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Pendergast 10 - Fever - Schatten der Vergangenheit

Titel: Pendergast 10 - Fever - Schatten der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
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Begräbnisstätte. Schließlich spürten sie die Löwin auf, töteten sie, zogen ihr das Fell ab und nagelten es auf dem Dorfplatz an ein Gestell. Dann führten sie einen Tanz auf, um den Tod der Löwin zu feiern. Im Morgengrauen, während die Dorfbewohner ihren Kater nach all dem Maisbier ausschliefen, schlich ein Löwe mit roter Mähne ins Dorf, tötete drei der schlafenden Männer und schleppte einen Jungen mit sich fort. Einige Tage darauf wurden seine abgenagten Knochen in dichtstehendem mannshohen Gras ein paar Meilen außerhalb des Dorfes gefunden.«
    »Du lieber Gott!«
    »Im Laufe der Jahre tötete und fraß der Rote Löwe, der
Dabu Gor,
wie er in der Bemba-Sprache hieß, zahlreiche Dorfbewohner. Er sei sehr schlau, hieß es, so schlau wie ein Mensch. Er ändere häufig sein Revier und überquere manchmal sogar Landesgrenzen, um sich der Verfolgung zu entziehen. Die örtlichen Nyimba behaupteten, der Rote Löwe könne zwar ohne Menschenfleisch überleben, aber mit ihm würde er ewig leben.«
    Pendergast fuhr um ein Schlagloch herum, das es hinsichtlich Breite und Tiefe durchaus mit einem Mondkrater aufnehmen konnte.
    »Und weiter?«
    »Das ist die ganze Geschichte, mehr weiß ich nicht.«
    »Aber was ist mit dem Löwen passiert? Ist er denn getötet worden?«
    »Mehrere Berufsjäger haben versucht, ihn aufzuspüren, aber ohne Erfolg. Er hat einfach weiter getötet, bis er an Altersschwäche starb – wenn er denn tatsächlich gestorben ist.« Pendergast verdrehte ein wenig theatralisch die Augen.
    »Also wirklich, Aloysius! Du weißt doch ganz genau, dass es sich nicht um ein und denselben Löwen handeln kann.«
    »Es könnte sich um einen Nachkommen mit der gleichen genetischen Mutation handeln.«
    »Und vielleicht dem gleichen Geschmack«, sagte Helen und lächelte makaber.
     
    Im Laufe des späten Nachmittags und frühen Abends – das übliche Geschrei der Kinder und das Gemuhe der Rinder war dem Gesumm der Insekten gewichen – fuhren sie durch zwei weitere verlassene Dörfer. Erst nach Sonnenuntergang, als sich schon ein blaues Zwielicht über die Buschlandschaft senkte, kamen sie im Kingazu-Lager an. Das Camp lag am Ufer des Luangwa-Flusses, bestand aus einer Gruppe von direkt am Ufer gelegenen
rondevaals
und verfügte über eine Openair-Bar und ein Speisezelt.
    »Was für eine hübsche Anlage«, sagte Helen und blickte sich um.
    »Kingazu ist eines der ältesten Safari-Camps im ganzen Land«, antwortete Pendergast. »Es wurde in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts gegründet, als Sambia noch zu Nord-Rhodesien gehörte, von einem Jäger, der erkannte, dass es ebenso erregend sein kann, Tiere zu fotografieren, wie sie zu töten. Und sehr viel lukrativer.«
    »Vielen Dank, Professor. Muss ich nach der Vorlesung einen Test schreiben?«
    Als sie auf den staubigen Parkplatz bogen, waren die Bar und das Speisezelt leer, das Camp-Personal hatte in den umliegenden Hütten Zuflucht gesucht. Alle Lichter brannten, der Generator tuckerte auf vollen Touren.
    »Ängstliche Leutchen«, sagte Helen, stieß die Wagentür auf und trat in die heiße, von schrillem Zikadengezirpe erfüllte Abendluft.
    Die Tür des nächstgelegenen
rondevaal
öffnete sich, worauf ein gelblicher Lichtstreifen auf die festgetretene Erde fiel. Ein Mann, der eine Khakihose mit messerscharfen Bügelfalten, lederne Buschstiefeln und Kniestrümpfe trug, trat heraus.
    »Der Distriktskommissar, Alistair Woking«, flüsterte Pendergast Helen zu.
    »Darauf wäre ich nie gekommen.«
    »Und der Bursche mit dem australischen Buschhut neben ihm, das ist Gordon Wisley, der Pächter des Camps.«
    »Bitte treten Sie ein«, sagte Woking und reichte ihnen die Hand. »In der Hütte können wir uns in Ruhe unterhalten.«
    »Um Himmels willen, nein!«, sagte Helen. »Wir waren den ganzen Tag im Auto eingepfercht – trinken wir ein Glas an der Bar.«
    »Nun ja –«, sagte Woking zögerlich.
    »Wenn sich der Löwe ins Camp schleicht, umso besser. Dann müssen wir uns nicht die Mühe machen, ihm im Busch aufzulauern. Stimmt’s, Aloysius?«
    »Tadelloses Argument.«
    Helen hob die Segeltuchtasche, in der sich ihre Waffe befand, von der Ladefläche des Landrover. Pendergast tat das Gleiche und legte sich einen schweren Munitionskoffer aus Aluminium auf die Schulter.
    »Gentlemen?«, sagte er. »Auf zur Bar?«
    »Wie Sie wünschen.« Woking betrachtete die großkalibrigen Safari-Gewehre, die offenbar einen beruhigenden Eindruck auf ihn machten.

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