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Pells Stern

Pells Stern

Titel: Pells Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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Höflichkeitsfloskeln, nicht in Stimmung dazu, im Regen zu stehen, Hände zu schütteln und Freundlichkeiten gegenüber einem Neffen zu formulieren, den er am liebsten nicht sah. Er war gegen die Heirat seiner Schwester gewesen; hatte mit ihr gestritten; diese Heirat hatte ihn nicht
in
die Konstantin-Familie einbezogen - bei ihrer, Alicias, Einstellung war es eher eine Desertation gewesen. Er und Alicia hatten sich seither nicht mehr gesprochen, abgesehen von offiziellen Anlässen, und in den letzten sieben Jahren nicht einmal mehr dabei... ihre Anwesenheit machte ihn niedergeschlagen. Und die Jungen sahen wie Angelo aus, wie Angelo in seinen jüngeren Tagen gewesen war; er mied sie, die wahrscheinlich hofften, die Lukas-Gesellschaft in die Hand zu bekommen - zumindest einen Anteil daran, da sie nach ihm als nächste Verwandte kamen. Es war diese Hoffnung, davon war er immer noch überzeugt, die Angelo zu Alicia hingezogen hatte: die Lukas-Gesellschaft war immer noch die größte unabhängige Gesellschaft auf Pell. Aber er hatte sich geschickt aus dieser Familie hinausmanövriert, sie mit einem Erben überrascht, nicht jemandem, der seinem Geschmack entsprach, aber eben einem wirklichen Menschen.
    Er hatte während dieser Jahre auf Downbelow gearbeitet, war vorrangig davon ausgegangen, dass es vielleicht möglich war, die Lukas-Gesellschaft hier unten durch Bauprojekte auszuweiten. Angelo hatte es kommen sehen und den Rat dahin gebracht, die Sache zu blockieren. Angeblich ökologische Belange. Jetzt erfolgte der abschließende Zug.
    Er akzeptierte den Brief mit der Anweisung zur Rückkehr; nahm ihn so unhöflich entgegen, wie er ihm ausgehändigt wurde, ging ohne Gepäck und ohne Fanfarenstöße, wie ein Gesetzesbrecher, der in Ungnade heimbefohlen wird. Kindisch war es vielleicht, aber vielleicht sagte es auch dem Rat etwas... 
    Und wenn sämtliche Vorräte in der Mühle am ersten Tag der Konstantin-Verwaltung hier unten dem Wasser zum Opfer fielen, dann umso besser! Sollten sie auf der Station ruhig Knappheit zu spüren bekommen; sollte Angelo das dem Rat erklären. Bei der darauf folgenden Debatte würde er im Rat anwesend sein, und - ah - wie sehr wollte er das!
    Er hatte mehr verdient als das hier.
    Die Motoren liefen schließlich an und kündeten vom Start. Er stand auf und holte sich eine Flasche und ein Glas aus dem Schrank. Er empfing eine Nachfrage von der Besatzung der Fähre, erklärte, dass er nichts brauche. Er setzte sich wieder und gurtete sich an, und die Fähre begann hochzusteigen. Er goss sich einen harten Drink ein, machte sich damit Mut für den Flug, den er stets gehasst hatte, trank, während die bernsteinfarbene Flüssigkeit durch die Anspannung seines Armes und die Vibrationen des Schiffes im Glas zitterte. Ihm gegenüber hielten die Downer einander fest und stöhnten.
     
    6.2. Pell Arrestzone: Rotsektor Eins: 20.5.52; 09:00 Uhr
    Der Gefangene saß zusammen mit ihnen dreien ruhig am Tisch, starrte vor allem den Aufseher der Wache an, wobei seine Augen auf etwas dahinter liegendes gerichtet zu sein schienen. Damon legte die Mappe Wieder auf den Tisch und begutachtete den Mann, der mehr als alles andere versuchte, ihn nicht anzublicken. Damon empfand bei dieser Befragung intensives Unbehagen - dieser Mann war ganz anders als die Kriminellen, mit denen er bei den Rechtsangelegenheiten ansonsten zu tun hatte, dieser Mann mit dem Gesicht eines Engels auf einem Gemälde, dieser allzu perfekte Mensch mit blondem Haar und Augen, die durch die Dinge hindurchsahen. Schön, dieses Wort kam ihm in den Sinn.
    Es gab keinen Makel. Der Blick drückte vollkommene Unschuld aus. Kein Dieb, kein Schläger; aber dieser Mann würde töten - wenn solch ein Mann töten könnte - aus politischen Gründen. Aus Pflichtgefühl, denn er gehörte zur Union und sie nicht. Kein Hass war dabei im Spiel. Es war beunruhigend, das Leben oder den Tod eines solchen Mannes in der Hand zu haben. Das gab
ihm
seinerseits Möglichkeiten, spiegelbildliche Möglichkeiten - nicht aus Hass, sondern aus Pflichtgefühl, denn er gehörte nicht zur Union, und dieser Mann tat es.
    Wir haben Krieg,
dachte Damon elend.
Mit ihm ist auch der Krieg hergekommen.
    Das Gesicht eines Engels.
    »Er macht Ihnen keine Schwierigkeiten, nicht wahr?« fragte Damon den Aufseher.
    »Keine.«
    »Ich habe gehört, er sei ein guter Midge-Spieler.«
    Damit erzeugte er bei beiden ein Zucken der Augenlider. Es gab illegale Glücksspiele in der Arrestsektion, wie

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