Pelbar 2 Die Enden des Kreises
Sache treu zu bleiben. Mußte man nicht wissen, was seine Motive waren? Taglio, dachte Stel, hatte aufgehört, sich darum zu kümmern. Er – oder sie – funktionierte wie eine der Windmaschinen, die man bei den Pelbar benützte, um das Wasser heraufzuholen, seitdem Jestak sie im Osten kennengelernt hatte.
Als der Frühling in den Sommer überging, blieb Stel bei den Ozar, hackte ihr großes Feld, schnitt Gras, um es zwischen die Reihen zu legen, damit es den spärlichen Regen festhielt, brachte ihnen Wasser, er-neuerte den Gestrüppzaun, der wilde Rinder abhielt, brachte Weidenruten für Körbe, reparierte den alten Damm und machte eine Vielfalt von Gelegenheitsar-beiten, die Geschick und Aufmerksamkeit erforder-ten.
Die Ozar hatten bachaufwärts, in einem breiteren Teil des steilen Tals, wo es eine Biegung machte, eine lange Reihe von Teichen. Hier züchteten sie Fische, ungefähr so, wie es die Pelbar in ihren Teichen in der Nähe des Heart taten. Stel kümmerte sich um die Fische, fing sie, half sie zu säubern und zu trocknen. Er reparierte auch das Dach des Gemeinschaftsgebäudes, des ›Terminals‹, wie die Ozar es nannten, obwohl niemand wußte, warum.
Zweimal sah Stel, während er am Bach arbeitete, auf dem gegenüberliegenden Hügel die Roti, zu fünft waren sie. Sie sangen nicht mehr, sondern beobachteten ihn schweigend von der Anhöhe aus. Er war zu der Ansicht gekommen, daß sie so waren, wie McCarty und Fitz sie beschrieben hatten. Er wollte sich einen Langbogen machen, wenn er die Zeit dazu fand. Aber sobald er einen freien Augenblick hatte, bat ihn jemand, irgend etwas zu tun. Besonders McCarty schien entschlossen, ihn ohne Unterbrechung arbeiten zu lassen. Er hätte sich weigern können, aber es lohnte sich nicht. Die Ozar waren zu be-dauern, Widerstand brauchte man ihnen nicht zu lei-sten. Im siebten Mondzyklus oder im Hitzemonat der Pelbar starb Harlow, und Stel grub ein Grab auf dem Hügel zwischen den Reihen anderer Gräber, die alle alt waren und von denen nur noch wenige Tafeln trugen. Als Stel sich erkundigte, sagte man ihm, man habe in letzter Zeit die Toten in die große Abfallgrube unterhalb der Siedlung geworfen. Stel kannte sie gut.
Es war ein Lagersilo gewesen, ein quadratischer Steinturm, sauber vom Terminal aus bachabwärts gegen den Hügel gebaut. Aber irgendwann hatten die Ozar aufgehört, Bohnen oder Getreide darin zu lagern und begonnen, allen möglichen Abfall und auch Abwässer hineinzukippen. Es war ein gräßliches Gemisch, und es sickerte stinkend aus den Sprüngen in den untersten Steinen.
Alle bezeichneten das als den ›Eintopf‹, und Stel hatte bald den Verdacht, daß dieser Name von McCarty stammte. Sie selbst hatte einen Abscheu davor und verbrachte fast jeden Tag einige Zeit damit, an ihrer eigenen Begräbnisstätte auf dem Hügel zu arbeiten, damit man sie, wenn sie starb, nicht in den Eintopf werfen sollte. Obwohl sie einen kräftigen Eindruck machte, war das Graben auf dem steinigen Hügel keineswegs leicht für sie, und sie war noch nicht einmal halb fertig. Stel sah, daß sie schon einige Zeit damit beschäftigt gewesen war. Sie wollte ihn dazu bringen, für sie zu graben, aber er sagte ihr einfach, er sei sicher, daß sie ewig leben würde.
Bald bereute er jedoch, daß er das gesagt hatte. Sie schaute ihn immer mit wissendem Blick an und bemerkte: »Ich werde als letzte gehen. Sogar du, fetter Stel mit den vielen Haaren, wirst vor mir gehen und mir ein Licht vorantragen, um mich ins Land der Dunkelheit zu führen. Hinter uns werden die Roti kommen und dich verfolgen, und wir werden uns beeilen müssen. Dann werde ich sie abschrecken.
Aber ich werde die letzte sein.«
Stel ertrug McCarty, wie er die Dahmens ertragen hatte, mit Geduld und Entschlossenheit. Aber sie vermittelte ihm auch ein unbestimmtes Unbehagen.
Andererseits war Fitzhugh sein ganzes Entzücken – die einzige Person seit seinem Weggang aus Pelbarigan, die er spontan liebte. Fitz hielt die ganze Gesellschaft in Gang. Sie hatte sich trotz aller Schwierigkeiten eine menschliche Ausstrahlung bewahrt. Au-
ßerdem war sie eine unübertreffliche Politikerin und beschwichtigte alle häuslichen Krisen. Abends pflegte Stel sie aufzusuchen und sich mit ihr zu unterhalten, während sie die innere Rinde einer Baumsorte, die sie das ›Tauwerk‹ nannten, schlug und zu Faden spann, aus dem dann der Stoff für die langen, grauen Ge-wänder gemacht wurde, die sie alle trugen.
Es war eine mühselige
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