Pendergast 06 - Dark Secret - Mörderische Jagd
gefällt mir nicht.«
»Mir auch nicht.«
Carters Funkgerät ging an, er nahm es in die Hand.
»Wir sollten lieber von hier verschwinden«, sagte D’Agosta leise.
Sie gingen rasch auf den Ausgang zu.
»Hey!«, hörten sie einen Ruf. »Bleiben Sie stehen!«
Als D’Agosta sich kurz umdrehte, sah er, wie sich die Polizisten in die Menge drängten und hindurchschoben. »Sie beide da. Bleiben Sie stehen!«
Pendergast lief los, flitzte durch die Gruppen der Fluggäste und rannte nach draußen zum Rolls. Der Flughafenpolizist stand immer noch neben dem Wagen, der nach wie vor im Leerlauf lief, und sprach in sein Funkgerät. Pendergast lief an ihm vorbei, D’Agosta warf sich auf den Beifahrersitz. Der Protest des Mannes ging im Getöse des hubraumstarken Motors und im Quietschen von Autoreifen unter, während sich der Rolls mit hoher Geschwindigkeit vom Terminal entfernte.
Als Pendergast auf den JFK-Expressway bog, zog er die Computerausdrucke aus seiner Anzugjacke. »Starten Sie mal mein Laptop, dort in der Tasche, und erkundigen Sie sich nach einem Lincoln, New Yorker Kennzeichen 453A WQ6. Rufen Sie per Funk die Gebührenstation bei Meilenstein 11 auf dem Van-Wyck-Expressway an und überreden Sie jemanden, sich die Security-Bänder für die Zeit zwischen halb eins und ein Uhr morgens, in Richtung Osten und Westen, anzusehen.«
»Und was machen wir?«
»Wir fahren nach Osten.«
»Nach Osten? Sie glauben nicht, dass er sie in die Stadt gebracht hat?«
»Das ist genau das, was er meiner Meinung nach getan haben müsste. Aber weil ich annehme, dass Diogenes vorwegnehmen kann, was ich denke, fahre ich nach Osten – bis zum äußeren Ende der Insel.«
»Verstehe.«
»Und noch etwas: Wir müssen einen Wechsel vornehmen.« Und damit bog Pendergast unvermittelt von der Flughafenschnellstraße auf den Hof der Hertz-Autovermietung, steuerte den Rolls auf einen leeren Parkplatz und schaltete den Motor ab.
D’Agosta blickte vom Laptop auf. »Wie bitte, Sie wollen einen Wagen mieten?«
»Nein. Stehlen.«
49
Mit einem Stapel Fachbücher unter dem Arm betrat Smithback einmal mehr die hochherrschaftlichen Räumlichkeiten von Dr. Tisanders Büro. Es war acht Uhr abends und damit schon lange nach der barbarischen Abendessenszeit von halb sechs in River Oaks. Der Psychiater saß lässig hinter seinem Schreibtisch, doch heute Abend verunstaltete ein gereiztes Flackern in seinen Augen den Ausdruck vornehmer Herablassung.
»Edward«, sagte Dr. Tisander. »Ich habe zwar alle Hände voll zu tun, aber ich freue mich trotzdem, Ihnen fünf Minuten meiner ungeteilten Aufmerksamkeit schenken zu können.«
Smithback nahm unaufgefordert Platz und knallte den Bücherstapel vor Tisander auf den Tisch. »Ich habe über etwas nachgedacht, das Sie in unserem Gespräch vorgestern geäußert haben«, begann er. »Sie haben gesagt: ›Es ist ein gravierender Schritt, jemanden seiner Freiheit zu berauben, wobei der Rechtsweg mit absoluter Gewissenhaftigkeit eingehalten werden muss.‹«
»Das mögen meine Worte gewesen sein, ja.«
»Das waren exakt Ihre Worte. Sie haben mich neugierig gemacht, worum es sich bei diesem Rechtsweg eigentlich genau handelt.«
Tisander nickte herablassend. »Wie es scheint, haben Sie unsere Bibliothek zu Ihrer Zufriedenheit gefunden.«
»So ist es. Mehr noch, ich habe genau das gefunden, wonach ich gesucht habe.«
»Wie schön«, sagte Tisander und täuschte Interesse vor, während er einen verstohlenen Blick auf seine Uhr warf.
Smithback tätschelte das oberste Buch. »Die Gesetze des Staates New York bezüglich der Zwangseinweisung psychisch Kranker zählen zu den strengsten im ganzen Land.«
»Dessen bin ich mir sehr wohl bewusst. Das ist einer der Gründe, warum wir so viele Obdachlose auf den Straßen haben.«
»Es genügt nicht, dass Angehörige die Dokumente unterschreiben, um jemanden gegen seinen Willen einzuweisen. Es sind da mehrere Verfahren einzuhalten.« Noch ein weises Nicken von Tisander. »Stimmt es, beispielsweise, denn nicht, dass ein Richter die betreffende Person für nicht zurechnungsfähig erklären muss?«
»Doch.«
»Und dass ein Richter diesen Beschluss nur fällen darf, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind? Erinnern Sie sich an diese beiden Bedingungen, Dr. Tisander?«
Diesmal bedachte ihn der Psychiater mit einem aufrichtigen Lächeln, denn er freute sich, mit seiner Belesenheit angeben zu können. »Das tue ich ganz gewiss. Der Betreffende stellt entweder eine Gefahr
Weitere Kostenlose Bücher