Pedro Juan Gutiérrez
dann wie ein geschlagener Hund auf mein elendes Lager bis fünf Uhr morgens am nächsten Tag. Manchmal glaubte ich, diese Schinderei sei besser als mein Abhängen zu Hause mit den zankenden Schwarzen in völliger Armut. Dann wieder wollte ich das ganze Öl zum Teufel schicken und zurück in meine Wohnung. Ich bin der ewig Unentschlossene, Verwirrte bis ins Mark, unentschieden wie ein Pendel. Letztlich ziehe ich Pathos allem Schmutz vor. Ich hatte weder die Zeit noch die Kraft zu denken. Und das war gut so. Mein rastloses, riskantes Leben hat mich immer wieder in Sackgassen geführt. Beispielsweise die vielen verrückten und lächerlichen Liebesaffären. Immer getrieben, hastig, vielerorts übereilt ein und aus. Wie jemand, der sucht und nicht findet.
Und gleichzeitig wurde ich älter. Und ich fand, dass ich zunehmend meinen Zynismus verlor. Ich verlor Energie und Frohsinn und meine Reproduktionsfähigkeit. Es gelang mir nicht mehr, die Leute mit meiner zynischen Art zu manipulieren wie früher, als ich jung war und entschlossen, meinen Kopf um jeden Preis durchzusetzen.
Diese Frau hatte gleich ein Auge auf mich geworfen. Sie war dunkel, hübsch und stämmig, vielleicht um fünfunddreißig, zehn Jahre jünger als ich, und Krankenschwester in der Poliklinik des Dorfes. Wir trafen uns zwei-, dreimal. Ich musste mir eine infizierte Wunde behandeln lassen, und da stand sie mit ihrem Blick wie Libertad Lamarque und ihrem schönen Mund wie Sarita Montiel. Sie wirkte mir etwas spitz, hatte aber einen festen Körper: guter Arsch und schöne Brüste. Insofern war mir egal, ob sie Wachs im Hirn hatte. Ich unternahm einen Vorstoß. Wir unterhielten uns ein Weilchen, dann nahm sie meine Einladung, mit mir auszugehen an, aber nur, wenn ich zu ihr käme.
»Die Leute im Dorf klatschen gern. Komm heute Abend lieber zu mir. Ich lebe allein. Spielst du gern Domino?«
»Ja, aber...«
»Aber was?«
»Noch nie hat mich eine Frau zum Domino eingeladen.« Wir trafen uns noch am selben Abend. Ich wusch mich von Kopf bis Fuß, versuchte, den Gestank von Schwefel und Schlamm loszuwerden. Ihr Häuschen stand an einem dunklen, abgelegenen Ort, halb bedeckt mit Kräutern und Büschen, die nicht gerade einen Garten ergaben. Alles entwickelte sich zäh und mühsam. Das Häuschen war dunkel, aus ungestrichenem Holz und sehr spärlich möbliert, fast leer. Zwei oder drei Glühbirnen spendeten ein trübes gelbes Licht. Fenster und Türen waren verschlossen, die Hitze erdrückend. Es gab nicht ein einziges weibliches Detail. Keine Gardinen, Blumen oder irgendein hübscher Gegenstand, nichts. Dennoch ließ ich mich vom Apfel anziehen. Sie führte mich in die Küche, wir setzten uns an einen Tisch und spielten Domino und tranken lauwarmen Rum, den billigsten und widerlichsten, den man in schäbigen Kaschemmen ausgeschenkt bekommt. Sie zog eine Schachtel Zigaretten mit schwarzem Tabak hervor und rauchte. Eine halbe Stunde später gelang es mir, dem Domino zu entkommen. Das Ganze hier war die reinste Folterkammer, und ich hatte fast Lust, sie zum Teufel zu jagen und abzuhauen, aber ich versuchte noch, ein bisschen mit ihr zu reden. In Wahrheit wollte ich trotz allem am liebsten in den Apfel beißen. Aber so weit waren wir noch nicht. Ihr Gesprächsstoff konzentrierte sich auf Baseball. Ich habe zu Baseball nichts zu sagen. Weder dafür noch dagegen. Dann ging sie zu Karate über und zeigte mir ihre rauen, schwieligen Hände. »Ich trainiere jeden Tag. Ich kann ein Brett mit einem einzigen Schlag spalten.«
»Stören dich diese Schwielen nicht bei deiner Arbeit?«
»Nein, im Gegenteil.«
»Was soll das heißen?«
»Sei nicht so neugierig.«
»Ich will doch überhaupt nichts wissen, ist mir egal.« Sie stand auf, ging ins Schlafzimmer und kam mit einem Umschlag zurück. Darin waren Fotos von ihr im Bikini - in einem prüden Bikini. In verschiedenen Stellungen. Sie sahen aus wie die Anatomiefotos in einem medizinischen Nachschlagewerk. Stocksteife Stellungen und der Fotograf hielt immer direkt drauf. Nie zuvor hatte ich etwas Lächerlicheres gesehen. Sie glaubte tatsächlich, ich würde auf diese Scheiße abfahren. Vielleicht hielt sie die Bilder für Pornographie. In mir begann der Hass zu brodeln.
»Und was soll das sein?«
»Ich.«
»Wer hat die gemacht? Und wo?«
»Stell nicht so viele Fragen, Schätzchen. Es ist nicht gut, zu viel zu wissen.«
Sie kam näher. Vielleicht erwartete sie, dass ich sie küsste oder ihre Brust antatschte. Aber
Weitere Kostenlose Bücher