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Pellkartoffeln und Popcorn

Pellkartoffeln und Popcorn

Titel: Pellkartoffeln und Popcorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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und hatte Anrecht auf einen Weihnachtsbaum.
    »Dann holen wir uns die Dinger eben selber«, beschloß PW, dem es trotz Beziehungen noch nicht gelungen war, das weihnachtliche Attribut aufzutreiben.
    »Du bist ja verrückt! Jede Schonung wird bewacht, und ich habe wirklich keine Lust, die Feiertage in einer Zelle zu verbringen.«
    »Wir müssen die Polizei irgendwie ablenken, und ich habe auch schon eine Idee …«
    Am nächsten Abend zogen Mami und Tante Käte in den Wald und steuerten auf Umwegen die kleine Kiefernschonung an, wo die Bäume bereits zur richtigen Größe herangewachsen waren. Begleitet wurden sie von Frieda Seiferts Struppi, die in das Unternehmen eingeweiht worden war, und bereitwillig ihren Terrier zur Verfügung gestellt hatte. Erwartungsgemäß umkreiste ein frierender Polizist das leicht zu überschauende Gebiet und musterte finster die beiden Ankömmlinge, die sich mit schuldbewußter Miene vor ihm aufbauten. »Entschuldigen Sie, Herr Wachtmeister, aber können Sie uns weiterhelfen? Wir geben ja zu, daß wir eigentlich einen Weihnachtsbaum klauen wollten, aber diesen Vorsatz haben wir inzwischen aufgegeben. Jetzt wollen wir bloß noch nach Hause. Seit zwei Stunden irren wir im Kreis herum und finden nicht mehr zurück. Können Sie uns vielleicht bis zur nächsten Straße bringen? Eine Taschenlampe haben wir nämlich auch nicht mit.«
    Der Polizist grinste. »Von Rechts wegen sollte ich Sie zur Strafe Ihrem Schicksal überlassen; aber ich werde Sie bis zum Weg bringen, und wenn Sie den entlanggehen, kommen Sie direkt auf die Onkel-Tom-Straße.« Die Polizei, dein Freund und Helfer! Während der Uniformierte Beschützerdienste leistete und sich mit den reuigen Sünderinnen immer weiter von der Schonung entfernte, schlichen PW und Onkel Paul in das verbotene und nun von der Polizei nicht mehr bedrohte Terrain, sägten in aller Ruhe zwei Bäume ab und verschwanden mit ihrer Beute. Um auch die letzte Gefahr auszuschalten, trat Mami ihrem vierbeinigen Begleiter hin und wieder auf Schwanz oder Pfote, worauf Struppi programmgemäß losjaulte und wie ein Wilder zu kläffen begann. Sein Geheul hätte auch ohne weiteres eine Motorsäge übertönt!
    Einen Weihnachtsbaum hatten wir also, Kugeln und Lametta auch, weil das ja seit jeher Fädchen für Fädchen nach dem Fest immer wieder abgenommen, in Zeitungspapier gewickelt und mit Rauschgoldengel und Buntpapierkette bis zum nächsten Jahr aufbewahrt wurde. Plötzlich besaßen wir sogar Kerzen. Omi fiel nämlich ein, daß sie außer Bettlaken und Kristallvasen auch eine elektrische Baumbeleuchtung geerbt hatte, weil die erste Frau Jäger in panischer Angst vor einem Zimmerbrand gelebt und aus diesem Grunde niemals Wachskerzen benutzt hatte.
    »Natürlich können wir den Baum nur anzünden, wenn Strom da ist«, dämpfte Omi die allgemeine Freude, »und über den Zähler wird das auch ganz schön hergehen, aber schließlich ist nur einmal im Jahr Weihnachten.« Richtig!
    Und genau darum beschloß der Familienrat, diesmal etwas Größeres zu verkaufen, um auch in kulinarischer Hinsicht dem feierlichen Rahmen des Festes Rechnung zu tragen. Mami wollte einen ihrer gehüteten Kostümstoffe opfern, und Omi spendete nach einem fragenden Seitenblick auf ihren Mann den Brillantring mit dem Schlangenkopf. Er hatte ihr sowieso nie recht gefallen, und außerdem paßte er nicht.
    »Ich kann überhaupt nichts beisteuern. Höchstens meinen Trauring, aber dafür kriegt man ja kaum etwas.«
    »So weit kommt das noch, Else! Ihr habt doch schon alles verloren, während wir dankbar sein müssen, daß wir so glimpflich davongekommen sind. Seien wir lieber froh, daß wir überhaupt noch etwas zu verkaufen haben!«
    Mami blinzelte verblüfft zu Tante Else hinüber. Solche einsichtsvolle Gedanken waren Omi doch bisher noch nie gekommen. Im Gegenteil, sie tat stets so, als ginge es an Leib und Leben, wenn sie sich von einer ohnehin nie benutzten Kostbarkeit trennen sollte.
    »Die Sachen bringe ich diesmal aber nicht zur Wildenhof. Die kennt sich zwar aus in Nylonstrümpfen und Schweineschmalz, aber von Schmuck und Stoffen hat sie keine Ahnung. Ob wohl der alte Knappstein noch lebt?«
    Das war jener Herr, der seinerzeit das Opium aufgetrieben und wahrhaft fürstlich honoriert bekommen hatte. Er lebte wirklich noch, erfreute sich zunehmender Beleibtheit und konnte sich sogar noch an den Opiumhandel erinnern. Omis Ring interessierte ihn weniger, weil der Markt angeblich mit Schmuck

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