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Pelbar 2 Die Enden des Kreises

Pelbar 2 Die Enden des Kreises

Titel: Pelbar 2 Die Enden des Kreises Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Williams
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Gerüchten über ein riesiges Meer jenseits endloser Gebirge im Westen erzählt hatte, obwohl dort keiner der Shumai jemals gewesen war. Wer hatte ihm das gesagt? Sie erinnerte sich, wie seine grauen Augen ihren warmen, blauen Schimmer bekamen, wenn er über all dies Spekulationen anstellte. Er hatte sogar vorgeschlagen, daß sie einmal eine Reise dorthin machen könnten.
    Zum Teufel mit ihm! Sie hatte einen Träumer geheiratet, der nicht fähig war, ein praktischer und nützlicher Gatte zu sein. Aber wenn sie nun wirklich schwanger war? Würde sie es wagen, mit diesem Argument an ihn zu appellieren? Sie wußte, daß er seiner Pflicht unverzüglich nachkommen würde. Aber das bedeutete, daß sie ihn anflehte, und das tat eine Dahmen niemals! Bei Männern war es angebracht, sie zu beherrschen. Und wenn sie zurückkehrten, wie konnten sie jemals in Pelbarigan leben? Es wäre unmöglich.
    Vielleicht könnten sie nach Nordwall gehen oder in die andere Pelbarstadt, Threerivers, weit im Süden.
    Während sie so dastand und nachdachte, tranken die Shumai ihren dampfenden Tee, aßen Kuchen mit Honigguß und unterhielten sich leise. Sie merkte, daß es einen Augenblick lang still wurde und blickte auf.
    Die Shumai beobachteten sie, und einer grinste. Sein Blick war ihr zuwider, sie drehte sich auf dem Absatz um und hörte schwach hinter sich eine Shumaistim-me sagen: »Und warum sollte ein Mann so etwas verlassen?« Diesen Worten folgte ein häßliches Lachen, dann ein kurzes Murmeln von dem alten Mann, der Hagen hieß.
    Etwa zur gleichen Zeit erwachte Stel. Er war ungefähr siebzehn Ayas weit nach Süden gezogen und hatte das Westufer nach einem einmündenden Bach abgesucht, der groß genug war, um schneefrei zu sein. Er wollte nach Westen. Aber er wollte keine Fährtensucher hinter sich – falls man ihn überhaupt verfolgte.
    Er wußte, daß er müde war und nicht in der Lage, ei-ne längere Flucht durchzuhalten. Eine dumpfe Erschöpfung hatte sich seiner bemächtigt, und er bewegte sich betäubt und spielte seine jüngste Erfahrung durch, am Abend, nachdem er den ganzen Tag geschuftet hatte, die Aborte der Dahmens zu reinigen, Geräte zu polieren, die es nicht nötig hatten, zu waschen, zu kochen, zu putzen und zu backen, manchmal fast die ganze Nacht hindurch. Man hatte ihn ungerecht behandelt, mißbraucht. Er würde nicht zurückgehen. Niemals!
    Aber wo wollte er hin? Das hatte er noch nicht durchdacht. Endlich hatte er einen Bach gefunden, stieg hinein und wanderte am Vormittag darin ein Stück hinauf, nur um zu sehen, daß das Bett schmal wurde und Schnee es zudeckte. Schwindlig vor Erschöpfung war er stehengeblieben, hatte sich an einen Ufereinschnitt gesetzt und getrocknetes Fleisch und Wegbrot aus der Tasche seiner Mutter gekaut. Dann hatte er sich in den Schnee am Ufer eingegraben und war in seinen mit Federn gefütterten Schlafsack ge-krochen. Der Tag war mattgrau, lautlos, bis auf das gelegentliche Pfeifen eines Kardinals. Einmal, als die Sonne ihren höchsten Stand überschritten hatte, blieben drei Tanwölfe, die oben auf dem Uferkamm da-hintrabten, stehen. Sie witterten in den leichten Hauch, der vom Ufer heraufstieg. Der Leitwolf knurrte tief in der Kehle, sein Rückenhaar stellte sich zu einem langen Grat auf. Dann drehten sich alle drei um und schnürten davon. Stel schlief nichtsahnend.
    Als er dann erwachte, stellte er erschrocken fest, wieviel von diesem Tag schon vorbei war. Er war hungrig, schmutzig und unrasiert, und vor Erschöpfung schmerzte ihn noch immer jeder Knochen im Leibe. Aber geistig war er hellwach. Was hatte er getan? Jetzt war er ganz allein. Warum hatte er das getan? Er fühlte sich leer, ohne Ziel. Es war, als wäre ihm schlecht geworden und er hätte sich übergeben und schließlich sein ganzes Leben ausgespien. Er fühlte sich wie eine Haut, die nichts als Leere um-schloß. Was würde Ahroe tun? Nun, das mußte wohl ihre eigene Sorge sein. Aber die Schande. Er hörte gelegentlich von Ausgestoßenen bei den Pelbar, Männern, die sich aus irgendeinem Grund auch nicht in deren Kultur und Gesellschaft einfügen konnten.
    Er hatte sie immer für Eigenbrötler oder Irre gehalten.
    Jetzt war er selbst einer davon. Hatten sie das alle durchgemacht? Hatten sie alle außerhalb ihrer ganzen Erfahrung gestanden, ganz plötzlich, und nach einem anderen Leben gesucht?
    Stel wußte, daß er dazu gezwungen sein würde.
    Man findet nicht so ohne weiteres ein ganz neues Ich.
    Aber es gab noch mehr

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