Pendergast 04 - Ritual - Höhle des Schreckens
Arbeitsplatz ist. Als 1996 die Nachtschicht gekappt wurde, sind zwanzig Familien weggezogen. Für die betroffenen Familien war es schrecklich, ihre Häuser aufzugeben. Häuser, die ihre Großväter eigenhändig gebaut hatten! Nur, wer lebt schon gern in einer sterbenden Stadt? Sie etwa? Und dieses Anbauprojekt könnte uns eine neue Zukunft bescheren. Ein, zwei Versuchsfelder, was ist das schon? Die Gentechnik hat Zukunft, Smitty, und wir wollen an dieser Zukunft teilhaben! Am Montag wird Dr. Chauncy seine Entscheidung treffen. Tun Sie mir den Gefallen und legen Sie Ihre Story bis Dienstagmorgen auf Eis, dann ist er weg. Können Sie mir folgen?«
»Ich verstehe, was Sie sagen wollen.«
»Mir liegt das Wohl unserer Stadt am Herzen, Smitty, genau wie Ihnen. Ich erfülle nur meine Bürgerpflicht.«
Smitty starrte unschlüssig auf seinen Teller. Das Eigelb war schon stockig und der Schinken wahrscheinlich kalt und hart geworden.
Sheriff Hazen fühlte sich bemüßigt, Ridder den Rücken zu stärken. »Smitty, ich weiß, wir sind nicht immer einer Meinung. Aber es gibt noch einen Grund, warum Sie nichts über diesen Hund bringen sollten. Die Psychologen der Gerichtsmedizin in Dodge glauben, dass der Täter nur auf öffentliche Aufmerksamkeit wartet. Er legt es drauf an, die Stadt zu terrorisieren. Die Leute graben uralte Legenden aus – über das Massaker und den Fluch der Fünfundvierzig. Anscheinend hat der Mörder sich eine eigene Theorie über den Fluch zurechtgelegt. Die Psychofritzen glauben, dass Zeitungsartikel Wasser auf seine Mühle sein könnten. Und wir wollen doch auf keinen Fall, dass er noch einmal zuschlägt. Den Kerl darf man nicht unterschätzen, der ist gefährlich, Smitty.«
Ludwig druckste eine Weile herum, dann seufzte er. »Na schön, vielleicht kann ich den Artikel über den Hund ein paar Tage vor mir herschieben.«
Ridder strahlte und drückte Smittys Schulter noch herzhafter.
»Das finde ich großartig von Ihnen!«
»Sie haben von zwei Punkten gesprochen.«
»Richtig. Ich habe mir gedacht – aber das ist natürlich nur eine Anregung –, dass Sie einen Artikel über Dr. Chauncy bringen könnten. Da fühlt er sich bestimmt geschmeichelt. Auf das Projekt sollten Sie allerdings nicht allzu detailliert eingehen. Aber eine kleine Biografie, seine wissenschaftlichen Verdienste – das würde sich gut machen.«
»Keine schlechte Idee«, murmelte Ludwig, und das war durchaus ehrlich gemeint. Die Leser zeigten immer reges Interesse an Entwicklungen, die sich auf die Zukunft von Medicine Creek positiv auswirken konnten.
»Großartig. Sobald er da ist, stelle ich Sie ihm vor, und dann lasse ich euch allein. Ich wusste es, Smitty, Sie sind ein Mann, mit dem man reden kann.«
In dem Moment fing Hazens Funkgerät zu krächzen an. Der Sheriff nahm es aus der Gürteltasche und schaltete auf Empfang. Tad Franklin war dran, mit dem Morgenbericht.
»Irgend so ein Spaßvogel hat dem Footballtrainer die Luft aus den Reifen gelassen.«
»Weiter!«, schnarrte Hazen.
»Wieder ein toter Hund. Wie uns gemeldet wurde, liegt er eine halbe Meile außerhalb der Stadt an der Deeper Street.«
»Heiliger Strohsack! Weiter!«
»Willie Stotts Frau sagt, dass er heute Nacht nicht nach Hause gekommen ist.«
Der Sheriff verdrehte die Augen. »Wahrscheinlich schläft er mal wieder im Hinterzimmer des
Wagon Wheel
seinen Rausch aus. Frag mal bei Swede nach! Das mit dem Hund übernehme ich selber.«
»Ja, Sir. Das war dann alles.«
Hazen schob das Funkgerät in die Gürteltasche, drückte die Zigarette aus und stand auf. »Bis demnächst, Art, ich muss los. Und danke, Smitty.«
Er war noch nicht ganz an der Tür, als beim Eingang zur Bowlingbahn Chauncy auftauchte. Ridder winkte ihm und rief: »Hier sind wir!« Chauncy nickte und kam mit dem gestelzten Gang, der Ludwig schon beim Wohltätigkeitsfest aufgefallen war, zu ihnen.
Als Ridder und Ludwig aufstanden, sagte er gönnerhaft: »Bitte keine Förmlichkeiten, meine Herren!«, schüttelte ihnen die Hand und setzte sich.
Ridder hüstelte. »Dr. Chauncy, ich möchte Sie gern mit Smit Ludwig vom
Cry County Courier
bekannt machen, unserer Lokalzeitung. Er ist Herausgeber, Redakteur und Reporter – sozusagen ein Allroundgenie.« Er lachte gekünstelt. »Sagen Sie einfach Smitty zu ihm, das tun alle in Medicine Creek. Wir sind eben wie eine große Familie.«
Chauncy nickte verhalten. »Nun, Smitty, dann darf ich Sie bitten, mich Stan zu nennen.«
Ridder ließ Ludwig
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