, aber Krankenschwestern sind sehr ungezwungen. Sie lutschen ihn dir völlig ungeniert, ziehen sich vor dir aus, trinken Rum, masturbieren, erzählen dir Pornomärchen ins Ohr. Vielmehr autobiographische Geschich-ten. Sie veranstalten für dich eine Sexshow, und sie gelingt ihnen gut. Vielleicht hatte ich ja Glück gehabt und war einer der erotischsten begegnet. Ich kann Spielchen nicht widerstehen. Prüde Leute spielen ihre Spielchen normalerweise, wenn sie bekleidet sind. Ich hatte genügend Gelegenheit, das herauszu-finden. Alles lief gut. Meine niedrige Arbeit machte ihr nichts aus, auch mein symbolisches Gehalt nicht. Ich war weiß, der Sex stimmte, und wir spielten nach allen Regeln der Kunst. Nur das war ihr wichtig. Mulattinnen sind sehr rassistisch, viel mehr als Weiße und Schwarze. Ich weiß nicht, warum, aber sie können Schwarze nicht ausstehen. Rosaura erzählte mir: »Ich habe nie einen schwarzen Freund gehabt. Mit einem Schwarzen schlafen? Ich? Nie im Leben! Sowie die ein bisschen schwitzen, riechen sie gleich, außerdem sind sie ziemlich ungehobelt.«
    Na, kein Drama. Eines Tages besuchte ich sie, und ihre Mutter war sehr schwarz. Sie sagte, ihr Vater sei sehr weiß. Sie sprechen über das alles sehr laut. Und gut. Kein Drama, die ganze Angelegenheit. Eher eine etwas verzwickte Komödie. Rosaura hatte zwei Brüder. Sie arbeiteten nicht. Wir tranken zusammen ein bisschen Rum und unterhielten uns. Alles völlig normal. Die Alte sagte dann, ich solle ein andermal wiederkommen, damit sie die Santos befragen könne. Sie nahm mich mit ins Zimmer der Santos. Es ist ordentlich eingerichtet und ziemlich eindrucksvoll. Die alte Frau hatte mir den Raum wie zur Warnung gezeigt, als wolle sie mir sagen: »Sieh her, was ich hier habe. Wenn du irgendeinen Scheiß mit Rosaura vorhast, wird dir das Leid tun.« Die alte Santera war aus hartem Holz. Sie passte gut auf ihre Familie

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