Pelagia und der schwarze Moench
unhöflich das ist, besonders in Gegenwart einer Dame. Verzeihen Sie, verzeihen Sie. Es gibt keine Vergebung . . .«
Matwej Benzionowitsch entschuldigte sich noch eine ganze Zeit lang in diesem kläglichen, verlorenen Tonfall, den Polina Andrejewna noch nie zuvor bei ihm vernommen hatte. Mit einem Ruck drehte sie den Lampenschirm herum, sodass der Mann im Sessel vom Lichtkegel erfasst wurde, und stöhnte auf.
Wie furchtbar verändert war der scharfsichtige, energische Stellvertreter des Gouvernements-Staatsanwalts! In seinem Körper schien kein einziger Knochen mehr zu sein – sein Rücken war ganz krumm, die Schultern hingen herab, die Hände lagen willenlos auf den Knien. Seine heftig blinzelnden Augen blickten völlig ausdruckslos, die Lippen bewegten sich immerzu und stammelten zahllose, allmählich leiser werdende Entschuldigungen.
»Mein Gott, was ist Ihnen zugestoßen?«, schrie die Lissizyna entsetzt und ließ sämtliche spitzfindigen Pläne außer Acht.
Als sie das Cottage Nummer sieben betrat, war Polina Andrejewna darauf vorbereitet, dass Matwej Benzionowitsch, der sie auch früher schon als »Moskauer Adlige« gesehen hatte, seine alte Bekannte erkennen würde, und sie hatte sich für diesen Fall eine glaubwürdige Erklärung zurechtgelegt, doch nun war offensichtlich, dass ihre Befürchtungen vergebens gewesen waren. Berditschewski wandte seinen Blick langsam der jungen Dame zu, blinzelte und erklärte höflich:
»Mir ist eine sehr unangenehme Sache zugestoßen. Ich habe den Verstand verloren. Verzeihen Sie, aber da kann man nichts machen. Es ist mir wirklich sehr unangenehm. Verzeihen Sie, um Christi willen . . .«
Korowin trat zu dem Kranken, packte seine schlaffe Hand und fühlte den Puls.
»Ich bin es, Doktor Korowin. Sie können mich nicht vergessen haben, wir haben uns erst heute Morgen gesehen.«
»Jetzt erinnere ich mich«, sagte Berditschewski langsam und nickte wie ein Holzklotz. »Sie sind der Leiter dieser Einrichtung. Entschuldigen Sie, dass ich Sie nicht sofort erkannt habe. Ich wollte Sie nicht kränken. Ich wollte niemanden kränken. Noch nie. Verzeihen Sie mir, wenn Sie können.«
»Ich verzeihe Ihnen«, unterbrach Donat Sawwitsch ihn hastig, und an seine Begleiterin gewandt erklärte er: »Wenn man ihm nicht Einhalt gebietet, wird er sich stundenlang entschuldigen. Das sind die unerschöpflichen Abgründe eines universalen Schuldbewusstseins.« Er beugte sich über den Patienten und hob mit dem Finger ein Augenlid an. »Hm, tja. Sie haben wieder schlecht geschlafen. Weshalb, wieder Wassilisk?«
Matwej Benzionowitsch rührte sich nicht, versuchte nicht einmal, sein offen stehendes Lid zu schließen, und begann zu weinen – leise, kläglich, untröstlich.
»Ja. Er hat zum Fenster hereingeschaut, geklopft und mir gedroht. Er kommt und raubt meinen Verstand. Mir ist doch jetzt schon fast nichts mehr geblieben, aber er kommt immer wieder. . .«
»Zu Anfang habe ich ihn drüben auf dem Diwan schlafen lassen«, Korowin wies auf eine dunkle Ecke. »Doch der schwarze Mönch begann, nachts bei Herrn Berditschewski ans Fenster zu klopfen. Dann habe ich ihm oben ein Bett machen lassen, im Observatorium. Zwei Nächte hatten wir Ruhe, und jetzt, Sie sehen es, sind Wassilisk Flügel gewachsen, und er kommt ohne weiteres bis in den ersten Stock.«
»Ja«, schluchzte der stellvertretende Staatsanwalt. »Er schert sich nicht darum. Ich habe die magische Formel gerufen, und da hat er sich zurückgezogen und ist einfach verschwunden.«
»Immer noch die gleiche Formel? › Ich glaube, oh Herr«
»Ja.«
»Na sehen Sie, Sie haben gar nichts zu befürchten. Wassilisk fürchtet sich vor Ihrer magischen Formel.«
Berditschewski flüsterte mit zitternder Stimme:
»In der Nacht kommt er wieder, raubt mir noch den letzten Verstand. Und dann vergesse ich, wer ich bin. Ich verwandle mich in ein Tier. Das bereitet Ihnen eine Menge Unannehmlichkeiten, Sie sind schließlich kein Veterinär, Sie behandeln keine Tiere. Ich bitte schon im Voraus um Entschuldigung . . .«
»Hm, ja«, seufzte Donat Sawwitsch und rieb sich entmutigt das Kinn. »Ich kann ihm natürlich zur Nacht ein Morpheogenum verabreichen, aber wer weiß, was er dann träumt. Vielleicht etwas viel Schlimmeres . . . Was soll ich nur machen?«
Polina Andrejewna zerriss es vor Mitgefühl mit dem Kranken das Herz, aber wie man ihm helfen konnte, wusste sie nicht.
»Morpheogenum ist Unsinn«, brummte Ljampe. »Zu mir. Und ganz einfach. Zu
Weitere Kostenlose Bücher