Pedro Juan Gutiérrez
es nach Hundescheiße stank. Das war alles. Ihre einzige Hoffnung war, dass Carlos Manuel sie mit nach Miami nahm. Carlos Manuel war seit vielen Jahren der Mann ihres Lebens. Sie heirateten, bekamen einen Sohn, und Carlos Manuel versuchte heimlich das Land zu verlassen. Die Grenzbeamten nahmen ihn fest. Das Gericht verurteilte ihn zu zwei, drei Jahren Gefängnis, aber der Typ hat eine große Klappe und sagte ein paar unangebrachte Dinge über die Regierung und den Kommunismus. Nicht viel. Verglichen mit dem, was er dachte, sagte er wirklich so gut wie nichts. Aber es kam nicht gut an. Sein Anwalt versuchte gar nicht erst, ihn zu verteidigen. Man brummte ihm zehn Jahre Gefängnis auf. Er saß sie ab, und als er wieder rauskam, brachte er seine Papiere in Ordnung und sah verdammt zu, dass er wegkam. Er konnte in Kuba nicht leben. Zulema wurde von ihrer Familie nicht fortgelassen. Ihre Mutter lag ein Jahr mit Schock im Bett. Jetzt hatte sich der Kerl erneut in Zulema verliebt und wollte sie kommen lassen, ganz legal, mit geregelten Papieren, zusammen mit ihrem Sohn, der jetzt zweiundzwanzig war, und ihrer Tochter, die sie später von einem ihrer anderen Männer hatte. So gut ich konnte, schleppte ich mich hinauf in den dritten Stock und klopfte an ihre Tür. Sie öffnete, und ihr fielen fast die Augen aus dem Kopf bei meinem Anblick, als habe sie einen Toten gesehen. Sie wollte mir die Tür vor der Nase zuknallen, aber ich fing sie auf.
»Zulema, warte! Warte, beim Leben deiner Mutter, ich bin's, und ich sterbe.«
Sie versuchte wieder die Tür zuzudrücken, schweigend, ohne ein Wort zu sagen. Erschrocken versuchte sie nur die Tür zu schließen.
Plötzlich wurde die Tür weit aufgerissen, und ein Riesenkerl stand da. Ein wahrer Orang-Utan. Ein großer, starker Mulatte mit schwarzem Bart um den Mund herum. Er war wütend.
»Was, zum Teufel, ist hier los? Was geht hier vor sich? Wer ist dieser widerliche Typ, Chica?«
»Was weiß ich? Ich kenne ihn nicht!«, rief Zulema.
»Zulema, was heißt, du kennst mich nicht?«
»Kennst du ihn nun oder nicht?«, wollte der Orang-Utan wissen.
»Himmel, nein, Pipo, das ist ein Dieb! Ich kenne ihn nicht! Keine Ahnung, wer das ist!«
»Hör zu, du Schlampe, warum...« Der Kerl ließ mich nicht ausreden.
»Wie kannst du es wagen, meine Frau eine Schlampe zu nennen? Bist du verrückt?«
Er packte mich und schlug mit der Faust auf mich ein wie auf einen Ledersack. Ich kann es nicht beschreiben, denn allein bei der Erinnerung daran muss ich kotzen. Seine Fäuste waren nicht aus Fleisch und Blut, sondern aus Blei. Solide Kugeln aus Stahl. Er brach mir die Knochen, warf mich die Treppe hinunter und schloss die Tür.
Die Gregorianischen Gesänge begannen wieder in meinem Kopf zu dröhnen. Ave María. Halleluja. Ich weiß nicht, wie lange ich bewusstlos dalag.
Ich wachte im Bett eines Krankenhauses auf. Mein Unterkiefer, der linke Arm, das Schlüsselbein und mehrere Rippen waren gebrochen. Die Krankenschwester erzählte mir, man habe meinen Arm operiert. Anscheinend waren auch meine Leber und Nieren hinüber, und zwar unwiderruflich. Alle Ärzte fragten mich, ob ich Holzfaser-Alkohol oder Schwefel-säure getrunken hatte. Keine Ahnung. Es hätte schlimmer kommen können. Ich konnte mich nicht bewegen, und durch zwei, drei Kanülen tröpfelten Flüssigkeiten in meine Adern. Eine der Schwestern gefiel mir gut, aber mit meinem grauen Bart sah ich aus wie ein beschissener Tattergreis, wie ein in diesem Winkel der Erde von Gott verlassener Penner. Und die Krankenschwester behandelte mich liebevoll wie eine Mama. Das mögen sie, darin sind alle Krankenschwestern gleich. Sie lieben es, die Patienten zu behandeln, als seien sie verblödet oder nicht normal oder Kleinkinder oder Behinderte. Das machte mich wütend. Na, immerhin hatte ich hier Zeit, nachzudenken. Zulema hatte mir einmal erzählt, ihr Leben sei die Hölle. Das schien mir noch immer der Fall zu sein. Ich würde jetzt Zeit haben, darüber nachzudenken. Wie brachte sich eine hübsche und nette Frau bloß in eine solch ausweglose Lage, in der sie sich Tag für Tag erneut in Morast und Scheiße suhlte. Armut verbiegt die Menschen. Doch am wichtigsten war mir jetzt, mich wieder zu erholen und den Stier bei den Hörnern zu packen. Dann würde ich diesem Pipo die Tracht Prügel seines Lebens bescheren. Ich würde ihn im Treppenhaus abfangen und ihn mit einer Eisenstange zu Brei schlagen. Nie wieder würde er seinen Schwanz hochkriegen,
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