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Pelte, Reinhard

Pelte, Reinhard

Titel: Pelte, Reinhard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inselbeichte
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Stuhl.«
    »Vielleicht hätte ich lieber meine Krachledernen anziehen sollen.« Immo setzte sich beleidigt auf den schmalen Holzstuhl.
    »Was wir in diesem Raum besprechen, Immo, wird aufgezeichnet. Ich wollte dich vorher darauf hinweisen.«
    »Mein Gott, nun tu doch nicht so offiziell. Was willst du?«
    Jung setzte sich in seinen Bürostuhl und schaltete das Aufnahmegerät ein. »Ich habe Udo gefunden und mit ihm gesprochen. Er hat gestanden.«
    »Ja und? Was denn? Was hab ich damit zu tun?«
    Das fängt ja gut an, dachte Jung und machte einfach weiter: »Ihr beide habt das Mädchen verschwinden lassen, das wir seit elf Jahren suchen. Darüber ist die Familie des Mädchens zerbrochen. Das Mädchen ist tot und begraben.«
    »Das ist doch Unsinn, Jung.«
    »Dann erzähle mir, was nicht Unsinn ist, Immo.«
    »Udo hatte das Mädchen in mein Auto gelegt«, fuhr er erregt fort. Jung hielt den Atem an. »Ich habe damit überhaupt nichts zu tun. Ich habe ihm nur geholfen, sein Problem aus der Welt zu schaffen.«
    Jung zeigte mit dem rechten Zeigefinger auf Immos Brust und sagte betont: »Und auch dein eigenes Problem und das deines Lustknaben.«
    »Was weißt du schon davon, du selbstgerechter Hetero. Halt dich da raus. Ich hab dir das schon einmal gesagt und ich sag es dir noch einmal: Ich habe Udo nur geholfen. Ich habe ihm erst die Chance eröffnet, auf vernünftige Art und Weise aus der Sache rauszukommen.«
    »Was er ja auch gemacht hat.« Jung machte eine kurze Pause. »Das Mädchen wurde von der Polizei gesucht, Immo.«
    »Was hätte ich denn tun sollen? Ihn verraten? Ich habe ihn geschützt, das ist die reine Wahrheit.«
    »Einen Mörder?«
    »Das ist doch Quatsch, Jung, das weißt du so gut wie ich. Udo kann keiner Fliege was zuleide tun. Es war ein Unfall. Der Süße hatte mir mal erzählt, seine Schwester sei krank und bekäme ab und zu schlimme Anfälle.«
    »Und da habt ihr für ein unauffälliges und schönes Begräbnis gesorgt. Wie nett von euch.« Jung konnte sich seinen Sarkasmus nicht verkneifen.
    »Was wäre denn die Alternative gewesen, du weltfremder Sesselfurzer in deiner Klosterzelle hier?«
    »Du wirst es mir gleich sagen, Immo.«
    »Ein Hetze, ja ein Progrom hätte stattgefunden, und Udo wäre das Opfer gewesen. ›Homosexueller Gottesmann killt junges, unschuldiges Mädchen‹. Das wäre die Schlagzeile auf der ersten Seite der Boulevardblätter gewesen. Vermutungen wären angestellt worden, ob er auch noch ihren Bruder verführt und mit AIDS angesteckt habe. Sie hätten ihm nicht nur seine Existenz geklaut, sondern ihn öffentlich hingerichtet. So ’n Beamter wie du, mit Festgehalt und Pension, hat doch überhaupt keine Ahnung, in welcher Scheiße wir in dieser kleinkarierten Spießergesellschaft leben müssen. Am liebsten würdet ihr uns doch alle einsperren, damit wir euch nicht mehr mit AIDS verseuchen. Die hohen Herren aus den Vorstandsetagen könnten dann viel ruhiger ihre minderjährigen Nutten vögeln, aus Brasilien, Thailand und sonst woher. Du gehst mir auf den Sack, Jung.«
    »Ja Immo, das war’s dann wohl. Oder hast du noch mehr zu sagen?«
    »Du hast überhaupt keine Beweise, Jung. Ich werde Udo weiter schützen.«
    »Vielleicht fragst du ihn lieber vorher, ob er deinen Schutz überhaupt will, Immo.« Eine längere Pause entstand, in der Immo ihn entgeistert anstarrte.
    »Was hast du vor?«
    »Wenn es soweit ist, wirst du von mir hören. Du kannst jetzt gehen.«
    »Wie gnädig von dir. Ich dachte schon, du legst mir Handschellen und Fußfesseln an.«
    »Tschüss, Immo.«
    Immo stand auf. Er nahm den Stuhl in die Hand und hob ihn spielend leicht in die Höhe. Es sah so aus, als wolle er Jung damit bedrohen.
    »Darf ich den als Andenken an die deutsche Kriminalpolizei mit in mein Hotel nehmen, Herr Kriminalrat?«, fragte er ätzend.
    »Kriminaloberrat, Immo. Und stell den Stuhl wieder hin.«
    Immo ließ den Stuhl fallen, öffnete die Tür und warf sie hinter sich zu.
    Jung atmete hörbar aus und schaltete das Aufzeichnungsgerät ab. Das war schneller gegangen, als er erwartet hatte. Und deutlich genug war Immo auch geworden. Es würde reichen, ihn für den Richter weichzuklopfen. Er brauchte in der Geschichte Udos Namen nur durch Immos zu ersetzen, und die ganze Wahrheit läge auf dem Tisch. Immos und Udos Motive waren blank, deutlich und nachvollziehbar.
    Jung stand auf und öffnete das Fenster. Er sah auf die Hafenspitze, über das graue Fördewasser, auf das Restaurant Bellevue und

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