Pendergast 06 - Dark Secret - Mörderische Jagd
verglaste Trennwand der unterirdischen Polizeistation eine große Gruppe Polizisten die Schalterhalle von Pennsylvania Station durchqueren. In ihrer Mitte ging Pendergast – schlank und aufrecht in seinem schwarzen Anzug, die Hände hinter dem Rücken gefesselt, zwei stämmige Polizisten an jeder Seite. Er schaute weder nach rechts noch nach links, sein Rücken war gerade und seine Miene unbeschwert. Trotz der widrigen Umstände sah er zum ersten Mal seit vielen Tagen fast wieder aus wie früher. Zweifellos wurde er zu einer grünen Minna geführt, die vor dem Bahnhofseingang an der Eighth Avenue wartete. Als Pendergast die Station passierte, warf er einen Blick in D’Agostas Richtung. Die Trennwand bestand aus Spiegelglas, aber trotzdem schien es, als würde er ihn direkt ansehen und rasch und dankbar nicken.
D’Agosta wandte sich ab. Seine ganze Welt, alles, was ihm etwas bedeutete, war zerstört worden. Weil Pendergast darauf bestanden hatte, dass er Hayward über ihren Aufenthaltsort in Kenntnis setzte, war sein Freund jetzt auf dem Weg ins Gefängnis, wahrscheinlich für den Rest seines Lebens. Es gab nur eines, was die Sache noch schlimmer machen würde: das Erscheinen von Hayward selbst.
Und da war sie, wie aufs Stichwort. Sie und Singleton näherten sich von der anderen Seite der Polizeistation. Er senkte den Kopf noch tiefer und wartete. Schritte näherten sich. Sein Gesicht brannte.
»Lieutenant?«
Er blickte auf. Es war nicht Hayward, nur Singleton. Laura war einfach an ihm vorbeigegangen.
Singleton schaute sich um und begrüßte die Beamten, die D’Agosta bewachten. »Machen Sie ihn bitte los.«
Einer der Polizisten löste die Handschellen, die ihn an den Stuhl fesselten.
»Ich würde gern kurz unter vier Augen mit dem Lieutenant sprechen, wenn es Ihnen nichts ausmacht.«
Die Polizisten zogen sich sichtbar erleichtert zurück. Als sie fort waren, legte Singleton ihm die Hand auf die Schulter. »Sie sitzen tief in der Scheiße, Vinnie«, sagte er nicht unfreundlich.
D’Agosta nickte.
»Ich brauche wohl kaum zu sagen, dass es eine Untersuchung geben wird. Die Vernehmung durch die Innenrevision wird so bald wie möglich stattfinden, wahrscheinlich übermorgen. Ob Sie noch eine Zukunft bei der Polizei haben, ist mehr als fraglich. Obwohl das, ehrlich gesagt, Ihre geringste Sorge sein sollte. Wie es aussieht, werden Ihnen vier Straftatbestände zur Last gelegt: erpresserischer Menschenraub, Kraftfahrzeugdiebstahl, fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs, Begünstigung eines Mordverdächtigen.«
D’Agosta vergrub das Gesicht in den Händen.
Singleton drückte seine Schulter. »Aber die Sache ist die, Vinnie, trotz allem haben Sie am Schluss richtig gehandelt. Sie haben Pendergast verpfiffen, und wir haben ihn geschnappt. Ein paar Autos sind Schrott, aber niemand wurde verletzt. Wir könnten sogar versuchen vorzubringen, dass alles geplant war – Sie wissen schon, verdeckte Ermittlungen, um Pendergast in die Falle zu locken.«
D’Agosta erwiderte nichts. Der Anblick von Pendergast, der in Handschellen abgeführt wurde, bohrte sich in sein Hirn. Pendergast, der Unberührbare.
»Der Punkt ist, ich werde sehen, was ich für Sie tun kann. Vielleicht kann ich dafür sorgen, dass ein paar der Anklagepunkte von Verbrechen zu Vergehen runtergestuft werden, bevor es in die Akten kommt, wenn Sie verstehen, was ich meine. Versprechen kann ich aber nichts.«
D’Agosta schluckte schwer und brachte ein »Danke« heraus. »Es gibt da allerdings eine überraschende Wendung. Die vorläufige Aussage des Entführungsopfers scheint darauf hinzudeuten, dass dieser Diogenes Pendergast noch lebt – und vielleicht sogar für den Diamantenraub im Museum verantwortlich ist. Scheint, dass er uns da unten in den Eisenbahntunneln knapp entwischt ist. Dass Pendergast Luzifers Herz in der Tasche hatte, ist auch verdammt verwirrend. Das … also, es wirft ein neues Licht auf den Fall. Wir werden wohl ein paar unserer Annahmen überprüfen müssen.«
D’Agosta blickte jäh auf. »Ich kann alles erklären.«
»Sparen Sie sich das für Ihre Vernehmung auf. Hayward hat mir von Ihrer Theorie erzählt, dass Diogenes seinem Bruder die Morde angehängt hat. Fakt ist, wir wissen jetzt, dass Pendergast sich für Kaplan ausgegeben und den Diamanten gestohlen hat. Wie auch immer die Sache genau abgelaufen sein mag, er wandert in den Knast, da gibt’s gar keine Frage. Wenn ich Sie wäre – und ich spreche jetzt als
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