Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pells Stern

Pells Stern

Titel: Pells Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
Vom Netzwerk:
fürchterlich persönlichen Dingen, der Art intimer Einzelheiten, die bei der Anpassung an die Oberfläche traten, während ein Großteil des Ichs offen gelegt, untersucht und sortiert wurde.
    Furcht vor Verlassenheit, das war am tiefsten; Angst davor, eine Last für seine Verwandten zu sein, das Verlassenwerden verdient zu haben. Er empfand eine verwirrte Art Schuld über den Verlust seiner Familie, eine alles durchdringende Angst davor, dass dergleichen noch einmal geschähe, wenn er sich mit jemandem einließ. Liebte die Tante.
Hat sich um mich gekümmert,
verlief der Faden zu diesem Punkt.
Hielt mich manchmal fest. Hielt mich fest - liebte mich.
Er hatte sie nicht verlassen wollen. Aber die Union stellte ihre Forderungen; er wurde vom Staat unterstützt, und sie nahmen ihn, als er das entsprechende Alter erreichte.
    Danach fand eine staatliche betriebene Tiefenausbildung statt, Erziehung nach Band, militärisches Training und keinerlei Heimfahrten. Eine Zeitlang bekam er noch Briefe von der Tante; der Onkel schrieb nie. Er glaubte, dass die Tante gestorben sein müsse, weil die Briefe vor einigen Jahren aufgehört hatten.
Sie würde schreiben,
war er überzeugt.
Sie hat mich geliebt.
Aber es gab noch tiefere Ängste, dahingehend, dass das gar nicht stimmte, dass sie das staatliche Geld wirklich gewollt hatte; und da war die Schuld, dass er nie nach Hause gefahren war, dass er auch diese Trennung verdient hatte. Er hatte dem Onkel geschrieben und keine Antwort bekommen. Auch das tat weh, obwohl er und der Onkel einander nie gemocht hatten. Einstellungen, Überzeugungen... noch eine Wunde, eine zerbrochene Freundschaft; eine unreife Liebesaffäre, wieder ein Fall, wo irgendwann keine Briefe mehr kamen, und diese Wunde verwuchs mit den alten. Eine spätere Zuneigung zu einem Gefährten im Dienst - ungemütlich abgebrochen. Er neigte dazu, sich in einem verzweifelten Ausmaß an andere zu binden.
Hielt mich fest,
wiederholte er, mitleiderregende und heimliche Einsamkeit. Und andere Dinge.
    Jetzt fand er es heraus: Angst vor der Dunkelheit. Ein vager, ständig wiederkehrender Alptraum: eine weiße Stelle. Befragung. Drogen. Russells Station hatte Drogen eingesetzt, entgegen jeder Politik der Kompanie, entgegen allen Menschenrechten... hatte unbedingt etwas herausfinden wollen, das Talley einfach nicht wusste. Man hatte ihn bei Mariner erwischt - bei
Mariner -
ihn auf dem Höhepunkt der Panik nach Russells überführt. Die bedrohte Station hatte sich Informationen verschaffen wollen, hatte beim Verhör Anpassungstechniken verwandt. Damon stützte den Mund gegen die Hand, betrachtete den fragmentarischen Bericht, wie er an ihm vorüberzog, spürte Übelkeit im Magen. Er schämte sich der Entdeckung und seiner Naivität. Er hatte Russells Berichte nicht in Frage gestellt, hatte sie nicht selbst unter die Lupe genommen, denn andere Dinge hielten ihn beschäftigt, und es gab Mitarbeiter, die sich um diese Sache kümmerten; hatte auch - gestand er sich selbst gegenüber ein - mit dem Fall nicht mehr zu tun haben wollen als absolut unumgänglich. Talley hatte nie nach ihm gerufen, hatte ihn hereingelegt. Hatte sich zusammengerissen, bereits durch eine vorhergehende Behandlung auseinandergefädelt, um Pell dahingehend zu täuschen, dass es das einzige tat, was seiner mentalen Hölle vielleicht ein Ende bereitete. Talley hatte ihm direkt in die Augen geblickt und seinen eigenen Selbstmord arrangiert.
    Der Bericht fuhr fort - informierte von Verhören unter Drogen und dann einer chaotischen Evakuierung, mit Stationsmob auf einer Seite und ihn bedrohenden Militärs auf der anderen.
    Und was es bedeutet hatte, Gefangener auf einem von Mazians Schiffen zu sein, was während dieser langen Reise geschehen war...
    Norway -
und Mallory.
    Er schaltete den Bildschirm aus und starrte auf den Papierstapel, die noch nicht abgeschlossenen Urteile. Nach einer Weile machte er sich wieder an die Arbeit, die Finger taub, während er die Ermächtigungen unterzeichnete.
    Männer und Frauen waren auf Russells Stern an Bord gegangen, Leute, die wie Talley vielleicht noch normal gewesen waren, bevor alles anfing. Was aus diesen Schiffen geworden war, was drüben in Q existierte... war aus Leuten
gemacht
worden, die sich nicht von den Bewohnern Pells unterschieden.
    Was er tat, war das Vorantreiben der Zerstörung von Leben wie dem Talleys, die bereits zerstört waren, der Leben von Menschen wie er selbst - überlegte er -, die über die Grenzen der

Weitere Kostenlose Bücher