Peinlich peinlich Prinzessin
ihm zurückschreiben«, wiederholte Boris. »Bloß weil ihr nicht mehr zusammen seid, heißt das doch nicht, dass ihr nicht befreundet sein könnt. Hattet ihr das nicht auch so besprochen? Dass ihr weiter befreundet bleibt?«
»Doch«, sagte ich entgeistert. »Aber Boris, woher weißt du, dass er mir gemailt hat? Hat … hat Tina es dir erzählt?«
Boris zögerte und nickte dann. »Ja. Genau. Tina hat es mir erzählt.«
»Oh«, sagte ich. »Na ja, ich kann ihm nicht zurückmailen, Boris. Ich bin … ich bin einfach seelisch noch nicht so weit, dass ich mit ihm befreundet sein kann. Es tut mir immer noch zu weh, dass wir nicht MEHR sein können als nur Freunde.«
»Verstehe«, sagte Boris. »Aber sobald du es seelisch schaffst, solltest du ihm schreiben. Damit er nicht denkt … du weißt schon… dass du ihn hasst. Oder dass du ihn vergessen hast.«
Als könnte das je passieren.
Ich hab Boris versichert, dass ich Michael sofort schreibe, sobald ich mich dazu in der Lage fühle, ohne zusammenzubrechen und ihn in 18-Punkt-Schrift anzuflehen, mich wieder zurückzunehmen.
Und dann hat Boris etwas unglaublich Süßes gemacht. Er hat mir angeboten, mit mir zusammen in die Klasse zu gehen (als ich mich wieder einigermaßen beruhigt hatte und die Spuren meiner Tränen - verschmierte Wimperntusche, verrotzte Nase etc. - beseitigt hatte).
Dadurch sind Boris, Lars und ich alle drei zusammen (und zu spät) zu T&B gekommen.
Aber das hat nichts ausgemacht, weil weder Mrs Hill noch Lilly da sind.
Lilly schwänzt wahrscheinlich, um sich irgendwo mit Kenny zu treffen. Die beiden machen einen auf Courtney Love und Kurt Cobain. Bloß ohne Heroin. Jetzt muss Lilly nur noch anfangen zu rauchen und sich vielleicht ein paar Tattoos zulegen, dann ist ihr Image perfekt.
Boris hat noch mal gefragt, ob es mir wieder gut geht, und als ich gesagt hab: »Ich glaub schon«, ist er im Lehrmittelkabuff verschwunden und hat auf der Geige mein Lieblingsstück von Chopin geübt.
Das hat er bestimmt extra für mich gemacht. Er ist echt süß. Tina hat solches Glück mit ihm.
Hoffentlich hab ich eines Tages auch so ein Glück mit meinem Freund.
O Gott, oder hatte ich dieses Glück womöglich schon und hab es aus eigener Schuld zerstört?
Hoffentlich nicht. Aber wenn, dann kann ich nur sagen, es war schön, solange ich es hatte.
Freitag, 24. September, im Wartezimmer von Dr. G. Stöhrt
Lana und Trisha haben mir zum Trost eine »Auszeit« im Nagelstudio spendiert. Sie haben gesagt, nach dem, was Lilly mir in der Cafeteria angetan hätte, müsste ich mir dringend was Gutes tun.
Deswegen hab ich mir in der sechsten Stunde, statt Softball zu spielen, die Zehennägel und das, was von meinen Fingernägeln übrig ist, knallrot lackieren lassen. (Seit ich aus Genovia zurückgekommen bin, hab ich mir keine neuen Kunstnägel mehr machen lassen und meine natürlichen Nägel bis auf einen kläglichen Rest abgekaut.) In einem Farbton, den Grandmère immer abfällig »Kellnerinnen-Rot« nennt und der ihrer Meinung nach bei jungen Mädchen unmöglich aussieht. Was auch exakt der Grund dafür ist, weshalb ich ihn mir ausgesucht hab.
Als die 45-minütige Maniküre/Pediküre vorbei war, hab ich mich ehrlich gesagt nicht viel besser gefühlt. Ich weiß, dass Lana und Trisha es gut gemeint haben. Aber mein Leben ist im Moment einfach viel zu aufwühlend, als dass mich eine einfache Hand- und Fußmassage (und Nagellackierung) wirklich trösten könnte.
Oh. Dr. G. Stöhrt ist bereit, mich zu empfangen.
Wobei ich nicht glaube, dass irgendjemand - nicht einmal Dr. G. Stöhrt - wirklich BEREIT für das Desaster ist, als das sich mein Leben entpuppt.
Freitag, 24. September, in der Limousine auf dem Weg zum „Four Seasons“
Okay. Jetzt hab ich meinem Cowboytherapeuten das Herz ausgeschüttet, und er hatte Folgendes dazu zu sagen:
»Aber Genovia hat doch schon einen Premierminister.«
Ich sah ihn an. »Nein.«
»Aber ganz bestimmt«, hat er gesagt. »Ich hab mir doch die Filme über dein Leben angeschaut, so wie du es gewollt hast. Und ich erinnere mich deutlich…«
»Das ist eines der Details, die in dem Film nicht stimmen«, seufzte ich. »Neben den ganzen anderen Dingen, die darin nicht stimmen. Die Produzenten haben das ›künstlerische Freiheit‹ genannt und behauptet, das sei nötig, um die Handlung dramatischer zu machen. Als wäre mein Leben nicht schon DRAMATISCH genug.«
»Oh, verstehe«, sagte Dr. G. Stöhrt. Er dachte eine Weile nach und
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