Pelbar 2 Die Enden des Kreises
Gewänder gehüllten Leuten. Das war ihm egal. Die meisten von ihnen konnten ohnehin nichts sehen. Die anderen schienen nur noch Hüllen von Menschen zu sein, sie nuschelten und redeten bedeutungsloses Zeug. Wieder aß er Bohnen und Fisch. Wieder schmeckte es klebrig.
Dann brachte ihm Fitzhugh eine Hacke. »Nun, Stel«, sagt sie. »Da ist nichts zu machen. McCarty und die anderen wollen, daß du hackst, wenn du hierbleiben willst. Zum Reden haben wir später noch Zeit.
Ich freue mich, daß du dich anscheinend erholt hast.
Alles, was du tun kannst, wird uns eine Hilfe sein.
Wie du siehst, ist es eine schlimme Zeit für uns. Als ich noch ein Kind war, waren wir Hunderte. Dann bebte die Erde, und unser Bach floß nicht mehr.
Staubwolken rollten über uns hinweg, und unsere ganze Ernte ging kaputt.
Ein Mann, er hieß Kannaday, überredete uns, daß wir das leere Land durchqueren und nach Norden gehen müßten, um die Emeri um Hilfe zu bitten. Ich und Jaeger wurden zurückgelassen, um uns um Ozar zu kümmern. Es war eine schwere Zeit. Die Emeri wollten nicht helfen – sie gingen nicht einmal in die Nähe von denen, die das leere Land durchquert hatten und trieben sie mit gezückten Schwertern zurück.
Während die anderen fort waren, erwachten Jaeger und ich eines Nachts von einem starken Wasserrau-schen und fanden unseren Bach fast bis zu dieser Hö-
he hier angestiegen. Aber bald sank er wieder und floß wie heute.
Später, als einige von uns nach Westen gingen, entdeckten wir, daß ein Erdrutsch stattgefunden hatte, der einen Damm bildete, und daß sich das Wasser schließlich so weit gestaut hatte, daß es über diesen Damm floß und ihn dann beiseite schob. Es war eine große Katastrophe für uns. Wir verloren alle unsere Gebäude unten am Wasser und auch unseren Damm.
Alles war verändert, als die anderen zurückkehrten. Einige wurden schwer krank. Andere verloren die Haare, und im Laufe der Zeit erging das allen so.
Keine Kinder wurden mehr geboren. Die Leute schienen kein Ziel mehr zu haben. Literatur, Kunst, Musik, sogar Sport wurden weniger und hörten ganz auf, als die, die überlebt hatten, älter wurden.
Jaeger und ich hatten ein Kind, aber einige von den Kranken stahlen und töteten es, weil sie selbst keine bekommen konnten. Wir bekamen noch eines. Es hatte dunkle Augen, daher brachte es Jaeger zu den Roti und gab es ihnen. Wer weiß. Vielleicht hat dich gestern mein eigener Enkel hierhergejagt. Das Leben ist hart. Jetzt ist Jaeger gestorben, und ich muß mich um diese Übriggebliebenen kümmern, bis sie sterben oder bis ich sterbe. Warum erzähle ich dir das? Ich weiß es nicht. Es wäre gut, wenn mich jemand verstehen könnte, ehe ich sterbe.«
Stel erwiderte nichts. Sie hatte gesagt, das Leben sei hart. Allmählich stimmte er ihr zu. Er legte den Arm um sie, und als sie ihn ihrerseits umarmte, tat sie es mit fast grimmiger Heftigkeit.
Aber dann kam McCarty um die Ecke des Gebäudes, den Stock in der Hand, und Fitzhugh ließ Stel los. »Geht das schon wieder los, Fitz. Liebesmädchen.
Was? Ist er noch immer nicht an der Arbeit? Schau mal, Stel, du Gierschlund. Ich habe meinen Stab wieder. Ich glaube, ich muß dich damit bearbeiten. Du bist mir etwas schuldig. Gestern habe ich dich gerettet, als du geflohen bist. Du hast zwar einen Bart, aber nicht das Herz eines Mannes.«
Den Rest des Tages hackte Stel Bohnen. Es machte ihm nichts aus, obwohl ihn seine Schulter dumpf schmerzte. Zum erstenmal, seit er Pelbarigan verlassen hatte, war er ein funktionierendes Mitglied einer Gemeinschaft, und obwohl dies eine sehr sonderbare Gruppe war, fühlte er sich mehr zu Hause als jemals in dem ganzen Winter, als er gewandert war.
Fitzhughs kurze Erklärung gab ihm viel Stoff zum Nachdenken. Was für eine schreckliche Katastrophe war über die Alten hereingebrochen, die große Flä-
chen des Landes so lange vergiftet hatte, daß sie eine Gesellschaft, die dieses Gebiet nur durchquerte, zerstören konnte? Würde sich das Land jemals wieder erholen? Dem, was er von Gewalttätigkeit und Elend gesehen hatte nach, würden sie es jedoch vielleicht wieder genauso machen. Andererseits gab es auch anständige Leute. Stel kannte welche in Pelbarigan und bei den Shumai. Er hatte in den letzten zwei Jahren Sentani kennengelernt, die es an Wärme und Güte allen Menschen gleichtaten, die er kannte. Und es gab edle Ideen und Ideale, und die Verehrung Avens mit ihrem ganzen Kodex von ethischen Grundsätzen, die so
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