Pendergast 08 - Darkness - Wettlauf mit der Zeit
Zunächst lauschte er, nahm auch das geringste Geräusch wahr – vom fernen, tief im genieteten Stahl verborgenen Dröhnen der Schiffsmotoren bis zum Stöhnen und Ächzen des Windes und der Wellen; das Geprassel der Regentropfen gegen die Fensterscheiben; das Schluchzen seines Zimmermädchens in ihrem Schlafzimmer; die gedämpften Schritte im Gang vor der Suite. Er konzentrierte sich auf seine Körperempfindungen, seine nackten Füße auf dem dicken Teppichboden, den Geruch nach Sandelholz und Bienenwachs in der Kabine, die Empfindung, die das langsame, langwellige Rollen des Schiffes hervorrief.
Er atmete ein, aus. Die drei Feinde – Hass, Begehren und Verwirrung – mussten vorübergehend verbannt werden. Alle mussten still und leise sein. Von diesen drei Gegnern war der Hass der mächtigste; im Augenblick erstickte er Blackburn geradezu in seiner triumphierenden Umarmung.
Mit eiserner Selbstbeherrschung ging er zu einer Staffelei, die vor der gegenüberliegenden Wand stand. Auf der Staffelei, unter einem Überwurf aus feinster Seide, befand sich etwas. Es war ein törichter Fehler gewesen, es nicht von Anfang an im Safe zu lassen; aber es wegzuschließen, wenn er es so oft brauchte, war ihm ein Greuel. Seinem Zimmermädchen hatte er strikte Anweisung erteilt, niemals den Seidenüberwurf anzuheben und das Objekt zu betrachten. Und sie würde das auch nicht tun – es hatte Jahre gedauert, jemanden zu finden, der so zuverlässig, phantasielos und wenig neugierig war. Aber das Zimmermädchen des Schiffes – die, die sich umgebracht hatte – musste den Schleier gelüftet haben. Wenn seine Vermutung zutraf und dieser Pendergast hinter dem Objekt her war, war somit selbst der Tresor nicht sicher genug. Hotelsafes waren notorisch leicht zu knacken, und Safes auf einem Schiff, auch einem großen, bildeten da keine Ausnahme. Sie sollten Gelegenheitsdiebe abschrecken, mehr nicht.
Er musste ein besseres Versteck finden.
Während er etwas ängstlich den Blick abwandte, hob er behutsam den Seidenüberwurf von dem Objekt und stellte es in die Mitte des Zimmers. Mit zeremonieller Sorgfalt arrangierte er auf einem großen Silbertablett sechsunddreißig Butterkerzen, zündete sie an, stellte sie dann vor das Objekt, um es besser auszuleuchten. Dabei hielt er immer noch den Blick abgewendet. Er stellte Bündel von Räucherstäbchen in zwei reich ziselierte goldene Weihrauchschwenker und arrangierte sie zu beiden Seiten des Gegenstands.
Die Butterkerzen flackerten und tauchten das Zimmer in ein sonderbares, golden schimmerndes Licht. Er legte eine gesteppte Seidenmatte vor die Kerzen und nahm im Lotussitz Platz; er schloss die Augen und stimmte einen Sprechgesang an, ein eigentümliches, tiefes Summen, das ein aufmerksamer Zuhörer als eine Abfolge derselben immer wiederkehrenden Klänge wahrgenommen hätte, ohne Anfang oder Ende. Der warme, animalische Geruch der Butterkerzen erfüllte die Luft, während sein Summen mal lauter und mal leiser wurde, wodurch er jenen außergewöhnlichen polyphonen Effekt erzeugte, der als
sygyt
bekannt ist: der Effekt, zwei Töne gleichzeitig mit derselben Stimme anzuschlagen, berühmt geworden durch die tibetischen Tengyo-Mönche, bei denen er studiert hatte.
Nachdem er eine halbe Stunde lang mit geschlossenen Augen psalmodiert hatte, waren die drei Feinde verschwunden, besiegt. Sein Geist war von allem Hass, von allem Begehren entleert und empfänglich für
ihn
. Plötzlich riss Blackburn die Augen ganz weit auf und starrte auf den Gegenstand im Kerzenschein.
Es war, als habe er einen Stromstoß empfangen. Sein Körper versteifte sich, seine Muskeln traten hervor, die Sehnen am Nacken spannten sich, die Halsschlagader pulsierte. Dennoch setzte er den Sprechgesang unbeirrt fort, wurde schneller, schwang sich in die höheren Register und erreichte eine Intensität, die sich mit dem normalen Klang der menschlichen Stimme nicht vergleichen ließ.
Er starrte und starrte und starrte. Ein eigenartiger Geruch strömte ins Zimmer, ein ekelerregender, erdiger Geruch, wie verrottende Giftpilze. Die Luft schien dicker zu werden, so als füllte sie sich mit Rauch, der sich etwa einen Meter vor ihm zusammenzog und sich wie eine dunkle, dickflüssige Sahne zu etwas Dichtem, fast Festem verklumpte. Und dann …
… begann es sich zu bewegen.
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Es ist eine Fahrt voller Premieren gewesen, dachte Betty Jondrow aus Paradise Hills, Arizona, während sie, das Programmheft in der Hand, mit
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